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Hallstattzeit

Regionalgliederung der Hallstattzeit (ältere Eisenzeit)
Regionalgliederung der Hallstattzeit (ältere Eisenzeit) […]

Die prähistorische Forschung Mitteleuropas bezeichnet die Epoche von 800 bis ca. 30 v.Chr. nach dem in jener Zeit wichtigsten Werkstoff als Eisenzeit. Bereits 1866 wurde diese Epoche von Adolf von Morlot in einen älteren und einen jüngeren Abschnitt unterteilt, die 1874 nach zwei bekannten Fundorten, Hallstatt im österreichischen Salzkammergut und La Tène am Neuenburgersee, Hallstattzeit (800-480 v.Chr.) und Latènezeit (480-30 v.Chr.) benannt wurden. Allerdings beinhaltet der Begriff Hallstattzeit nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine geografisch-kulturelle Komponente. Bei der Bevölkerung des Hallstattgebiets, das sich von Ostfrankreich, dem schweizerischen Mittelland und dem Jura über Süddeutschland, Böhmen und Niederösterreich bis nach Slowenien erstreckte, handelte es sich nach Ansicht der Forschung um frühe Kelten; sie bildete jedenfalls das Substrat, aus dem in diesem Raum in den letzten Jahrhunderten v.Chr. die Kelten hervorgingen. Anhand der unterschiedlichen Ausstattungsmuster in den Gräbern oder auch der Grabsitten lassen sich ein West- und ein Osthallstattkreis abgrenzen. Den Übergang zur Latènezeit noch vor der Mitte des 5. Jahrhunderts v.Chr. machen Prähistoriker an einem neuen Verzierungsstil fest, der insbesondere in der Produktion der Metallobjekte zum Tragen kommt. Im 4. Jahrhundert v.Chr. machen sich Veränderungen zuerst im Bestattungsbrauchtum und später in den Siedlungsformen bemerkbar.

Quellenlage und Forschungsstand

Klimatische Veränderungen leiteten in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v.Chr. das Ende der spätbronzezeitlichen Siedlungen an See- und Flussufern ein. Der Standortwechsel der Siedlungen fiel in die Zeit, in der sich das nicht ganz neue Eisen grossräumig als Werkmaterial durchsetzte. In welcher Form sich diese Neugründungen – Dörfer oder Streusiedlungen ausserhalb der Feuchtbodenzonen – in der Eisenzeit weiterentwickelten, ist für das schweizerische Mittelland weitgehend unbekannt. Dagegen lassen sich charakteristische Bestattungs- und Beigabensitten sowie die Grabarchitektur, die am Ende der Bronzezeit in Erscheinung traten, in der Hallstattzeit weiterverfolgen. Die Gräber dieser Zeit sind mit mehr oder minder markanten Erdhügeln überschüttet. Diese offenkundigen Markierungen haben bereits früh Aufmerksamkeit erregt. Die Aussicht auf reiche Funde, welche in diesen Stätten zu erwarten waren, entfachte um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine rege Ausgrabungstätigkeit. Grabhügel wurden deshalb häufig von Ausgräbern untersucht, die noch nicht über eine systematische Grabungs-, Bergungs- und Dokumentationsmethodik verfügten. Im Tessin wurden die bedeutendsten eisenzeitlichen Nekropolen beim Bau der Gotthardbahn entdeckt, nicht bei ordentlichen Ausgrabungen. Viele Grabfunde verschwanden im aufblühenden Antiquitätenhandel jener Zeit.

Das St. Galler Rheintal, Nord- und Mittelbünden sowie das Engadin präsentieren sich bezüglich des Verhältnisses von Grab- und Siedlungsfunden komplementär zum Rest der Schweiz. Hier sind Siedlungsspuren die massgeblichen archäologischen Quellen der Eisenzeitforschung. Das Gräberfeld von Tamins-Unterm Dorf am Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein stellt eine Ausnahme dar.

