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Stans

Politische Gemeinde des Kantons Nidwalden. Stans liegt am Ausgang des Engelbergertals am Nordfuss des Stanserhorns und erstreckt sich über die Schwemmebene des Aawassers bis an den Bürgenstock und den Ennerberg. 1100 Tannis, 1124 bis ins 14. Jahrhundert Stannes/Stannis (selten Stagnes/Stagnis). Vor 1798 Haupt- und Gerichtsort, 1798 zunächst Hauptort des Kantons Unterwalden, dann 1798-1803 Distriktshauptort im Kanton Waldstätten. Ab 1803 Hauptort des Halbkantons Nidwalden, seit 1999 des Kantons Nidwalden. Stans ist Sitz der kantonalen Behörden und der Verwaltung sowie kulturelles und wirtschaftliches Zentrum Nidwaldens.

Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Stans

Jahr174317501755176917991836
Einwohner der Pfarrei3 8334 0833 7593 4613 7544 598
       
Jahr18501870a18881900191019301950197019902000
Einwohner1 8772 0842 4582 7982 9442 9163 9925 1806 2176 983
Anteil an Kantonsbevölkerung16,6%17,8%19,6%21,4%21,4%19,4%20,6%20,2%18,8%18,8%
Sprache          
Deutsch  2 4412 7422 8842 8423 8454 8005 6806 395
Italienisch  1340293470252180141
Französisch  312263546252838
Andere  145531103329409
Religion, Konfession          
Katholischb1 8712 0502 4412 7492 8882 8253 6014 7305 1625 354
Protestantisch61817495488389425705756
Andere 2  23225350873
davon jüdischen Glaubens        1 
davon islamischen Glaubens        122207
davon ohne Zugehörigkeitc       12162358
Nationalität          
Schweizer1 8622 0402 4052 6862 7852 7863 8624 7615 6296 256
Ausländer153053112159130130419588727

a Einwohner: Wohnbevölkerung; Religion, Nationalität: ortsanwesende Bevölkerung

b 1888-1930 einschliesslich der Christkatholiken; ab 1950 römisch-katholisch

c zu keiner Konfession oder religiösen Gruppe gehörig

Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Stans -  Autor; eidgenössische Volkszählungen

Urgeschichte und Frühmittelalter

Der älteste Streufund, ein Bronzedolch, stammt aus der mittleren Bronzezeit, was auf eine Begehung zu jener Zeit schliessen lässt. Das Mädchengrab aus der Latènezeit (2. Jh. v.Chr.), das bei der Kirche entdeckt wurde, ist der einzige Hinweis auf eine eventuelle eisenzeitliche Besiedlung der Region. Es belegt vielleicht auch ein hohes Alter des Sakralorts. Namenskundliche Erkenntnisse und weitere Funde aus der römischen Zeit wie Tonscherben im Kirchenbereich und Urnengräber in Oberdorf zeigen, dass auch in keltischer und römischer Zeit eine Siedlung bestand. Eine voralemannische Herkunft des Ortsnamens Stans ist sicher, eine vorrömische Herkunft kann angenommen werden. Die Tatsache, dass ein vorrömischer Name erhalten blieb, belegt die Siedlungskontinuität.

Aus dem Frühmittelalter sind ein Steinkistengrab und ein Gräberfeld bekannt. Ein steinerner Vorgängerbau der Pfarrkirche kann ins 8. Jahrhundert datiert werden. Die Bedeutung der Kirche in Stans wird auch durch die Nachfolgebauten aus karolingischer und ottonischer Zeit unterstrichen.

Vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Kirche, Pfarrei und Klöster

Die Pfarrkirche St. Peter ist die älteste Kirche in Nidwalden. Die Pfarrei umfasste ursprünglich das gesamte Engelbergertal. Gegründet wurde sie vermutlich als eigenkirchliche Stiftung einer alemannischen Adligenfamilie. Um 1100 hielt das Kloster Muri zwei Drittel des Kirchensatzes, das letzte Drittel kam in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts an das Kloster Engelberg. Dies führte zu langem Streit zwischen den beiden Klöstern. 1270 wurde die Kirche gegen den Willen Muris dem Kloster Engelberg inkorporiert, die dauerhafte Inkorporation scheiterte aber am hartnäckigen Widerstand der Kirchgenossen. 1462 sprachen die eidgenössischen Schirmorte des Klosters Engelberg, Luzern, Uri, Schwyz und Unterwalden, den Kirchgenossen das Recht auf freie Pfarrwahl zu. 1148 wurde das Patronatsrecht von Engelberg von jenem von Stans getrennt. Infolge der Bedeutungszunahme der Ürten (Korporationen) kam es ab dem 15. Jahrhundert zu weiteren Abkurungen: 1469 Wolfenschiessen (Filialkirche seit 1277), 1621 Hergiswil und 1768 die Kaplaneigemeinde Kehrsiten.

Die heutige dreischiffige Kirche wurde 1641-1647 von Jakob Berger von Sursee gebaut. Die nach Osten ausgerichtete Vorgängerkirche wurde abgerissen, der Neubau nach Süden gedreht und der romanische Kirchturm aus dem 12. Jahrhundert der neuen Kirche angegliedert.

Die katholische Reform hatte in Stans durch den Einfluss von Landammann Melchior Lussi und seine Beziehungen zu Karl Borromäus grosse Auswirkungen. Lussi liess 1582 Kapuziner ins Tal kommen und stiftete ihnen in Stans ein Kloster, das sie 1584 bezogen. 1592 folgten Kapuzinerinnen, die zuerst nur geduldet wurden, bis ihnen die Landsgemeinde 1618 ein Kloster bewilligte. Die heutigen Klosterkirchen wurden 1625 (Frauen) bzw. 1683 (Männer) gebaut.

Herrschaft und Gemeindebildung

Das Kloster Murbach-Luzern hatte seit dem Landesausbau bedeutenden grundherrlichen Besitz in Stans. Daneben lässt sich Streubesitz der Klöster Muri und Engelberg nachweisen. Der Besitz Murbach-Luzerns bestand gemäss einer Quelle aus dem 14. Jahrhundert aus einer vollen Grundherrschaft mit Meier-, Keln- und Schweighof, 18 Erblehen und 30 zinspflichtigen Gütern. Zentrum war der Wohnturm in der Rosenburg, der im Besitz der Meyer von Stans war. 1291 kaufte König Rudolf I. von Habsburg die grundherrlichen Rechte Murbach-Luzerns. Nach 1300 war Stans in der Reichsvogtei Waldstätten Gerichtsort in Unterwalden. Nach dem Niedergang der Reichsvogtei ab 1330 versuchte das Kloster Engelberg, seine Grundherrschaft in Stans mit umfangreichen Güterkäufen zu sichern und auszubauen, konnte sich aber gegen Lokaladlige und aufstrebende Grossbauern nicht durchsetzen.

Neben den Herrschaften bestanden eine Ürte und eine Pfarrei. Letztere wird erstmals 1261 erwähnt und besass 1291 ein eigenes Siegel, das später als Landessiegel Nidwaldens diente. Die Ürte dürfte im Hochmittelalter aus pfarrgenossenschaftlichen Strukturen entstanden sein, wobei vielleicht auch Wuhrgenossenschaften am Aawasser eine Rolle spielten. Die früher mitunter postulierte frühmittelalterliche Markgenossenschaft lässt sich nicht belegen. Während die Pfarrei mehrere Dörfer umfasste, war die Ürte bereits 1370 auf das Dorf Stans und auf das nahe Umland beschränkt. Ihre Bedeutung nahm nach der Auflösung der Reichsvogtei und dem Rückzug der Landesherrschaft parallel zu derjenigen des Landes Nidwalden zu. Von der Ürte zu unterscheiden sind die Dorfleute, die ab dem späten 15. Jahrhundert sechs Vertreter in den Landrat und einen Vertreter ins Elfergericht stellten. Im 17. Jahrhundert begannen sich Ürte und Dorfleute gegen Neuzuzüger abzugrenzen. Ab 1641 waren nur noch Genossen der Ürte voll stimm- und wahlberechtigt, 1695 wurde der Einkauf neuer Geschlechter verboten.

