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Stadtbefestigungen

Stadtbefestigungen bestanden aus Gräben, Erdwällen, Palisaden und Mauern aus Naturstein oder Ziegeln (Befestigungen), wobei diese Elemente in den verschiedenen Kombinationen anzutreffen waren. Stadtbefestigungen konnten die betreffende Stadt vollständig umgeben oder diese – topografische Gegebenheiten ausnützend – nur an den leicht zugänglichen Seiten schützen; in einigen Städten waren sie von Flussläufen unterbrochen. Die Stadtbefestigungen wurden mitunter durch eine Zitadelle ergänzt, ein von der Stadt durch ein eigenes Verteidigungssystem abgetrenntes Kernwerk, das für den Fall einer Eroberung oder eines Bevölkerungsaufstands als Reduit diente. Die Stadtbefestigungen trennten die Stadtgebiete von ihrem Umland (Stadt-Land-Beziehungen) und konnten die Grenze eines besonderen Rechts- oder Gerichtsbezirks bilden (Stadtrechte), was jedoch keine Notwendigkeit darstellte. Die Kanalisierung der Zugangsmöglichkeiten bzw. des (Markt-)Verkehrs auf die durch die Stadttore führenden Verkehrsachsen erleichterte die Kontrolle aller Stadtbesucher wie die Erhebung von Zöllen und Abgaben.

Im Gebiet der heutigen Schweiz wurden Stadtbefestigungen von der keltischen Zeit bis ins 18. Jahrhundert hinein errichtet; dann machte die moderne Waffentechnik sie obsolet. Die mehrstufige, mit Erde verfüllte Holzkastenmauer in Blockbautechnik von Oberriet-Montlingerberg, die 4-6 m hohe, rund 30 m breite Wallanlage von Schönholzerswilen-Toos-Waldi (beide aus der Bronzezeit) sowie der aus behauenen Kalksteinblöcken bestehende Wall der Höhensiedlung Châtillon-sur-Glâne (späte Hallstattzeit) stellen frühe gebaute Verteidigunganlagen dar. Sie weisen vermutlich auch auf eine besondere Stellung der dazugehörenden Siedlungen hin und sind demnach als Vorläufer von eigentlichen Stadtbefestigungen anzusehen.

Oppida, Coloniae und spätantike Castra

Im 2. Jahrhundert v.Chr. entstand nördlich der Alpen der neue Siedlungstyp des Oppidums (Basel-Münsterhügel, Bern-Enge, Mont Vully, Yverdon). Charakteristisch für die keltische Stadtbefestigung war der murus gallicus, ein Erdwall, der mit längs und quer verlegten, zum Teil mit Eisennägeln fixierten Holzstämmen armiert war. Die Frontseite bestand aus einer Trockensteinmauer, die mitunter mit Pfosten verstärkt war. Diese stabilisierten die Frontmauer und dienten als Gerüst für die Brustwehr. Exponierte Stellen wurden durch auf den Erdwall gesetzte Türme gesichert. Bei den Zugängen bildeten die nach innen einbiegenden Schenkel des murus gallicus eine Torgasse. Die ein- oder zweispurige Tordurchfahrt wurde durch einen turmartigen Aufbau geschützt.

In der römischen Epoche besassen vorerst nur die Koloniestädte Stadtbefestigungen (Colonia). Es handelte sich dabei primär um Repräsentationsbauten, die den Machtanspruch Roms verkörperten. Die um 70 n.Chr. errichtete Stadtmauer von Aventicum war 5,5 km lang, besass 73 Türme und fünf Tore und umschloss ein Areal von 230 ha, das teilweise nicht überbaut war. Von der etwa gleichzeitigen Stadtbefestigung Augusta Rauricas wurden nur zwei 360 bzw. 500 m lange Abschnitte beim Ost- und Westtor fertiggestellt. In Nyon fehlen Anhaltspunkte für die Existenz einer Stadtbefestigung.