Da nur verhältnismässig wenige Fundstellen der Hallstattzeit mit modernen Mitteln untersucht sind und schriftliche Quellen fehlen, ist das Bild, das sich von dieser Epoche entwerfen lässt, so nuancenreich wie fragmentarisch. Einerseits wissen wir erstaunlich viel über die damaligen Beziehungen zwischen den verschiedenen Kulturräumen oder über die Art – wenn auch nicht über die quantitative Bedeutung – der importierten Handelswaren. Andererseits bleiben viele Bereiche wie zum Beispiel die Struktur der Gesellschaft weitgehend im Dunkeln, weshalb bei der Deutung der archäologischen Gegebenheiten mitunter auf Modelle zurückgegriffen wird.

Chronologie

Für die Hallstattzeit sind die Möglichkeiten, mit naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden eine Verknüpfung mit der aktuellen Zeitrechnung zu erreichen, nicht sehr günstig. Da es sich um eine verhältnismässig kurze Periode handelt, ist die C14-Methode mit einer Genauigkeit in der Bandbreite von 100 Jahren wenig geeignet. Holzfunde, welche geeignete Proben für die Dendrochronologie liefern, sind höchst selten. Einzig die in den spätesten Seeufersiedlungen der Bronzezeit gewonnenen Dendrodaten kurz vor der Wende zum 8. Jahrhundert v.Chr. sind als Terminus post quem für den Beginn der Hallstattzeit von Nutzen. In seltenen Fällen war es möglich, genauere Zeitangaben für archäologische Komplexe über datierte Objekte aus anderen Gebieten zu erschliessen, vorwiegend importierte griechische Keramik. Diese indirekte Form der Datierung wird Crossdating genannt.

Bei dem nur groben Raster von absoluten Daten hat ein auf das Fundmaterial bezogenes Gliederungssystem mit verschiedenen Phasen (relative Chronologie) nicht an Bedeutung verloren. Der deutsche Altertumswissenschafter Paul Reinecke, der diese Aufteilung zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Mitteleuropa erstmals umschrieb, verstand die im gleichen Gebiet vorausgehende, spätbronzezeitliche Urnenfelderkultur nicht nur als Vorläuferin, sondern als Frühphase der Hallstattkultur und wies ihr die Zeitstufen Hallstatt A und Hallstatt B zu. Demgegenüber zählt die moderne Forschung nur die Stufen C und D zur Hallstattzeit. Die Stufe Hallstatt C steht damit für die ältere Hallstattzeit, die Stufe Hallstatt D für die Späthallstattzeit. In den alpinen Gebieten im Osten und Süden der Schweiz kommen wiederum andere zeitliche Gliederungsmodelle zur Anwendung, da die dortigen Verhältnisse eindeutig von den Entwicklungen in Oberitalien geprägt sind. Dem Begriff Hallstattzeit wird hier die Bezeichnung ältere Eisenzeit (prima età del ferro) gleichgesetzt. Da sich in den Süd- und Ostalpen verschiedene Gruppen aufgrund markanter Unterschiede in der materiellen Hinterlassenschaft gebietsmässig voneinander abgrenzen lassen, werden spezifische Stufenschemata für die einzelnen Landschaften angewendet.

Die regionalen Gruppen

Regionalphasen der Hallstattzeit in der Schweiz
Regionalphasen der Hallstattzeit in der Schweiz […]

Wie in den früheren Epochen war das Gebiet auch in der Zeit zwischen 800 und 480 v.Chr. von regionalen Gruppen geprägt. Der Norden war mit den angrenzenden südwestdeutschen Gebieten verbunden. Dabei orientiert sich der Nordwesten, den Traditionen der Bronzezeit folgend, am Oberrheintal, der Nordosten hingegen lässt sich an die Gruppen im Hegau und im oberen Donaugebiet anschliessen. Zu diesem Schluss führen Vergleiche der Gefässformen und vor allem des in den Gräbern gefundenen Schmucks und Trachtzubehörs. Aus der Zentralschweiz sind hallstattzeitliche Funde vorläufig nur aus den Kantonen Luzern und Zug bekannt. Eisenzeitliche Funde aus Amsteg-Flüeli im Kanton Uri weisen vielleicht darauf hin, dass die Passübergänge in den Zentralalpen, die das Reusstal mit dem Vorderrheintal und dem Tessin verbinden, nicht erst im Mittelalter Bedeutung erlangten. Es handelt sich allerdings nur um Fragmente weniger Gefässe aus dem Alpenrheintal bzw. dem Gebiet südlich der Alpen.