Bevölkerung und Siedlung

Die Bevölkerungszahlen vor 1750 können nur geschätzt werden. In den Pestzügen des 15. und 16. Jahrhunderts starben in der Pfarrei Stans jeweils mehrere Hundert Menschen, woraus sich eine Bevölkerungszahl von 2000-3000 Personen hochrechnen lässt. Kommunikantenzählungen zeigen für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Bevölkerungsabnahme von 8%. Dies ist auf Abkurungen von Pfarreien sowie auf die kriegerischen Ereignisse von 1798 zurückzuführen, als 186 Personen umkamen und 52 Gebäude abbrannten.

Ansicht von der Anhöhe Kniri in Richtung Buochs. Kolorierte Umrissradierung von Heinrich Thomann, um 1790 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Ansicht von der Anhöhe Kniri in Richtung Buochs. Kolorierte Umrissradierung von Heinrich Thomann, um 1790 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Stans war ein typisches Kirchendorf, das um Pfarrkirche und Rathaus wuchs. Es entwickelte sich zwar nicht zur befestigten Stadt, muss jedoch im Spätmittelalter mit angeblich sieben "Burgen" (Steinhäusern) einen städtischen Eindruck gemacht haben. Grosse Auswirkungen auf den Dorfkern und das Strassennetz hatte die Umgestaltung des Kirchenbezirks in den 1640er Jahren. 1713 legte ein Dorfbrand 81 Gebäude in Asche. Mit dem von den Stadtluzerner Werkmeistern Josef Aebi und Ludwig Gassmann geplanten Wiederaufbau bekam der Dorfkern ein offeneres Gepräge: Der heutige grosszügige Dorfplatz und die angrenzenden Gebäude wurden auf abgebrannten Häuserzeilen nach einem verbindlichen Gesamtplan angelegt.

Dörfliche Wirtschaft und Gesellschaft

Flurnamen belegen, dass bis ins Spätmittelalter noch Ackerbau betrieben wurde, jedoch fehlen namenkundliche Belege für Gärten fast völlig. Eine Zelgverfassung konnte offenbar nicht entstehen. Ab dem 16. Jahrhundert wurde der Ackerbau vollständig verdrängt. Bis ins 19. Jahrhundert herrschten Viehwirtschaft, Käse- und Holzexport sowie Nussanbau vor. Stans war als regionaler Markt- und Gewerbeort wichtig. Vermutlich bestand vom 13. Jahrhundert an ein Jahrmarkt, der 1456 durch die Landsgemeinde mit einem Marktfrieden geschützt wurde. Ab dem 15. Jahrhundert lassen sich Kleingewerbe und Handwerk nachweisen. Im 1415 errichteten Rathaus war eine Metzgerstube untergebracht und in der Schmiedgasse entstand in der Nähe des Dorfkerns, aber deutlich von den herrschaftlichen Häusern abgetrennt, ein Handwerkerbezirk.

Im Mittelalter waren wohl die Genossenschaften bestimmend für das soziale Leben. Klösterliche Hof-, Pfarr- und Ürtegenossen sowie Dorfleute besassen ein unterschiedliches soziales Prestige. Ab dem 16. Jahrhundert sind zunftähnliche Handwerksbruderschaften (Crispinianer-, Xaverianer- und Josefsbruderschaft) sowie eine Fasnachtsbruderschaft nachweisbar. Dazu kommen ab dem 17. Jahrhundert die Gebets- und die Älplerbruderschaft. Ab 1498 ist ein Siechenhaus belegt, spätestens ab 1582 bestand ein kleines Armenspital im Besitz der Pfarrgenossen.

