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Wald (ZH)

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Hinwil, im Zürcher Oberland. Sie umfasst die im Tal südöstlich des Bachtels gelegenen Dörfer Wald und Laupen sowie 125 Weiler und Einzelhöfe. 1208 Corrado de W(a)lde, 1217 plebanus de Walde. 1634 574 Einwohner; 1670 1200; 1739 2124; 1800 3083; 1850 3808; 1880 6023; 1900 6677; 1950 7163; 2000 8421; 2010 8973.

Wald (ZH): Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Wald (ZH): Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

Mit Ausnahme des bereits 819/820 erwähnten Hofs Rickenbach erfolgte die dauerhafte Besiedlung erst im ausgehenden Früh- und im Hochmittelalter. Siedlungsmittelpunkt bildete die 1208 bezeugte Pfarrkirche von Wald. 1320 erwarb die Johanniterkomturei Bubikon die Patronatsrechte. Hoch- und niedergerichtlich gehörte Wald den Herzögen von Habsburg und kam 1408 mit der Herrschaft Grüningen an Zürich. Grundherrliche Rechte übte bis 1651 auch das Kloster Schänis aus. Exemte Gebiete waren die Höfe Hischwil, bis Zürich dort 1425 die Vogteirechte erwarb, sowie Bühl, wo das Kloster Rüti die niedere Gerichtsbarkeit innehatte (Hofrecht 1441).

Ansicht von Wald von Nordosten. Fotografie, um 1905 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv).
Ansicht von Wald von Nordosten. Fotografie, um 1905 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv). […]

Wald erhielt 1621 das Recht, wöchentlich Markt zu halten ― eine Folge der damals bereits verbreiteten textilen Heimindustrie (Leinengarn). Es bildete eine für das Zürcher Oberland typische protoindustrialisierte Gemeinde (Protoindustrialisierung). 1787 beschäftigte die Baumwollspinnerei 1354 Personen, somit fast die Hälfte der Einwohner. Nach dem Aufkommen der mechanischen Spinnerei stellten die Handspinner auf heimindustrielle Handweberei um, die dann später ihrerseits von der mechanischen Weberei verdrängt wurde. 1830 beschäftigte die Fabrikindustrie in Wald erst 170 Personen, 1868 dagegen schon rund 1500. Zuwanderer aus den katholischen Nachbarkantonen ergänzten die Fabrikarbeiterschaft, der katholische Bevölkerungsteil betrug 1880 bereits 11%. Die katholische Kirche St. Margarethen wurde 1874 erbaut, die Pfarrei 1883 gegründet. Die nutzbare Wasserkraft sowie der Ausbau des Verkehrsnetzes mit einer Strassenverbindung ins Tösstal (Töss) 1837 und nach Rüti 1846 sowie der Eisenbahn 1876 beschleunigten die Industrialisierung. Johannes Wild führte 1822 die mechanische Spinnerei und 1846 die mechanische Weberei ein. Ein weiterer Pionierbetrieb war die Spinnerei Elba. In den 1850er Jahren kamen die Spinnerei Jonatal sowie die Webereien im Sagenrain, in Diezikon und in Hueb dazu. Wegen seiner Textilindustrie wurde der Ort auch als «Manchester des Kantons Zürich» bezeichnet. Auf Unternehmerinitiative entstanden auch soziale Einrichtungen wie zum Beispiel 1861 das Kosthaus der Textilfabrik Hubwies oder 1868 die Betriebskrankenkasse Oberholzer und Spörri. Die religiös-freikirchlich geprägte Fabrikantenfamilie Oberholzer förderte ab den 1860er Jahren Arbeiterwohnungen sowie Kinderhorte und zählte zu den Mitgründern der Freien Gemeinschaft Wald, einer Freikirche, für die sie 1874 eine Kapelle bauen liess.

Darbietung des Turnvereins Wald an der Fasnacht vom 2. März 1925. 35-mm-Stummfilm von Willy Leuzinger (Cinémathèque suisse, Filmsammlung Cinema Leuzinger, Signatur 15; Konsultativkopie Memobase ID CS-16_7).
Darbietung des Turnvereins Wald an der Fasnacht vom 2. März 1925. 35-mm-Stummfilm von Willy Leuzinger (Cinémathèque suisse, Filmsammlung Cinema Leuzinger, Signatur 15; Konsultativkopie Memobase ID CS-16_7). […]

1856 bzw. 1868 wurden der landwirtschaftliche Gemeindeverein und der Gewerbeverein ins Leben gerufen; die Arbeiterschaft organisierte sich 1868 im Arbeiter- und später auch im Konsumverein, der auch von anderen Kräften mitgetragen wurde. Eine Lesegesellschaft (1863), eine Jugend- und Volksbibliothek (1871), die Volkshochschule (1920) sowie das Heimatmuseum (1944) setzten Akzente im kulturellen Leben. Der schleichende Niedergang der Textilindustrie erstreckte sich über das ganze 20. Jahrhundert. Diversifizierungen in andere Sparten (z.B. Möbelfabrikation) fanden bereits ab den 1940er Jahren statt. Der 2. Sektor, der 1920 noch 74% und 1985 52% der Arbeitsplätze in der Gemeinde gestellt hatte, sank 2005 auf 32%. Obwohl die zahlreichen Fabrikbauten, Fabrikantenvillen und Kosthäuser, aber auch einige Flarzbauten noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts prägende Elemente im Orts- und Landschaftsbild darstellten, hatte Wald um die Jahrtausendwende seinen früheren Charakter als Industriegemeinde verloren.

Quellen und Literatur

  • Heimatmuseum Wald, Wald, Chronikarchiv.
  • Krebser, Heinrich: Wald im Zürcher Oberland. Heimatkundliche Bilder aus drei Jahrhunderten, 1951.
  • Stromer, Markus: Zur Siedlungsgeschichte des Zürcher Oberlandes im Mittelalter, Lizenziatsarbeit, Universität Zürich, 1991, S. 121-129.
  • Bärtschi, Hans-Peter: Industriekultur im Kanton Zürich. Vom Mittelalter bis heute, 1994, S. 121-127.
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
Normdateien
GND
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1208: Corrado de W(a)lde
1217: plebanus de Walde

Zitiervorschlag

Martin Illi: "Wald (ZH)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.01.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000092/2021-01-15/, konsultiert am 28.03.2024.