Der besonders intensiven Besiedlung der Region um die drei Seen am Jurafuss lagen auch in der Hallstattzeit beste Bedingungen für die Landwirtschaft zu Grunde. Im Fundbestand ist das bernische Mittelland mit der Seenregion auf das Engste verbunden. Seen, offene Landschaften und die Flusstäler der Saane und Aare wirkten sich für den Verkehr und Gütertransport nach Süden zum Genfersee wie nach Norden zum Rhein vorteilhaft aus. Von nicht minderer Bedeutung waren für dieses Gebiet die Beziehungen durch die Juratäler nach Ostfrankreich.

Einer eigenständigen Entwicklung zum Trotz, die aber beim heutigen Forschungsstand erst im Ansatz und nur im Bereich des Metallhandwerks (Walliserringe) zum Ausdruck kommt, blieb das Wallis in der Hallstattzeit für Kontakte nach Westen wie über die Alpenpässe hinweg nach Süden offen. Allerdings sind aufgrund des archäologischen Fundmaterials, das auch hier fast ausschliesslich aus Gräbern stammt, die Bindungen des Unterwallis und des benachbarten Chablais vaudois zum Genferseegebiet, Jura und bernischen Mittelland offensichtlich. In den in Gräbern und Siedlungen gefassten Funden im Oberwallis treten hingegen südliche Einflüsse deutlich hervor.

Mit dem Wallis vergleichbar war die Situation in Nordbünden – das Alpenrheintal und die Bündner Alpenpässe dürften ja auch für den Verkehr und Handel zwischen den Gebieten südlich und nördlich der Alpen eine ähnliche Rolle gespielt haben. Anfänglich war Nordbünden eng mit der Nordostschweiz verbunden. Zugleich blieben, der spätbronzezeitlichen Tradition folgend, im Fundbestand fassbare Beziehungen zum Engadin und Südtirol erhalten. Im 6. Jahrhundert v.Chr. nahm die Einflussnahme der südalpinen Golaseccagruppen offensichtlich zu.

Die südschweizerischen Täler im Tessin und Misox waren integrale Teile der in der westlichen Lombardei und im Piemont beheimateten Golaseccakultur. Vergleichbares ist im östlichsten Teil der Schweiz zu beobachten: Das Engadin war mit dem Südtirol kulturell verbunden, und zugleich mit Nordbünden und dem Alpenrheintal verflochten.

Siedlungsbild und Topografie

Dicht besiedelt waren das relativ flache Mittelland und der Jura mit den vorgelagerten Seen. In den Alpen boten sich vor allem die Täler der grösseren Flüsse Rhone, Rhein und Inn als Siedlungsräume an. In den Berglandschaften sind Anhöhen und Felsköpfe, die vor den Gefahren der reissenden Flüsse oder vor Lawinenniedergängen schützten, die bevorzugten Siedlungslagen. Im St. Galler Rheintal war es die in der prähistorischen Zeit häufig überflutete Talebene, welche die Standortwahl für Siedlungen in erhöhten Lagen massgebend beeinflusst hat. Die Fundorte von Scuol-Munt Baselgia im Unterengadin, Lantsch-Bot da Loz oder Oberriet-Montlingerberg im St. Galler Rheintal zeigen jedoch, dass bei der Platzwahl für eine Siedlung in der Bronze- wie in der Eisenzeit die Schutzlage alleine nicht entscheidend war. Die Nähe landwirtschaftlich nutzbarer Böden, die Wasserversorgung, das lokale Klima sowie eine strategische und verkehrsgünstige Lage waren ebenso wichtige Prämissen.

