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Leventina

Die Urner Vogtei Leventina. Ausschnitt aus der Karte des Kantons Uri von Gabriel Walser, veröffentlicht in Augsburg um 1740 (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner).
Die Urner Vogtei Leventina. Ausschnitt aus der Karte des Kantons Uri von Gabriel Walser, veröffentlicht in Augsburg um 1740 (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner).

Bezirk des Kantons Tessin, das Flusstal des Tessin im Süden der Alpenkette von dessen Quelle im Bedrettotal bis nach Biasca umfassend. Nördliche Nachbarn der Leventina sind die Kantone Graubünden und Uri. Mit letzterem ist der Bezirk über den Gotthardpass sowie den Eisenbahn- und Strassentunnel durch den Gotthard verbunden. Im Westen grenzt die Leventina ans Wallis, in das man über den Nufenenpass gelangt. Das Bedrettotal hat auch mit dem italienischen Formazzatal eine Grenze gemein, die beim Passo di San Giacomo verläuft. Das Gebiet zwischen Biasca und Ponte di Cassero (Claro) wurde zunächst ebenfalls zur Leventina gezählt, bis zu Beginn des 15. Jahrhunderts dafür der Name Riviera aufkam. Geografisch lässt sich das Tal in drei Teile gliedern: Zur oberen Leventina, talabwärts durch die Schlucht des Monte Piottino begrenzt, gehören die Gemeinden Bedretto, Airolo, Quinto, Prato und Dalpe. Die mittlere Leventina zwischen dem Piottino und der Biaschina-Schlucht umfasst Faido (mit den ehemaligen Gemeinden Anzonico, Calpiogna, Campello, Calonico, Cavagnago, Chiggiogna, Chironico, Mairengo, Osco, Rossura und Sobrio). Zur unteren Leventina, die bis zum Zusammenfluss des Brenno mit dem Tessin in Biasca reicht, werden Giornico, Bodio, Personico und Pollegio gerechnet. Faido ist der Hauptort des in die vier Kreise Airolo, Quinto, Faido und Giornico unterteilten Bezirks. Bis 1803 gehörte das Dorf Prugiasco im Bleniotal zur Nachbarschaft Chiggiogna. 948 Lebentina, deutsch früher Livinental, Livinen. 1745 7634 Einwohner; 1798 9643; 1808 9601; 1837 11'974; 1850 10'331; 1900 9397; 1950 9602; 1970 11'927; 2000 9502.

Von der Urgeschichte bis zum Mittelalter

In Dalpe, Quinto, Osco und Chiggiogna wurden Gräber aus der älteren Eisenzeit der keltischen Lepontier gefunden; die ältesten stammen wohl aus dem 6. Jahrhundert v.Chr. Von den Lepontiern leitet sich wahrscheinlich der Name der Leventina her. Die Römerzeit ist dokumentiert durch Funde in Airolo-Madrano vom Ende des 1. Jahrhunderts bis zum 3. Jahrhundert n.Chr., als die Lepontier romanisiert wurden. Besonders bedeutsam sind die aus dem nordalpinen Raum und aus Italien eingeführten Fundstücke, die einen gewissen Verkehr über die Alpen belegen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts förderten neue Grabungen in Madrano und Calonico Reste aus der Bronzezeit zutage.

Erstmals erwähnt wird die Leventina im Testament von 948, in welchem Bischof Atto von Vercelli seine Güter im Bleniotal und in der Leventina dem Mailänder Domkapitel vergabte. Vom Ende des 12. Jahrhunderts an ist die Verwaltungsstruktur der drei Täler Leventina, Blenio und Riviera (Ambrosianische Täler) gut erkennbar. Sie bildeten eine territoriale, politische und kirchliche Einheit unter der direkten Herrschaft des Mailänder Domkapitels. Dieses überliess Verwaltung und Rechtsprechung einem Podestà, der fast immer Mailänder war und dem Domkapitel jährlich einen festen Pachtzins entrichtete. Das Bleniotal und die Leventina unterstanden einem gemeinsamen Podestà, bis um die Mitte des 13. Jahrhunderts jedes Tal seinen eigenen erhielt. Die weltliche Gerichtshoheit über die Leventina wurde Ende des 13. Jahrhunderts an die Visconti verpachtet. Der Unmut über diese Verwaltung entlud sich im Aufstand von 1290-1292, als die Leventiner sich unter der Führung von Alberto Cerro, dem Vogt der Leventina, gegen Ottone Visconti erhoben.