Bildung und kulturelles Leben

Eine Schule bestand vermutlich bereits um 1500. Dabei dürfte es sich um eine Knabenschule gehandelt haben, spricht die Schulregel von 1690 doch nur von Knaben. Die Kapuzinerinnen betrieben ab 1592 eine Mädchenschule. Die 1749 in Stans eröffnete Lateinschule führten die Kapuziner ab 1778 als Schule für ganz Nidwalden. 1799 leitete Johann Heinrich Pestalozzi im Kloster St. Klara ein viel beachtetes Waisenhaus für Kinder, die während des Franzoseneinfalls 1798 ihre Eltern verloren hatten. Der Kirchenschatz wurde 1798 zu einem grossen Teil von französischen Soldaten geraubt.

Ein ausserordentlicher Kunstzweig entstand im 17. Jahrhundert mit dem Stickereihandwerk im Kloster St. Klara. Als Goldschmiede betätigten sich die Familien Leuw, Trachsler und von Matt, als Maler die Obersteg. Die (Wohn-)Kultur der Magistratenfamilien ab dem 16. Jahrhundert zeigt sich in zwei repräsentativen Patriziersitzen, dem Winkelriedhaus und der Rosenburg. Die italienischen Einflüsse in beiden Häusern verweisen auf die Handelsbeziehungen mit der Lombardei. Am wenigsten fassbar ist die populäre Kultur. Bekannt sind Bittgänge und Wallfahrten der Dorfleute unter anderem nach Einsiedeln, Sachseln und Niederrickenbach sowie Bräuche wie Neujahrssingen, Schützen-, Älpler- und Bruderschaftsfeste.

19. und 20. Jahrhundert

Politisch-administrative Entwicklung

Die Ürte und die Dorfleute, die bis 1798 und dann wieder 1803-1850 die Dorfpolitik dominierten, verloren mit der Kantonsverfassung von 1850 ihre politischen Rechte. Diese gingen auf die neu errichtete Bezirksgemeinde, die heutige politische Gemeinde, über. Die Ürte behielt allerdings ihren Landbesitz und verwaltete ihr Vermögen weiterhin selbst. Wie die Ürte musste auch die Pfarrei Aufgaben abgeben, insbesondere in den Bereichen Armenpflege und Bildung. Bereits 1811 wurde die Armengemeinde Stans gegründet, die gebietsmässig der Pfarrei entsprach. Mit der Revision der Kantonsverfassung 1877 wurde die Armengemeinde dann zur autonomen kommunalen Körperschaft, 1980 wurde sie aufgelöst und ihre Aufgaben von der politischen Gemeinde und dem Kanton übernommen. Ebenfalls 1877 wurde die Schulgemeinde Stans-Oberdorf ins Leben gerufen, von der sich 1968 die Schulgemeinde Oberdorf abtrennte. 2010 wurde die Fusion von politischer Gemeinde und Schulgemeinde beschlossen.

Die politische Gemeinde setzte sich 1850 aus den vier Bezirken Stans (Dorf), Kniri, Niederdorf und Mettenweg zusammen. Der Gemeinderat (Exekutive) umfasste zunächst elf Mitglieder, wobei fünf aus dem Dorf und je zwei aus den übrigen drei Bezirken stammten. 1996-2004 wurde der Gemeinderat schrittweise auf sieben Mitglieder verkleinert. Bis in die 1950er Jahre waren Liberale und Katholisch-Konservative etwa gleich stark vertreten. Die im Zweiten Weltkrieg zugezogenen bzw. im Rahmen des Reduitbaus nach Stans versetzten Industrie- und Facharbeiter brachten neue politische Ansichten mit. Eine sozialdemokratische Partei wurde 1942 gegründet und war 1952-1974 im Gemeinderat vertreten, das Demokratische Nidwalden (heute Grüne) ab 1994. Der Gemeinderat setzte sich 2011 aus je drei Vertretern der CVP und der FDP sowie einem Grünen zusammen. Die Gemeindeversammlung bildete die Legislative.

Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung

Ab etwa 1770 wuchs die Bevölkerung langsam, ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gleich stark wie im gesamten Kanton. Das Wachstum blieb bis 1870 im Vergleich zur Schweiz insgesamt aber unterdurchschnittlich. Das Aufkommen des Tourismus Ende des 19. Jahrhunderts führte zu einem etwas stärkeren Bevölkerungswachstum, das sich infolge der Ansiedlung von Industriebetrieben in den 1930er Jahren beschleunigte. Seither ist das Bevölkerungswachstum auch wegen der Steuerpolitik konstant hoch. Mit dem Autobahnbau ab 1958 stieg die ausländische Wohnbevölkerung markant an, wobei ihr Anteil aber insgesamt unter dem Schweizer Durchschnitt blieb (2010 10,2%).

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts präsentierte sich Stans noch weitgehend als geschlossenes Dorf. Die ausserhalb des Dorfkerns gelegenen Ortsteile wiesen eine lockere Einzelhofbebauung auf. Die Dorfanlage veränderte sich ab den 1940er Jahren. Entlang der Ausfallstrassen und in der Ebene entstanden Siedlungen für die neu zugezogenen Arbeiter, so 1942 etwa die Wohnbaugenossenschaft Tottikon oder 1943 die Wohnhäuser des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbands. Ein ehrgeiziger Bebauungsplan von 1940, der auf grossen Teilen der Allmend Erweiterungsgebiete vorsah, blieb jedoch Utopie. Der Anschluss der Eisenbahn an die Brüniglinie 1964 und die Eröffnung der Autobahn 1966 rückten Stans in Pendlerdistanz zu Luzern. Es entstanden neue Siedlungen sowie Industriegebiete an den Autobahnanschlüssen. Während das Dorf nach aussen wuchs, erfuhr der Dorfkern bescheidenere Veränderungen. Der grosszügige Dorfplatz wurde belassen, erhielt aber mit dem 1865 eingeweihten Winkelrieddenkmal von Ferdinand Lukas Schlöth und dem 1933 eröffneten Neubau der Kantonalbank neue prägende Elemente. Bauliche Akzente setzten daneben die öffentliche Hand mit Verwaltungs- und Dienstleistungsbauten sowie der Tourismus, zum Beispiel mit dem Hotel Adler (1895).

Wirtschaft und Verkehr

Strecke der Standseilbahn und das Hotel Stanserhornkulm, um 1893. Aufnahme des Zürcher Fotostudios Ed. Schroeder & Cie. (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Strecke der Standseilbahn und das Hotel Stanserhornkulm, um 1893. Aufnahme des Zürcher Fotostudios Ed. Schroeder & Cie. (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern). […]

Im 19. Jahrhundert herrschte in Stans Landwirtschaft vor. Wichtige Einkommenszweige waren Viehzucht, Milchwirtschaft und insbesondere Käseexport, Vieh- und Holzhandel. Der Dienstleistungssektor hatte in Stans eine gewisse Bedeutung, auch wenn die kantonale Verwaltung bis in die 1960er Jahre bescheiden blieb. Veranlasst durch den liberalen Aufbruch in den 1820er und 1830er Jahren, wurde 1827 die Ersparniskasse Nidwalden mit Sitz in Stans gegründet. 1879 folgte die Kantonale Spar- und Leihkasse (seit 1909 Nidwaldner Kantonalbank). Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Tourismus zu einem wirtschaftlichen Faktor, der auch Frauen neue Verdienstmöglichkeiten brachte. Die Tourismuspioniere Franz Josef Bucher und Josef Durrer trieben den Aufbau einer touristischen Infrastruktur energisch voran, tatkräftig unterstützt von der Dorfelite. 1893 bauten sie ein Gipfelhotel und eine Standseilbahn auf das Stanserhorn und erweiterten die Anlage mit einer elektrischen Strassenbahn, die Touristen von der Schiffsstation in Stansstad zur Talstation transportierte. Insgesamt blieb der Tourismus relativ bescheiden, er brachte aber mit der ersten Bahnverbindung nach Stansstad 1893 und der Elektrifizierung den Anschluss an das schweizerischen Verkehrsnetz. 1898 wurde die Bahnlinie neu gebaut und bis nach Engelberg verlängert, 1895 erfolgte der Anschluss an das Telefon-, 1905 an das Elektrizitätsnetz. 1894 wurde die Trinkwasserversorgung in Betrieb genommen.