Siedlungen auf Anhöhen sind uns ebenfalls aus dem Mittelland bekannt: Sissach-Burgenrain, Wittnau-Wittnauer Horn, Zürich-Üetliberg, Zug-Baarburg und Posieux-Châtillon-sur-Glâne. Angesichts der vielen Grabhügelnekropolen im Mittelland und im Jura ist zu erwarten, dass die Zahl der gesamten Siedlungen diejenige der bekannten befestigten und primär verkehrsgeografisch orientierten Höhensiedlungen um ein Mehrfaches übersteigt. Dabei dürfte es sich zur Hauptsache um Landsiedlungen in Terrassen- oder Tallage handeln. Siedlungen dieses Typs sind allerdings bis jetzt erst in Ansätzen erforscht. Beispiele sind die Dorfanlagen von Frasses-Praz au Doux oder Fällanden-Fröschbach, aber auch weitere Fundorte aus der Westschweiz wie Avenches-En Chaplix, Faoug-Derrière-le-Chaney oder Marin-Epagnier-Les Bourguignonnes. Der Landsiedlung des Mittellandes adäquat ist in den Alpen die Talsiedlung. Zu den wenigen Beispielen für diese Siedlungsform zählen Brig-Glis-Waldmatte und Chur-Welschdörfli.

Wirtschaft

Die Klimaverschlechterung und die Umweltveränderungen des 9. und 8. Jahrhunderts v.Chr. haben zwar den Standortwechsel der Siedlungen verursacht, vermutlich aber nicht zu Krisensituationen von solchen Ausmassen geführt, die eine ökonomische oder gar gesellschaftliche Umstrukturierung nach sich gezogen hätten. Das Gleiche dürfte auch für das Aufkommen des neuen Rohstoffs Eisen und für die Übernahme der Eisentechnologie gelten, welche sich trotz allen Vorteilen nur zögernd vollzogen haben. Ein Vorzug des Eisens war, dass für seine Gewinnung keine weiteren Bestandteile benötigt wurden, die – wie das Zinn für die Bronze – über grosse Distanzen eingehandelt werden mussten. Dazu sind in der Schweiz Eisenerzvorkommen bedeutend häufiger und, anders als die für die Herstellung der Bronze benötigten Kupfererze, die Lagerstätten nicht auf den Alpenraum beschränkt. Trotz der zahlreichen Eisenvorkommen gibt es im Gebiet der heutigen Schweiz keine Anzeichen für eine Eisenverhüttung, d.h. für die Umwandlung des Erzes in metallisches Eisen, oder für Schmelzöfen während der Hallstattzeit. In Anbetracht der ansehnlichen Zahl von Eisenfunden rechnet die Forschung jedoch mit dem Aufkommen von Schmiedewerkstätten bereits in der älteren Hallstattzeit. Hinweise auf Schmiedetätigkeiten in der Hallstattzeit stellen die in den Siedlungen von Russikon-Furtbüel oder Neukirch-Tobeläcker gefundenen Eisenschlacken mit hohem Eisengehalt dar.

Besonders geeignet war das Eisen für die Herstellung von Waffen, Geräten oder Wagenteilen, da durch das Schmieden die Produkte aus Eisen nicht nur an Härte, sondern auch an Elastizität und damit an Beständigkeit gewannen. Nur selten wurden Schmuck und Trachtzubehör – Arm- und Halsringe, Gewandnadeln und Kleiderschliessen oder Gürtelhaken – aus Eisen hergestellt. Eisen blieb in der Hallstattzeit in den Gebieten nördlich wie südlich der Alpen den Männern vorbehalten und war zunächst als Statussymbol von Bedeutung. Erst in der jüngeren Eisenzeit wurde das Eisen wirtschaftlich besser genutzt.

Eisen konnte die Bronze nie in allen Belangen ersetzen. Bronze blieb das am besten geeignete Metall für die in Formen gegossenen Schmuckstücke, Arm- und Halsringe oder Kleiderschliessen, aber auch für die in Treibtechnik hergestellten Gefässe und die grossflächig verzierten Gürtelbleche. Die Bronzeschalen und Bronzebecken, wie man sie aus Corminbœuf-Bois Murat, Wohlen-Hohbühl oder Zollikon-Fünfbühl kennt, waren Produkte, welche die Luxusbedürfnisse der oberen Schichten befriedigten. Dies gilt ebenso für die wohl südlich der Alpen hergestellten Bronzeeimer, die sogenannten Situlen und Zisten. Dass die Bronze weiterhin von grosser Bedeutung war und das Aufsammeln von Altmaterial lohnend, zeigt eindrucksvoll der aus 3800 Einheiten bestehende Depotfund von Arbedo. Nördlich der Alpen sind allerdings keine Depotfunde aus der älteren Eisenzeit belegt.