1403 schloss die Leventina mit Uri und Obwalden, die fest entschlossen waren, den Süden des Gotthards unter ihre Kontrolle zu bringen, einen Schutzvertrag. Dieser war Grundlage für das Protektorat der beiden Innerschweizer Orte über die Leventina und bedeutete den Anfang einer Reihe von Zusammenstössen mit den Mailänder Truppen. Nach der Niederlage Uris in der Schlacht bei Arbedo (1422) brachte der Herzog von Mailand das Tal wieder unter seine Herrschaft. 1439/1441 erlangte Uri erneut die Kontrolle über die Leventina. Im Frieden von 1480 nach der Schlacht bei Giornico (1478), in der die Leventiner eine entscheidende Rolle gespielt hatten, anerkannten die auf die Visconti folgenden Sforza endgültig die Herrschaft der Urner über die Leventina. 1487 verzichtete auch das Mailänder Domkapitel auf seine Rechte. Die Leventiner widersetzten sich den Urnern nicht, da sie die Herrschaft der Mailänder Herzöge nur ungern erduldet hatten. Sie beteiligten sich mit militärischen Kontingenten regelmässig auf Urner Seite an den Ennetbirgischen Feldzügen, die sie auch finanziell mittrugen.

Die Gliederung der Talgemeinde Leventina, dargestellt am Beispiel der Nachbarschaft von Prato
Die Gliederung der Talgemeinde Leventina, dargestellt am Beispiel der Nachbarschaft von Prato […]

Die Leventina bildete eine einzige Talgemeinde, die in acht Nachbarschaften gegliedert war. Diese umfassten ihrerseits drei bis fünf Degagne (insgesamt rund 30), die nochmals in zwei oder mehr Dorfgemeinschaften (rund 70) unterteilt waren. Jede dieser Institutionen hatte eigene Verwaltungsorgane, Kompetenzen, Satzungen, Güter und ihren Gerichtsbezirk. Diese vierstufige Struktur, die schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts belegt ist, blieb im Wesentlichen bis zum Fall des Ancien Régime unverändert. Angelegenheiten, die das ganze Tal betrafen, wurden von der jährlich einberufenen Landsgemeinde (parlamentum generale) und vom Generalrat (consilium generale) geregelt, die beide weitgesteckte administrative und juristische Befugnisse hatten. Unter der Herrschaft Uris wurde die Leventina von einem in Faido residierenden Urner Vogt regiert, der mehr oder weniger über dieselben Kompetenzen verfügte wie zuvor der Mailänder Podestà. Die ältesten Satzungen des Tals sind verloren gegangen, erhalten haben sich aber diejenigen von 1656 und 1713 (mit Hinweisen auf vorhergehende Satzungen des 14. Jahrhunderts), ebenso die Ordnungen einzelner Dörfer (Osco 1237, Chiggiogna 1398) und anderer Gemeinwesen.

In der Liturgie der drei Täler Leventina, Blenio und Riviera hat sich als Folge der Herrschaft des Mailänder Domkapitels bis heute der Ambrosianische Ritus bewahrt. Die Leventina hing von der Pieve Biasca ab, von der sich vor dem 12. Jahrhundert die Pfarreien Quinto und Mairengo/Faido ablösten. Airolo, Bedretto, Prato, Chiggiogna, Chironico und Giornico wurden noch vor dem 14. Jahrhundert zu selbstständigen Pfarreien, Bodio und Personico erst im 15. Jahrhundert. An der Stelle der heutigen Pfarrkirche von Airolo bestand schon im 5./6. Jahrhundert ein erstes Gotteshaus. Zur 1110-1120 erbauten Kirche San Nicolao in Giornico, dem bedeutendsten romanischen Bauwerk des Tessins, gehörte ursprünglich ein Benediktinerkloster, das im 15. Jahrhundert aufgehoben wurde. Vom Hospiz Santa Maria in Pollegio, das die Humiliaten im 13. Jahrhundert errichteten, haben sich keine Überreste erhalten; 1571 beabsichtigte Karl Borromäus, die Hospizgüter für ein Priesterseminar zur Verfügung zu stellen, das allerdings erst später gegründet werden konnte.