Archäologische Karte von Avenches (Aventicum) von Erasmus Ritter. Feder, aquarelliert, 1786, nach einem Plan des Gemeindegebiets von David Fornerod (Burgerbibliothek Bern, Mss.h.h.XXIa.91).
Archäologische Karte von Avenches (Aventicum) von Erasmus Ritter. Feder, aquarelliert, 1786, nach einem Plan des Gemeindegebiets von David Fornerod (Burgerbibliothek Bern, Mss.h.h.XXIa.91). […]

Die Stadtbefestigungen des späteren 3. und 4. Jahrhunderts n.Chr. entstanden als Reaktion auf die politische und militärische Situation am Limes. Die Kastelle in Arbon, Genf, Oberwinterthur, Stein am Rhein, Yverdon oder Zurzach umschlossen nur noch einen Teil der früheren Siedlungsfläche; ihr Grundriss war von der topografischen Situation bestimmt. Ecken und Mauerabschnitte waren mit runden, halbrunden, quadratischen oder hexagonalen Türmen, fallweise auch mit vorgelagerten Gräben, verstärkt. Der Zugang erfolgte über zwei bis vier von Türmen geschützte Tore. Typisch war die Verwendung von Grabsteinen oder Architekturteilen (Spolien) aus zerstörten, zum Teil auch abgebrochenen Gebäuden. Die Stadtbefestigungen wurden vom Gemeinwesen mit finanzieller Unterstützung durch Rom errichtet. Die wenigen Inschriften nennen deswegen Kaiser als Bauherren, die Bauausführung oblag dem Statthalter oder dem Militär.

Stadtmauer und Stadtgraben

Befestigungsanlagen gehörten im Mittelalter zu den Wesensmerkmalen einer Stadt. Sie dienten nicht nur der Verteidigung im Kriegsfall, sondern auch der Repräsentation von Macht und politischer Autonomie. Unterschiede zwischen der ummauerten Vorburg mit Dorfcharakter (Münchenstein) und dem Burgstädtchen mit Stadtrecht (Erlach) zeichneten sich in der Stadbefestigung nicht ab. Bei Neugründungen (z.B. Eschenbach LU) wurde die Befestigung vor dem Bau der Wohnstätten angelegt (Städtegründung).

Vereinzelt wurden beim Bau von Stadtbefestigungen römische Kastellmauern verwendet (Olten). Frühe Stadtbefestigungen aus der Zeit um 1000 bestanden wohl nur aus Graben und Wall mit Palisade (Schaffhausen). Ab dem späten 11. Jahrhundert bildete die gemörtelte Mauer mit Wehreinrichtungen und vorgelagertem Graben die Regel. Den Verlauf einer Stadtbefestigung bestimmten die Topografie, die Rechtsverhältnisse und die Siedlungsstrukturen. Genau im Rechteck angeordnete Stadtbefestigungen waren selten (Neunkirch). Stadtburgen wurden oft in das Verteidigungssystem einbezogen (Baden), übten aber selten die Funktion einer Zitadelle aus (Ausnahme: Bellinzona). Bei Städten an einem Flussübergang fand sich meistens ein befestigter Brückenkopf unterschiedlicher Grösse (Brugg). Vom 12. Jahrhundert an wurden die Stadtbefestigungen mit Tortürmen sowie Eck- und Flankierungstürmen für die seitliche Bestreichung des Mauerfusses versehen. Anfänglich rechteckig, erhielten sie vom 13. Jahrhundert an zunehmend eine halbrunde Form, wohl wegen des Aufkommens schwerer Wurfmaschinen. Die Abstände zwischen den Türmen entsprachen häufig der praktischen Schussdistanz für die Armbrust (60 m). Allseits geschlossene Tor- und Wehrtürme konnten Zusatzfunktionen übernehmen (Adelssitz, Wächterbehausung, Gefängnis, Folterkammer, Magazine für Schiesspulver, Salz oder Dokumente). Kleinststädte, deren Stadtbefestigungen keine Wehrtürme aufwiesen, waren in der Regel wenigstens mit Tortürmen ausgestattet (Wangen an der Aare).

Die mittelalterliche Stadtmauer beim Dominikanerinnenkloster Oetenbach in Zürich. Ausschnitt aus der Stadtansicht (1576) von Jos Murer. Kolorierter Holzschnitt, Ausgabe um 1700 (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich).
Die mittelalterliche Stadtmauer beim Dominikanerinnenkloster Oetenbach in Zürich. Ausschnitt aus der Stadtansicht (1576) von Jos Murer. Kolorierter Holzschnitt, Ausgabe um 1700 (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich). […]

Bei Stadterweiterungen wurde die Stadtbefestigung vorverlegt, zum Teil unter Einbezug älterer Vorstadtbefestigungen (Vorstädte). So entstanden innere und äussere Befestigungslinien. Neue Mauerringe umschlossen bisweilen auch noch unbebaute Flächen (Basel). Bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Mauern und Türme oft erhöht und verstärkt. In Zeiten drohender Kriegsgefahr rüstete man Schiessöffnungen auf den Einsatz von Büchsen um. Die Befestigungen von Untertanenstädten bewahrten, sofern sie nicht geschleift wurden, ihren spätmittelalterlichen Charakter, denn sie wurden im Gegensatz zu denjenigen der Hauptstädte in der Regel nicht modernisiert.