Halsreif aus Gold mit einem inneren Durchmesser von 20 cm, Mitte 6. Jahrhundert v.Chr., gefunden in Payerne-Roverez (Musée cantonal d'archéologie et d'histoire, Lausanne).
Halsreif aus Gold mit einem inneren Durchmesser von 20 cm, Mitte 6. Jahrhundert v.Chr., gefunden in Payerne-Roverez (Musée cantonal d'archéologie et d'histoire, Lausanne). […]

Wertvolle Informationen über die handwerklichen Fähigkeiten der Wagner, Waffen- oder Goldschmiede liefern die reich ausgestatteten Gräber der Oberschicht. Darin finden sich vierrädrige, aus Holz und Metall gebaute Wagen mit den dazugehörigen Teilen des Zaumzeuges. In denselben sozialen Kontext gehören Eisendolche, deren Griffe und Scheiden aus diversen Materialien hergestellt und in verschiedenen Techniken verziert wurden, sowie aus Goldblech getriebene Halsreifen und Armringe. Nicht anders als in der Bronzezeit war das Metallkunsthandwerk in der Hallstattzeit von einem geometrischen Stil geprägt. Figürlich verzierte Bronzetreibarbeiten, die im Osthallstattkreis und im Mittelmeerraum ausgesprochen beliebt waren, blieben in den Gebieten nördlich der Alpen und den Südalpentälern die Ausnahmen. Wo Darstellungen von Menschen und Tieren vorkommen, erscheinen sie in stilisierter Form.

Eine Neuerung in der Verarbeitung der Bronze war die Einführung der Dreh- und Drechselbank. Auf eine solche Vorrichtung lassen exakt gravierte Linienbündel auf Tonnenarmbändern, einem bis zu 20 cm breiten Armschmuck aus Bronzeblech, schliessen. Auf der Drechselbank hergestellt wurde wohl auch der formal mit Tonnenarmbändern vergleichbare Armschmuck aus Sapropelit.

Kegelhalsgefäss aus Dinhard bei Winterthur (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).
Kegelhalsgefäss aus Dinhard bei Winterthur (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich). […]

Mit der Übernahme der schnell drehenden Töpferscheibe wurde gegen Ende der Hallstattzeit auch die Produktion von Tongefässen immer mehr aus dem häuslichen Bereich in spezialisierte Werkstätten verlegt. Mit dieser Technik wurden anfänglich nur Schalen, Becher und Flaschen des Tafelgeschirrs hergestellt, während man die Wirtschaftsware weiterhin von Hand formte.

Die durch die Rodungen der vorangegangenen Jahrhunderte entstandenen, offenen Landschaften des Mittellandes und die verbesserten Möglichkeiten der Düngung durch intensive Haustierhaltung wirkten sich in der Hallstattzeit in den Gebieten nördlich der Alpen vorteilhaft auf Getreidebau und Graswirtschaft aus. Ob günstige Voraussetzungen für die Land- und Viehwirtschaft tatsächlich zu Überschüssen führten, die auf Märkten gegen Waren eingetauscht wurden, und inwieweit diese Märkte ihrerseits die Grundlage für den während der Hallstattzeit wachsenden Wohlstand bildeten, ist noch zu prüfen.

Handel

Um 600 v.Chr. wurde die griechische Kolonie Massalia (Marseille) an der Rhonemündung gegründet, und die Etrusker drangen in die Poebene vor. Eine Folge der neuen politischen Konstellation war die Aufnahme bzw. die Intensivierung der Beziehungen mit den nördlich der Alpen gelegenen Gebieten. Südimporte belegen solche Kontakte ab dem 7. Jahrhundert v.Chr.; es wird angenommen, dass die in einiger Zahl belegbaren Luxusobjekte als loyalitätssichernde Prestigegüter fungierten. Zu diesen gehören zum Beispiel das goldene Collier aus einem Grabhügel in Ins, der goldene Anhänger aus Jegenstorf und die Hydria aus dem Wagengrab von Meikirch-Grächwil.