Die topografischen und klimatischen Verhältnisse des Tals begünstigten die Viehzucht, die zum wichtigsten Erwerbszweig wurde. Daneben betrieben die Bewohner einen auf Selbstversorgung ausgerichteten Ackerbau. In der unteren Leventina war auch Weinbau möglich. Zahlreiche Alpen im Besitz der lokalen Gemeinwesen befanden sich ausserhalb der Leventina, vor allem jenseits des Gotthardpasses, im Maggiatal, Val Cadlimo, Tujetsch und jenseits des Lukmanierpasses. Mit dem Teilungsvertrag von 1227 wies der Generalrat der Leventina jeder Nachbarschaft einen Teil der Alpen zu, die von den lokalen Familien genutzt und von den Degagne verwaltet wurden. Durch die kooperative Organisation der "Bogge" – der Begriff bezeichnet sowohl die kollektiv verwalteten Herden als auch die Gemeinschaft der Dorfgenossen, die das Nutzungsrecht einer Alp besassen – war eine gerechte und effiziente Nutzung der Alprechte gewährleistet. Nach der Landwirtschaft war die Säumerei das wichtigste Gewerbe im Tal; sie stellte für die Bauern einen bedeutenden Nebenerwerb dar.

Frühe Neuzeit

Durch den Frieden mit Mailand 1480 definitiv in den Besitz der Leventina gelangt, anerkannte Uri die lokalen Satzungen und Institutionen der Talschaft. Dem Vogt, den Uri jeweils für eine dreijährige Amtsdauer ernannte (ab 1660 für vier Jahre), standen lokale Beamte zur Seite: ein Statthalter, drei Landschreiber und ein Säckelmeister. Bis 1755 gewährte Uri der Leventina eine recht grosse Autonomie. Zu den lokalen Institutionen zählte die Landsgemeinde, in die jede Nachbarschaft 20 Vertreter abordnete, und der Rat (mit 9 oder 12 Mitgliedern), die beide weitgehende Kompetenzen besassen, besonders in der Rechtsprechung. Das Gericht (tribunale della ragione) und der Zwölferrat, die von den Nachbarschaften gewählt wurden, stellten wichtige Justizorgane dar, die in den anderen ennetbirgischen Vogteien keine Entsprechungen hatten. In seiner dreihundertjährigen Herrschaft veränderte Uri die Verwaltung nur behutsam, dennoch kam es mehrmals zu Spannungen mit den untertänigen Leventinern, die sich 1755 im Livineraufstand entluden. Nach dem Fall der alten Eidgenossenschaft am 14. März 1798 verzichtete Uri auf die Herrschaft über die Leventina

Im 16. und 17. Jahrhundert lösten sich weitere Pfarreien von der jeweiligen Mutterkirche ab: Bodio, Pollegio, Personico, Cavagnago, Sobrio und Anzonico trennten sich von Giornico; Osco und Calpiogna von Mairengo/Faido; Calonico von Chiggiogna und Dalpe von Prato. In Faido wurde 1607 ein Kapuzinerkloster gegründet, das lange Zeit ein ordenseigenes Priesterseminar sowie eine Schule für die Jugendlichen des Tals führte und damit ein wichtiges kulturelles Zentrum war. Auf Initiative von Federico Borromeo konnte 1622 die schon früher geplante Gründung des Priesterseminars in Pollegio verwirklicht werden (das 1788 geschlossen und 1797 endgültig aufgehoben wurde).

Die Statuten der Dorfgemeinschaften und Degagne enthalten zahlreiche Bestimmungen, die auch für die frühe Neuzeit die Bedeutung der Viehwirtschaft belegen; diese war Grundlage einerseits der Produktion von Käse, der vor allem in die Lombardei ausgeführt wurde, andererseits der Aufzucht von Saumtieren für den Warentransport. Die Regelungen über die Nutzung der Wälder und Weiden, die Transhumanz und die Viehhaltung enthielten detaillierte Bestimmungen zur Verhinderung von natürlichen oder vom Menschen verursachten Katastrophen (Lawinen, Bergrutsche bzw. Dorfbrände). In der Leventina traten mehrmals grosse Schadensereignisse auf: Brände verwüsteten Airolo 1736 und 1877 sowie Fontana 1868, Lawinen zerstörten zahlreiche Häuser in Bedretto 1594 und 1863 sowie Ossasco 1749 und kosteten in Anzonico 1667 88 Menschen das Leben.