Schanzen, Bastionen, Festungsstädte

Die in der Mitte des 15. Jahrhunderts einsetzende Verbreitung von leistungsfähigen Feuerwaffen und die Ausweitung der kriegerischen Konflikte veränderten die Typologie der Befestigungen. Die Entwicklung vollzog sich in zwei sich chronologisch überlagernden Stufen: In einer ersten Phase wurden während der Burgunder- und Schwabenkriege die spätmittelalterlichen Stadtmauern mit Geschütztürmen und kreis-, halbkreis- oder hufeisenförmigen Bollwerken verstärkt, auf denen Artillerie zur Verteidigung der Tore und anderer neuralgischer Punkte postiert wurde. Beispiele für diese Stufe sind die Verteidigungsanlagen von Basel (1431-1448), Freiburg (1444-1446, 1468-1470, 1481-1482, 1490-1496) und Bern (1467-1490), die mit halbrunden Bollwerken verstärkt wurden. Die knapp 14 Tage dauernde erfolgreiche Abwehr der burgundischen Angriffe im ähnlich aufgerüsteten Murten 1476 belegt, dass auch solche an sich veralteten Anlagen nicht jeglichen Verteidigungswerts entbehrten. In der Zeit der Reformation und der folgenden konfessionellen Auseinandersetzungen (Kappelerkriege 1529-1531) errichteten verschiedene Städte wie Zug (1519-1532), Zürich (1524-1584) und Solothurn (1534-1548) massive Geschütztürme. Auf den Bau von Zitadellen wurde dagegen verzichtet, weil diese als Wahrzeichen tyrannischer Herrschaft galten.

Prägendes Element der zweiten Entwicklungsstufe im frühneuzeitlichen Festungsbau waren die grosszügigen Erdwallsysteme mit pentagonalen Bastionen an den Eckpunkten und vorgelagerten Gräben. Die gemäss Idealtypus regelmässig vieleckigen oder gar sternförmigen Festungsstädte waren von italienischen Architekturtheoretikern der Renaissance erdacht und von italienischen, niederländischen, französischen und deutschen Militäringenieuren weiterentwickelt worden (Ingenieurwesen). Die vielfältige Brechung des Hauptwalls dieser Fortifikationen sollte es ermöglichen, jeden Punkt im Aufmarschgebiet (Glacis) ins Kreuzfeuer zu nehmen; vorgelagerte Vor- und Aussenwerke – Tenaillen, Demilunen, Ravelins und Contregarden – sollten sicherstellen, dass im Glacis oder im umlaufenden Graben keine im toten Winkel gelegene Bereiche entstanden, die nicht beschossen werden konnten. Diesem Konzept wurde in den realisierten Stadtbefestigungen stets nur teilweise entsprochen, nicht zuletzt auch deswegen, weil die Kosten oft die Bürgerschaften überforderten. Ausserdem bedingten diese Anlagen wegen ihres grossen Platzbedarfs bzw. der Schaffung eines Glacis die Schleifung von Vorstädten oder anderen Gebäulichkeiten in unmittelbarer Stadtnähe. Das eindrückliche Erscheinungsbild der heute noch erhaltenen Überreste der Stadtbefestigungen aus dieser Zeit täuscht darüber hinweg, dass diese eher Prestigebedürfnissen als fortifikatorischer Notwendigkeit entsprungenen Anlagen zum Zeitpunkt ihrer Vollendung oft schon überholt waren.