Einzelnen der in der Regel befestigten Höhensiedlungen wird die Rolle von Zentralorten zugeschrieben. Als verkehrsgünstig gelegene Umschlag- und Marktplätze dürften sie nicht nur die umliegenden Regionen versorgt, sondern auch Anschluss an überregionale Handelsrouten gehabt haben. In der Höhensiedlung von Châtillon-sur-Glâne sind beispielsweise Reste von Tongefässen aus Massalia (Marseille) sowie von attischer Keramik aus Griechenland nachgewiesen. Auf dem Üetliberg bei Zürich und der Baarburg bei Zug wurden ebenfalls Scherben griechischer Keramik gefunden. Neben Wein und Öl, die durch das Verpackungsmaterial für den Transport (Amphoren) und das für den Weinkonsum bestimmte Geschirr belegt sind, war die Edelkoralle ein weiteres Produkt, das im Fernhandel in die Alpengebiete und weiter nordwärts gelangte. Korallenbänke fanden sich sowohl im westlichen Mittelmeer als auch in der Adria.

Von Oberitalien führten direkte Wege nach Norden über die Alpen. Nur so sind die vielen Neugründungen im Tessin und vor allem der Lombardei zu erklären, die ab Anfang des 6. Jahrhunderts v.Chr. entlang der Wasserwege und Passrouten Richtung Norden entstanden. In der Südschweiz waren nennenswerte Vorkommen von Rohstoffen unbekannt und die Möglichkeiten der Landwirtschaft stark eingeschränkt. Der Wohlstand, der in den überraschend vielfältigen Gebrauchs- und Schmuckgegenständen aus Bronze oder zum Teil auch aus Koralle und Bernstein zum Ausdruck kommt, dürfte daher auf einer Beteiligung am transalpinen Verkehr und Handel basieren. Dass die Golaseccagruppen zwischen Süd und Nord eine gewisse Vermittlerrolle gespielt haben, belegen auch in ihrem Gebiet hergestellte Produkte, die in den alpinen Siedlungen und Gräberfeldern (Brig-Glis-Waldmatte, St. Niklaus, Chur-Welschdörfli und Tamins-Unterm Dorf) und in Gebieten nördlich der Alpen (Fehraltorf-Lochweid) zum Vorschein kamen. Die Metallformen südalpiner Provenienz, vorwiegend Teile der Tracht oder Schmuck, gelangten dagegen nicht als Fernhandelsware, sondern eher zusammen mit ihren Trägern in die fremden Gebiete.

Gesellschaft

Die Vielfalt der sozialen Positionen innerhalb der hallstattzeitlichen Gesellschaft spiegelt sich in der Nord-, West- und Ostschweiz in den unterschiedlichen Qualitäten der Grabausstattungen. Aufgrund des Vorhandenseins bzw. des Fehlens eines Wagens, von mediterranen Importen, Objekten aus Gold und Metallgefässen oder Waffen – Schwerter, später Dolche und Lanzen – lassen sich insbesondere die Männergräber aus den Grabhügeln mehreren Klassen zuordnen. Dabei ist festzuhalten, dass manchen Frauen der oberen Schichten eine gleichwertige Grabausstattung wie ihren Männern zukam. In der Nordostschweiz wurde offenbar Frauen häufiger als Männern ein Bronzegefäss als Beigabe ins Grab gelegt, gleich ob es sich um eine Situla, eine Rippenziste oder ein Bronzebecken handelte (Wohlen-Hohbühl, Russikon-Eggbühl, Bonstetten-Gibel, Zollikon-Fünfbühl). Die im Wagengrab von Gunzwil-Adiswil-Bettlisacker beigesetzte Frau, mit Beigabe einer Bronzesitula und im Besitz von Kopf-, Hals-, Arm- und Beinschmuck aus Gold, Gagat, Bernstein und Bronze, gehörte zweifellos der obersten Gesellschaftsschicht an. Auch die bescheidensten Grabinventare aus der West-, Ost- und Zentralschweiz, die "nur" aus Trachtzubehör und Schmuck bestehen, sind keinesfalls als arm zu bezeichnen; sie gehörten Bestatteten aus einer Schicht, die zumindest über einen gewissen Wohlstand verfügte. Gräber der Unterschicht werden ausserhalb der Grabhügel in Bereichen vermutet, die bei archäologischen Untersuchungen bis heute wenig Beachtung gefunden haben.