Von der Helvetischen Republik bis heute

In der Helvetischen Republik wurde die Leventina dem Kanton Bellinzona zugeteilt und von französischen Soldaten besetzt. Sezessionistische und urifreundliche Tendenzen führten im Mai 1799 dazu, dass sich die Leventina mit Uri gegen die französischen Truppen erhob, jedoch besiegt und mit einer Sondersteuer belegt wurde. Noch im gleichen Monat wurden die Franzosen von den österreichischen Truppen vorübergehend vertrieben und im September zogen die Truppen von General Alexander Suworow auf ihrem Weg nach Norden durch die Leventina. 1801 vereinte der helvetische Vollziehungsrat die Leventina wieder mit Uri, doch 1802 teilte sie die zweite helvetische Verfassung erneut dem Tessin zu. Durch die Mediationsverfassung 1803 wurde die Leventina ein Bezirk des neu gegründeten Kantons Tessin. Noch 1814 beharrte Uri auf der Annexion der Leventina, nicht ohne eine gewisse Zustimmung im Tal, doch der Wiener Kongress bekräftigte die territoriale Integrität des neuen Kantons und wies die Urner Forderungen zurück.

Wie im gesamten Alpenraum spielte auch in der Leventina die Auswanderung seit der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle. Ziele der Emigranten waren vor allem die Zentren der Lombardei und des Piemonts, aber auch Padua und Venedig. Im Allgemeinen handelte es sich um eine saisonale Auswanderung, die eine "Doppelwirtschaft" ermöglichte: in der Heimat Alpwirtschaft und in der Fremde eine handwerkliche Tätigkeit. Besonders viele Auswanderer waren Glaser, aber es gab auch Flachmaler, Gesellen, Wirte und Marronibrater. Die österreichische Blockade gegen das Tessin von 1853 förderte die Auswanderung nach Frankreich, aber auch nach Grossbritannien und in die Vereinigten Staaten. Als Folge der Emigration nahm die Bevölkerungszahl immer mehr ab. Der Zugang zur Hauptverkehrsachse Nord-Süd durch den Bau der Tremola-Fahrstrasse 1827-1830 und vor allem durch die 1882 eröffnete Gotthardbahn sowie die Möglichkeit der Wasserkraftnutzung zur Elektrizitätserzeugung veränderten die Wirtschaft der Leventina nachhaltig und begünstigten die Entwicklung der Industrie und auch eines bescheidenen Tourismus. 1835 nahm die Gotthard-Postkutsche ihren Betrieb auf; das erste Postauto verkehrte 1922.

Die Wasserkraftnutzung wurde für die Leventina ein besonders wichtiger Wirtschaftszweig. 1911 baute die Motor AG das Biaschina-Kraftwerk. Das Wasser des Ritomsees (Kraftwerk 1920 erbaut), des Tremorgiosees (Kraftwerk 1918-1926 erbaut) und der Piumogna sowie das Werk Piottino (1928-1932 errichtet) wurden von der SBB genutzt. Die 1958 gegründete Azienda elettrica ticinese (Tessiner Elektrizitätsgesellschaft) kaufte 1959 die Kraftwerke Tremorgio und Biaschina sowie 1972 das Werk Piottino; sie baute 1962-1967 die Anlage Nuova Biaschina und 1966-1968 das Werk Stalvedro. Die Aare-Tessin AG erhielt die Konzession für das Lucendro-Kraftwerk (seit 1945 in Betrieb).

Dank der Eisenbahn siedelte sich vor allem in der unteren Leventina und in den Gemeinden auf der Talsohle Industrie an, was in den Jahren 1900-1920 und 1940-1970 zu einem Bevölkerungswachstum führte. Ausgenommen von dieser Entwicklung waren die abgelegeneren Gemeinden und die Dörfer an den Talhängen, deren Einwohnerzahl ab Ende des 19. Jahrhunderts langsam, aber stetig zurückging. Als Folge des demografischen Aufschwungs der Talschaft in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstand in Faido 1917 das Spital Santa Croce, das 1992 in ein Altersheim umgewandelt wurde, und 1923 das heutige Bezirksspital. Von 1921 bis 1962 wurde in Piotta ein kantonales Sanatorium betrieben.