Erstes Beispiel für diese zweite Stufe ist die Anlage der Stadt Genf (1529-1587), die ständig vom Herzogtum Savoyen bedroht wurde. Wichtige Unternehmungen aus der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs (1618-1648) stellten die Verstärkung des Basler Festungsrings (1621-1623) und der westliche Berner Schanzriegel (1622-1634) nach Plänen von Agrippa d'Aubigné in niederländischer Manier dar, ein beidseitig gemauerter Graben, der innenanschliessende Wall getrennt in Nieder- und Hochwall, auf dem dazwischenliegenden Absatz hinter dem Brustwehr ein Laufgang für die Infanterie. Die Zürcher Stadtbefestigung (1642-1674) wurde in deutscher Manier nach Plänen von Hans Georg Werdmüller mit Bastionen im Tenaillensystem ausgeführt (Erdschanzen, Trennung in Hoch- und gemauerten Niederwall mit dazwischenliegendem Infanterielaufgang, Ravelins und Contregarden). Auch einige Kleinstädte wie zum Beispiel Stein am Rhein (1643-1646) schufen sich ähnliche Schanzengürtel. Wegen der Ängste der städtischen Patrizier vor Revolten ihrer Untertanen nach dem Bauernkrieg 1653, der politischen Instabilität und der konfessionellen Spannungen nach dem Ersten Villmergerkrieg 1656 sowie der Expansionsgelüste des französischen Königs Ludwig XIV. verstärkten Freiburg (1656-1667) nach Plänen von Jean François-Reyff, Baden (1664-1665, 1675-1692) und Rapperswil SG (1657-1664) ihre Verteidigungsanlagen. Die imposante, aber aus militärischer Sicht fragwürdige Fortifikation Solothurns (1667-1727) wurde von Francesco Polatta entworfen und von den später für die Anlage der Vorstadt bzw. der Vorwerke verantwortlichen Ingenieuren Jacques Tarade und Sébastian Le Prestre de Vauban verbessert. Die ringförmige Anlage überstieg die finanziellen Möglichkeiten Solothurns trotz des Einzugs eines Schanzgelds, das die ärmeren Bevölkerungsschichten abarbeiten konnten, bei weitem und vergrösserte dessen politische Abhängigkeit von Frankreich. Die Wallanlagen Genfs wurden von dem Niederländer Maximilien Yvoy 1663-1686 auf den neuesten Stand gebracht. Verschiedene Expertisen schlugen die Umwandlung der Kleinstädte Vevey (1656), Payerne (1659) und Yverdon (1686-1717) in Festungsstädte vor. In der Zeit um den Zweiten Villmergerkrieg (1712) wurde der Tessiner Pietro Morettini mit der Ausarbeitung von Plänen für Bastionen in Willisau, Mellingen, Sursee, Bremgarten (AG), Rapperswil (SG), Freiburg (1710) und Luzern (1714) beauftragt; keines der Projekte wurde verwirklicht. Das letzte grosse Festungsbauvorhaben im Ancien Régime unternahm das unter dem Druck Savoyens stehende Genf. Die Republik betraute 1714 den Ingenieur Guillaume le Vasseur de Roques mit einem Projekt für den Ausbau der Verteidigungsanlagen, das nach einer Überarbeitung durch Pierre Pradès de la Ramière 1716-1734 und 1738-1750 realisiert wurde.

Die Entfestigung im 19. und 20. Jahrhundert

Aussicht von der Promenade Saint-Antoine in Genf in Richtung See. Aquarellierte Umrissradierung, François Ferrière zugeschrieben, 1814 (Bibliothèque de Genève).
Aussicht von der Promenade Saint-Antoine in Genf in Richtung See. Aquarellierte Umrissradierung, François Ferrière zugeschrieben, 1814 (Bibliothèque de Genève). […]

Die Niederlegung der Stadtbefestigungen im 19. Jahrhundert ging mit permanenter Stadterweiterung einher. Strassen- und Eisenbahnachsen verdrängten die turmbesetzten starren Verteidigungsringe und Festungssterne, die ab 1798 als Wahrzeichen des verhassten Ancien Régime galten. Bis ins 20. Jahrhundert wurden aber auch neue Bautypen symbolträchtig als «Stadttore» bzw. «Tore zur Welt» verstanden und gestaltet, wie zum Beispiel die Monumentaltore der Hängebrücke von Freiburg 1832-1834 sowie der Kettenbrücke von Aarau 1848-1850, der Centralbahnhof Basel 1859-1860, der Hauptbahnhof Zürich 1865-1871 und die Werft I mit dem Aufnahmegebäude und dem Verwaltungstrakt des Flughafens Zürich-Kloten 1948-1953. Die Stadt wurde nicht mehr von Grenzen geprägt, sondern von Netzen für Verkehr und Versorgung (Wasser, Gas, Strom, Fernverbindung); ihre zukunftsfreudige «Öffnung» drückte sich zuerst auf dem ehemaligen Festungsterrain durch Promenaden, Bauten der öffentlichen Repräsentation und Neuquartiere aus. Vorbild für Gesamtplanungen war die Wiener Ringstrasse, vor allem für Genf ab 1854 und Basel ab 1859, aber auch für kleinräumige Vorhaben in Aarau, Winterthur, Zürich und Frauenfeld. Die Erweiterungen setzten an den entfestigten Stadtkernen, die nun zu «Altstädten» wurden, zum Beispiel mit Hochbrücken in Freiburg (Hängebrücke 1832-1834) und Bern (Ostachse 1840-1844 Nydeggbrücke, Süd-Nordachse 1881-1883 Kirchenfeldbrücke und 1895-1898 Kornhausbrücke), an den Vorstädten und beidseits der Ausfallstrassen an. Die offene Stadt war infolge neuer Waffentechnik (Artillerie, Bomben, Raketen usw.) militärisch schutzlos.