Ein wertendes Merkmal ist auch die Lage einzelner Gräber im Zentrum eines Hügels oder in der Hügelaufschüttung als Nachbestattung, dies allerdings erst in der Späthallstattzeit. Zuvor waren die in Gruppen angelegten Gräber einzeln mit einem mehr oder weniger grossen Erdhügel markiert (Unterlunkhofen-Im Bärhau). Erst ab dem Ende des 7. Jahrhunderts v.Chr. sind Grossgrabhügel bekannt, die, abgesehen von der Bestattung in der Hügelmitte, weitere Gräber von Mitgliedern eines Sozialverbandes bargen (Thunstetten-Tannwäldli, Wohlen-Hohbühl).

Die mit besonders wertvollen Beigaben ausgestatteten Gräber bezeugen, dass es einer sozialen Elite möglich war, Überschüsse abzuschöpfen und in wertvollen Gegenständen und Importgütern aus der mediterranen Welt zur Schau zu stellen. Viele Forscher haben, einem dem Mittelalter entlehnten Gesellschaftskonzept folgend, diese herausragenden Gräber als Bestattungen von herrschenden "Fürsten" gedeutet und die befestigten Höhensiedlungen, in welchen Importe aus dem Fernhandel, vorwiegend griechische Keramik, nachgewiesen wurden, dementsprechend als "Fürstensitze" bezeichnet. Neuerdings wird dieses Modell jedoch wieder in Frage gestellt. Der räumliche Zusammenhang zwischen "Fürstensitz" und reich ausgestatteten Grabkammern der obersten Gesellschaftsschicht ist nämlich nur an wenigen Orten belegt. Das Grab von Eberdingen-Hochdorf (Baden-Württemberg), eines der reichsten im Gebiet des Westhallstattkreises und mit einem imposanten Stein- und Erdhügel markiert, wurde in unmittelbarer Nähe einer offenen Landsiedlung angelegt, die nach Anlage und Grösse in keiner Weise der Vorstellung eines "Fürstensitzes" entspricht.

In der Südschweiz, in der sich die Ausstattungsmuster nicht markant voneinander unterscheiden, sind die Möglichkeiten für eine Gliederung der Gräber in mehrere Klassen eingeschränkt. Wo Unterschiede festzustellen sind, verweisen sie eher auf das Geschlecht als auf den Rang der Bestatteten. Es wäre aber voreilig, daraus eine egalitäre Sozialstruktur abzuleiten. Als Hinweis für höheren Rang bietet sich etwa in den Männergräbern die Beigabe eines Metallgefässes an, auch wenn diese Gefässe am häufigsten die Funktion eines Leichenbrandbehälters hatten (Mesocco-Coop). Bei den Frauen sind Halsketten aus bis zu 80 Bernsteinperlen analog zu gewichten.

Quellen und Literatur

  • W. Kimmig, «Zum Problem späthallstätt. Adelssitze», in Siedlung, Burg und Stadt, hg. von K.-H. Otto, J. Herrmann, 1969, 95-113
  • M.K.H. Eggert, «Prestigegüter und Sozialstruktur in der Späthallstattzeit», in Saeculum 42, 1991, 1-27
  • B. Schmid-Sikimić, Der Arm- und Beinschmuck der Hallstattzeit in der Schweiz, 1996
  • SPM 4
  • B. Schmid-Sikimić, Mesocco Coop (GR). Eisenzeitl. Bestattungsplatz im Brennpunkt zwischen Süd und Nord, 2002
  • M. Trachsel, Unters. zur relativen und absoluten Chronologie der H., 2004
Weblinks

Zitiervorschlag

Biljana Schmid-Sikimić: "Hallstattzeit", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008014/2013-12-12/, konsultiert am 29.03.2024.