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ColombierNE

Ehemalige politische Gemeinde des Kantons Neuenburg, Bezirk Boudry, 2013 mit Auvernier und Bôle zur neuen Gemeinde Milvignes fusioniert. Dorf auf einem kleinen Molassehügel beim Neuenburgersee. 1228 Columbier. 1750 418 Einwohner; 1850 896; 1900 2051; 1950 2071; 1970 4095; 2000 4897.

Vier Seeufersiedlungen aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit sind in Colombier bezeugt. Unter dem heutigen Schloss wurde eine der grössten römischen Villen auf dem Gebiet der Schweiz ausgegraben (1840-1842 von Frédéric DuBois de Montperreux, weitere Untersuchungen 1982). Sie wurde vom 1. bis 3. Jahrhundert n.Chr. in mehreren Etappen zu einem palastartigen Herrenhaus mit Peristyl, mindestens zwei Bädern (Mosaiken und Fresken) und Terrassengärten erweitert. In der Nähe von Colombier entdeckte man einen merowingischen Friedhof.

Die Herrschaft Colombier umfasste im Mittelalter die Dörfer Colombier, Areuse, einen Teil von Bôle und einen Drittel der Kastvogtei Bevaix. Sie hatte ferner Rechte in Fretereules und im Val-de-Ruz. Die Familie von Colombier, Vasallen der Grafen von Neuenburg, erwarb durch Heirat zudem die Lehen Savagnier, Cormondrèche und das Lehen des sogenannten Pressoir (Kelter) von Colombier in der Kastlanei Thielle. 1488 kam die Herrschaft durch Heirat an die aus der Franche-Comté stammenden de Chauvirey und 1513 an den Berner Johann Jakob von Wattenwyl. Dieser erhielt das Recht zur Ausübung der Hochgerichtsbarkeit; vor allem in Bevaix dehnte er sein Gebiet weiter aus. 1564 erwarb der Graf von Neuenburg die Herrschaft für 60'000 Kronen. Bis 1832 war Colombier Sitz einer Meierei. Dann wurde die seit dem 14. Jahrhundert bezeugte niedere Gerichtsbarkeit dem Amt La Côte und die Kriminalgerichtsbarkeit Neuenburg zugeteilt.

Die Gebietsgrenzen des Dorfes Colombier sind seit 1346 bekannt. 1357 erhielt es zusammen mit Bôle und Areuse gegen einen Pachtzins Wälder, welche die drei Gemeinden bis ins 18. Jahrhundert gemeinsam verwalteten. Die in Colombier ansässigen Zinspflichtigen wurden im 16. und 17. Jahrhundert nach und nach von ihren lehensrechtlichen Verpflichtungen befreit; die letzten Lehenszinsen wurden jedoch erst Anfang des 19. Jahrhunderts abgeschafft. Mitte des 17. Jahrhunderts stand Colombier in Folge einer dem Seckelmeister Abraham Mouchet und seinem Sohn gewährten Bürgschaft vor dem Bankrott. Henri II. d'Orléans-Longueville, Fürst von Neuenburg, befreite die Gemeinde 1657 von ihren Schulden und verlangte dafür, dass vom See bis zum Schloss Baumreihen angelegt würden; die Alleen bestehen heute noch. 1177 wird in Colombier eine Kapelle erwähnt. Noch vor 1228 wurde Colombier eine Pfarrei, zu der im Mittelalter auch Montézillon, bis 1832 Areuse und bis 1879 Auvernier gehörten; die Kollatur der dem heiligen Stefan geweihten Kirche hatte das Kapitel von Lausanne inne. Johann Jakob von Wattenwyl führte in Colombier die Reformation ein. Während der Internierung der Bourbaki-Armee 1871 wurde wieder die Messe gelesen, und 1884 wurde eine katholische Pfarrei gegründet.

Die Indiennemanufaktur und das Landhaus in Le Bied um 1800. Aquarell von Henri Courvoisier-Voisin (Bibliothèque publique et universitaire de Neuchâtel).
Die Indiennemanufaktur und das Landhaus in Le Bied um 1800. Aquarell von Henri Courvoisier-Voisin (Bibliothèque publique et universitaire de Neuchâtel).

1734 richtete Jean-Jacques Deluze in Bied eine der ersten Indienne-Manufakturen in der Basse Areuse ein. 1739 zählte diese 80 Arbeiter. Die Manufaktur brachte Colombier einen gewissen Wohlstand und ermöglichte den Bau stattlicher Landhäuser in der Umgebung des Dorfes (Le Bied, Vaudijon, La Mairesse, Cottendart, Sombacour). Der im 11.oder 12. Jahrhundert gebaute Festungsturm wurde im 13. Jahrhundert erweitert. Das Schloss in seiner heutigen Form entstand im 16. Jahrhundert. 1806 wurde darin das bereits 1796 geplante Militärspital eingerichtet. Ab 1824 diente das Schloss den kantonalen Milizen als Exerzierplatz, wurde zur Kaserne umgebaut und um ein Zeughaus erweitert. 1877 erhielt die Kaserne den noch heute gültigen Status als eidgenössischer Waffenplatz der 2. Division, später der Felddivision 2 (mit Einführung der Armee XXI 2003 aufgehoben). Seit 2004 befindet sich in der Kaserne ein Infanterieausbildungszentrum. Im 19. Jahrhundert war Colombier ein regionales Zentrum, das unter anderem über ein Gaswerk und eine Sparkasse verfügte. 1859-1860 wurde der Bahnhof gebaut, 1892 die Tramlinie Neuenburg-Boudry und 1927 der Flugplatz. Im 1969 errichteten Sekundarschulzentrum werden die Schüler von Colombier, Cortaillod, Boudry, Bôle, Rochefort und Auvernier unterrichtet. Colombier ist heute ein Wohnort, der nur wenige Industriebetriebe aufweist und vor allem von der Versorgung der Kaserne lebt.

Quellen und Literatur

  • P. Ribaux, G. de Boe, «La villa romaine de Colombier, fouilles récentes et nouvelles évaluations», in ArS 7, 1984, 79-87
  • H. Kett et al., Colombier, 1991
Von der Redaktion ergänzt
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Zitiervorschlag

Germain Hausmann: "Colombier (NE)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.08.2016, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007616/2016-08-24/, konsultiert am 17.04.2024.