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Emme

Zwei Flüsse gleichen Namens, welche Teile der Voralpen und des Napfmassivs entwässern; die Grosse Emme (Bern, Solothurn) mündet nordwärts in die Aare, die Kleine Emme (Obwalden, Luzern) ostwärts in die Reuss.

Grosse Emme

Die Grosse Emme (1249 Emmun), die der bernischen Region Emmental den Namen gab, entspringt am Hohgant und entwässert mit ihren Zuflüssen Teile der Voralpen und das westliche Napfgebiet. Bei Burgdorf tritt sie ins tiefere Mittelland ein und mündet ob Luterbach in die Aare. Wegen periodischer geschiebereicher Hochwasser mussten für wassergetriebene Betriebe wie Mühlen und Sägereien Kanäle erbaut werden. Der älteste, von Oberburg bis Burgdorf, entstand wohl zur Zeit der Stadtgründung vor 1200, der längste, von Kirchberg bis Utzenstorf, 1433. An diesen Kanälen siedelten sich im 19. Jahrhundert vor allem in Oberburg, Burgdorf und Gerlafingen Industriebetriebe an. Ebenfalls aus dem Spätmittelalter stammt das Kanalnetz zur Wieslandbewässerung, die ab 1400 durch interkommunale Wassernutzungs-Verträge geregelt wurde.

Panorama der Ebene zwischen dem Schloss Landshut mit seinen Wassergräben (links) und dem Dorf Bätterkinden am anderen Ufer (rechts). Öl auf Leinwand von Albrecht Kauw, 1664 (Bernisches Historisches Museum) © Fotografie Stefan Rebsamen.
Panorama der Ebene zwischen dem Schloss Landshut mit seinen Wassergräben (links) und dem Dorf Bätterkinden am anderen Ufer (rechts). Öl auf Leinwand von Albrecht Kauw, 1664 (Bernisches Historisches Museum) © Fotografie Stefan Rebsamen.

Die Emme war nie schiffbar, Holzflösserei ist jedoch, teilweise kombiniert mit Käse- und Viehtransporten, ab dem Mittelalter bezeugt. Bis ins 16. Jahrhundert stand in Burgdorf die einzige Brücke über die Emme. Später entstanden mit Zollstellen verbundene Übergänge unter anderem in Signau und Lauperswil (1550-1551), Lützelflüh (1583) und Kirchberg (1640). Das als Schachen bezeichnete Schwemmgebiet entlang der Flüsse Emme, Ilfis und Grünen war Weideland und wurde ab 1520 zum Teil in wilder Landnahme von Armen besiedelt. Im Zuge dieses Landesausbaus erklärte die bernische Obrigkeit ab 1570 die Schachen, welche vorher zu einzelnen Grundherrschaften gehört hatten, zu Staatsboden, sogenanntem Reisgrund. Zum Schutz der Schachendörfer wurden Flussverbauungen nötig. Bern verpflichtete die Schachengemeinden zum Bau von Dämmen und Verbauungen (Schwellen). Ab Burgdorf flussabwärts übernahmen die Kirchgemeinden den Uferschutz. Der Brücken- und Wehrbau wurde zusammengelegt, die Flösserei zeitweise verboten.

Der Bau im Gemeinwerk überforderte alle: Planloses Einschwellen der Emme auf der einen Seite gefährdete oft das Gegenufer. Nach verheerenden Überschwemmungen erliess die bernische Obrigkeit 1766-1768 Schwellenreglemente für den ganzen Flusslauf. Nach 1800 trug die Entwaldung im Emmental, unter anderem verursacht durch spekulative Holzexporte für die solothurnische Industrie, zu neuen Hochwassern bei. Erst Massnahmen und Subventionen (ab 1884) im Zusammenhang mit der entsprechenden Bundesgesetzgebung (1876-1877) führten zur Wiederaufforstung und der Korrektion der Emme über eine etappenweise Verbauung der Zuflüsse. Heute zwingt Sohlenerosion (Abtiefung des Flussbetts) laufend zur Ufersicherung mittels neuer Techniken wie der Verbreiterung des Flusslaufs und dem Bau von Mäanderstrecken.

Kleine Emme

Die luzernische Kleine Emme beginnt beim Zusammenfluss von Waldemme (Emmensprung, im bernisch-obwaldnerischen Grenzgebiet) und Weissemme (Napf, Beichlen) ob Schüpfheim. Sie durchfliesst das Entlebuch, dreht bei Wolhusen in die sogenante Emme-Reuss-Furche und mündet bei Emmen in die Reuss. Ab dem frühen 15. Jahrhundert ist die Holzflösserei bezeugt. Mühl- und Sägewerke, unter anderem in Entlebuch, Malters und Littau, entstanden zum Schutz vor Hochwassern an Kanälen. Der enge Talgrund erlaubte nur eine beschränkte Besiedlung der Schachen. Frühe Brücken entstanden 1253 bei Wolhusen und 1428 bei Werthenstein. Über die 1236 erwähnte Emmenbrücke unterhalb Luzern führte die wichtige Transitroute Basel-Luzern. Seit 1487 sind Flussverbauungen bezeugt, die am Unterlauf den Twingen oblagen. Die Emmenkorrektionen der 1830er bis 1870er Jahre beabsichtigten den Schutz der Kantonsstrasse ins Entlebuch sowie der Bahnlinien Luzern-Huttwil und Luzern-Bern vor Hochwassern. Die Entwaldung der luzernischen Voralpen für die Gewinnung von Weideland und für den Holzexport führte indes zu immer grösseren Hochwassern der Emme und ihrer Seitenbäche Waldemme, Entlen und Rümlig. Dadurch wurden 1870-1925 die Aufforstung und umfassende Flussverbauungen von Flühli bis Littau notwendig. Erst mit der Industrialisierung (u.a. Hammer- und Eisenwerke, Viscose) ab 1836 in Thorenberg, ab 1850 in der Schachenebene (Emmenweid, Gerliswil, Emmenbrücke, Emmenmatt, Reussbühl) entstand das heutige Wirtschafts- und Siedlungszentrum Emmenbrücke als Teil der Agglomeration Luzern.

Quellen und Literatur

Grosse Emme
  • F. Häusler, Das Emmental im Staate Bern bis 1798, 2 Bde., 1958-68
  • F. Frank, Emme 2050, 1988 (21992)
  • A.-M. Dubler, «Die Schachenleute im Emmental», in Burgdorfer Jb. 64, 1997, 9-54
Kleine Emme
  • A.-M. Dubler, Gesch. der Luzerner Wirtschaft, 1983

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Emme", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.08.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008755/2007-08-02/, konsultiert am 28.03.2024.