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Kander

Zufluss der Aare, der am Kanderfirn im Blümlisalpmassiv entspringt und mit der unterhalb Wimmis einmündenden Simme das westl. Berner Oberland entwässert. Die K. floss bis 1714 durch das heutige Glütschbachtal, die Thunerallmend und mündete gegenüber der Zulg in die Aare. Geschiebereichtum und Gefällsarmut im unteren Teil führten zu Überschwemmungen v.a. in den Gem. Thierachern, Uetendorf, Uttigen und aareabwärts. Dies bewog Bern, die K. gemäss eines vom Kartografen Samuel Bodmer ausgearbeiteten Plans in den Thunersee abzuleiten. Ca. 300 Tagelöhner und 100 zwangsverpflichtete Vaganten hoben 1711-13 den ca. 250 m langen Stollen durch den Strättlighügel aus, dessen Querprofil etwa einem doppelspurigen Eisenbahntunnel entsprach. Der Hügel stürzte bereits im Aug. 1714 ein; in kurzer Zeit bildete die K. durch Rückwärtserosion eine tiefe Schlucht und schüttete im Thunersee das Delta auf. Die gleichzeitig einsetzenden grossen Überschwemmungen in Thun zwangen zu weiteren Massnahmen. Abhilfe schafften die Erweiterung und Öffnung des Aarekanals (neue Aare), der Umbau aller Brücken sowie der Neubau der städt. Wasserwerke, alles überaus kostspielige Werke, die 1720-26 in Thun selbst realisiert wurden. 1845 wurde die Aare bei Münsingen verbaut und 1871-73 das Flussstück zwischen Thun und Uttigen kanalisiert. Die Korrektion des Oberlaufs der K. kam mit dem Bau der Spiez-Frutig-Bahn ab 1899 als Gemeinschaftswerk von Bund, Kanton und Anliegergemeinden in Gang. 1897-99 wurde das Kraftwerk Spiez gebaut, zu dem das Kanderwasser durch einen bei Wimmis ansetzenden Druckstollen geführt wird. Seit 1913 - damals begann die Firma Kanderkies AG mit dem Kiesabbau - bleibt die Deltafläche konstant. Um der Verlandung des unteren Thunerseebeckens durch sublakustrische Aufschüttung vorzubeugen, wird ausserdem Kies mittels Schwimmbaggern geschöpft. Auf dem Delta wurde 1930 die Ref. Heimstätte Gwatt (heute Gwatt-Zentrum) als Tagungs- und Begegnungsstätte gegründet sowie 1974 das Seebiotop Unterer Kandergrien angelegt.

Quellen und Literatur

  • G. Grosjean, Die Ableitung der K. in den Thunersee vor 250 Jahren, 1963
  • A. Schmid, Die K.: Probleme 260 Jahre nach ihrer Ableitung in den Thunersee, 1974
Weblinks
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GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Kander", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.08.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008749/2007-08-23/, konsultiert am 29.03.2024.