Die 1871 als kleine Werkstatt gegründete Tenconi SA in Airolo stellt Bestandteile und Spezialschwellen für Eisenbahnen her, die sie weltweit verkauft. 1908 wurden die Gotthardwerke (Officine del Gottardo, seit 1995 Timcal SA) in Bodio eröffnet; grösster Arbeitgeber des Tals war Monteforno, ein 1946 in Giornico gegründetes Stahlwerk, das Anfang der 1970er Jahre an der Spitze der kantonalen Industrieunternehmen stand, 1994 aber schliessen musste. An seiner Stelle liess sich 2004 die 1904 in Piotta gegründete Tensol Rail SA nieder, die rund 100 Personen beschäftigte.

Das Phänomen der gleichzeitigen Einwanderung (primär aus Italien) und Abwanderung (in die Tessiner Agglomerationen, besonders nach Bellinzona) zeigte sich erstmals beim Bau der Verkehrsinfrastrukturen im 19. Jahrhundert. Es wiederholte sich während der industriellen Entwicklung in den 1950er und 1960er Jahren sowie beim Bau der Autobahn A2 und des Gotthard-Strassentunnels (eröffnet 1980) in den 1970er Jahren. Ab den 1980er Jahren traf die Wirtschaftskrise vor allem in der Metall verarbeitenden und in der traditionellen Industrie das Tal schwer: Die Zahl der Arbeitsplätze ging stark zurück und die Bevölkerung nahm ab. Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts verschärften die Öffnung der Märkte, das Ende der Monopole und die daraus folgende drastische Verminderung der Stellen beim Bund die Krise. Mit dem Bau des Basistunnels der Eisenbahn-Alpentransversale (AlpTransit Gotthard), der 1999 in Bodio-Pollegio begann, haben sich für die untere Leventina teilweise neue Perspektiven eröffnet.

Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs war Faido ein beliebter Ferienort des Mailänder Grossbürgertums. In den 1950er Jahren wurde die Beförderungsanlage beim Ferienort Carì (Campello) gebaut, die zusammen mit den Skiliften von Airolo und Prato zur Entwicklung des Wintertourismus im Tal beitrug. Der 1937 gegründete Hockey Club Ambrì Piotta beschäftigt über 40 Personen und hat für die Wirtschaft und den Tourismus im Tal eine erhebliche Bedeutung. Das Nationale St.-Gotthard-Museum auf der Passhöhe (Airolo), die Stiftung Dazio Grande im alten Zollhaus in Rodi-Fiesso und das Museum der Leventina in Giornico sind die bedeutendsten kulturellen Institutionen des Tals.

Die Armee leistete einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft des Tals. Sie baute 1889 das Fort in Airolo. Daraus entwickelte sich der Waffenplatz mit den dazugehörenden Infrastrukturen (Kaserne, Befestigungen und Schiessplatz), die vor allem im Zweiten Weltkrieg von Bedeutung waren. Der Militärflugplatz von Ambrì, den die Eidgenossenschaft 1942 anlegte und bis Anfang der 1960er Jahre mehrmals vergrösserte, prägte das Landschaftsbild in der Talsohle und fiel auch wirtschaftlich ins Gewicht (eidgenössische Beiträge, militärische Wiederholungskurse, rund 15 Arbeitsplätze bis 1990). Seit 1995 wird der Flugplatz nur noch für die zivile Luftfahrt gebraucht; 2006 kaufte ihn die Gemeinde Quinto.

Quellen und Literatur

  • MDT, Serie 1
  • Meyer, Blenio
  • G. Gemnetti, Villaggi di Leventina, 1938
  • E. Pozzi-Molo, L'amministrazione della giustizia nei baliaggi appartenenti ai cantoni primitivi: Bellinzona, Riviera, Blenio e Leventina, 1953
  • G. Vismara et al., Ticino medievale, 1990
  • M. Fransioli, «L'organizzazione degli enti vicinali nella valle Leventina prima del 1800», in Atlante dell'edilizia rurale in Ticino, Valle Leventina, hg. von G. Buzzi, 1995, 419-430
  • M. Vicari, Valle Leventina 1, 2005
  • F. Viscontini, Alla ricerca dello sviluppo. La politica economica nel Ticino (1873-1953), 2005
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Mario Fransioli; Tiziano Locarnini: "Leventina", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.03.2017, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008543/2017-03-14/, konsultiert am 29.03.2024.