Die Entfestigung begann mancherorts schon im 18. Jahrhundert (z.B. Neuenburg ab 1766, Freiburg ab 1773, Zürich ab 1780) und verlief in der Folge überall kontinuierlich über längere Zeiträume (Basel und Schaffhausen ab 1806, Thun ab 1807, Frauenfeld ab 1808, Chur ab 1820, Liestal ab 1826, Biel ab 1829, Zug ab 1835, Olten ab 1836). Klassizistische Umbauten der Stadtausgänge waren selten (Neuenburg 1775, Bellinzona 1816 und 1824) oder die entsprechenden Projekte blieben unverwirklicht (Luzern 1819). Der liberale Aufbruch beschleunigte die Entfestigung ab 1830 in Zürich, Winterthur, Zug, St. Gallen, Genf, Solothurn und Sion. In Basel wurde sie dagegen durch die Kantonsteilung bis 1861 verzögert; dort entstand noch 1844 das «Eisenbahntor» in einer Festungserweiterung.

Frühe denkmalpflegerische Bestrebungen betrafen auch den Schutz der Verteidigungsanlagen. In Solothurn wurde die Versetzung barocker Portalarchitektur 1836 am Baseltor wenigstens geprüft, 1859 am Berntor vollzogen sowie am Bieltor 1871 abgewiesen; die Erhaltung und Restaurierung der St. Ursenbastion gelang nach 17-jährigem Ringen 1893; der markante, 1538 erstellte Buristurm wurde 1902 zum Wasserreservoir umgebaut; der Abbruch der Turnschanze führte 1905 zur Gründung der Schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz. Protestbewegungen konnten den Abbruch des Christoffelturms 1865 in Bern, des Baarertors 1873 in Zug, des Kratzturms 1877 in Zürich sowie des Wasserturms 1897 in Liestal nicht verhindern. Als malerische Denkmäler liessen Sitten 1853 die Tour des Sorciers, Luzern 1864 die Museggmauer mit Türmen und Basel 1866-1867 das St. Alban- und das Spalentor stehen. Von den grösseren Schweizer Städten bewahrte Freiburg die mittelalterliche Befestigung (Mauern und Türme) am besten, während Zürich das mittelalterliche wie das barocke Wallsystem besonders radikal tilgte. Spezialfälle sind die mit Höhenfestungen akzentuierten Anlagen, die schon früh als Wahrzeichen verstanden und vielfach auch umgenutzt wurden, zum Beispiel als Museen. So wurden die Schlösser in Bellinzona (Montebello ab 1902, Sasso Corbaro ab 1930, Castel Grande ab 1953), in Schaffhausen (Munot ab 1835), in Sitten (Tourbillon ab 1878, Valère ab 1878, mit Museum), in Thun (ab 1888) und in Neuenburg (ab 1905) restauriert.

Quellen und Literatur

  • Kdm, 1927-
  • J. Zimmermann, «Die Befestigungen nordostschweiz. Städte im 16. und 17. Jh.», in Zs.f. Stadtgesch., Stadtsoziologie und Denkmalpflege 2, 1975, 173-189
  • G. Walser, Röm. Inschr. in der Schweiz 2, 1980, Nr. 197, 199, 233
  • INSA
  • S. Morgan, «Urbanisme et fortification en Suisse aux XVIIe et XVIIIe siècles», in UKdm, 1988, Nr. 4, 449-458
  • A. Kunik, Projets et réalisations de fortifications aux XVIIe et XVIIIe siècles en Suisse romande, Liz. Lausanne, 1989
  • Stadt- und Landmauern 1-3, 1995-99
  • SPM IV, 153-158; V, 108, 126-128
  • P.-A. Schwarz, «Bermerkungen zur sog. Magidunum-Inschrift (CIL XIII 11543) und zum Grabstein eines "actarius peditum" (CIL XIII 11544)», in Tituli Rauracenses 1, hg. von L. Berger, P.-A. Schwarz, 2000, 147-171, v.a. 159
  • A. Fischer, Mauern, Schanzen, Tore: Basels Befestigungen im Wandel der Zeit, 2007
Weblinks

Zitiervorschlag

Peter-Andrew Schwarz; Werner Meyer; Marino Viganò; Hanspeter Rebsamen: "Stadtbefestigungen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.01.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008597/2013-01-10/, konsultiert am 29.03.2024.