Anton Frey-Näpflin im neuen Teil des Museums der Frey-Näpflin-Stiftung am 23. Oktober 2008 © KEYSTONE / Sigi Tischler.
Anton Frey-Näpflin im neuen Teil des Museums der Frey-Näpflin-Stiftung am 23. Oktober 2008 © KEYSTONE / Sigi Tischler. […]

Gründe für die späte Ansiedlung von Industrie waren die lange schlechte Verkehrslage (fehlender Seeanstoss) und die ablehnende Haltung der einflussreichen Familien, die sich aus politischen und religiösen Gründen gegen die Arbeiterschicht wehrten. Prägend für die Entwicklung war 1939 die Gründung der Pilatus Flugzeugwerke und die Eröffnung des Flugplatzes auf der Buochser Allmend. 1964 wurde die Eisenbahn bis nach Luzern verlängert (Luzern-Stans-Engelberg-Bahn), 1966 folgte der Anschluss an die Autobahn. Die jetzt hervorragende Verkehrserschliessung lockte weitere Unternehmen aus den Sparten Drucktechnik, Maschinenbau, Informatik und Elektronik sowie im Dienstleistungsbereich an. 2005 bot der 1. Sektor nur noch 1,2% der Arbeitsplätze in der Gemeinde. Im Ort befinden sich das Einkaufszentrum Länderpark (1980 eröffnet), das Kantonsspital (1866, Neubauten 1908 und 1966), die Kantonsschule (1778, Gymnasium der Kapuziner 1877), das Nidwaldner Museum (1872), das Museum der 2004 gegründeten Frey-Näpflin-Stiftung, die Kantonsbibliothek (1971) sowie die Schul- und Gemeindebibliothek (1996, Volksbibliothek ab 1976).

Gesellschaft

Während der kriegerischen Ereignisse von 1798 war die Bevölkerung von den Verwüstungen betroffen und die Einquartierung französischer Truppen machte ihr zu schaffen. Die Hungerkrise 1816-1817 stürzte ebenfalls Teile der Bevölkerung ins Elend, auch wenn sie nicht ganz so gravierend ausfiel wie beispielsweise in der Ostschweiz. Die Obrigkeit war der Krise nicht gewachsen, nur private Initiativen, etwa die Gründung einer Hilfsgesellschaft, die Kartoffel- und Getreideanbau propagierte, brachten Linderung. Nach der Krise konnte sich die Hilfsgesellschaft nicht halten, die Bevölkerung kehrte rasch zur vertrauten Wirtschaftsweise zurück. Armut blieb bis in die 1940er Jahre ein bekanntes Phänomen.

Bis 1850 bestand eine scharfe Trennlinie zwischen Dorfleuten und Beisassen, zu denen oft Knechte und Mägde, Handwerker, Gesellen und Taglöhner gehörten. Ihnen war sozialer Aufstieg bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts kaum möglich. Die Oberschicht bestand noch fast ausschliesslich aus Vertretern der alten Patriziergeschlechter, die als kapitalkräftige Kreditgeber weiterhin grossen Einfluss ausübten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sie ergänzt durch erfolgreiche Händler und Akademiker, die in führende Stellungen aufstiegen. Im 20. Jahrhundert kamen Vertreter von Industrie und Gewerbe sowie kantonale Chefbeamte hinzu. Die Mittelschicht setzte sich vor allem aus Bauern und Handwerkern zusammen, zu denen sich ab dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts zunehmend Angestellte und Facharbeiter gesellten.

Kirche und religiöses Leben, Bildung und Kultur

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts umfasste die Pfarrei Stans die Dörfer Dallenwil, Oberdorf, Stansstad und Ennetmoos. Dallenwil wurde 1923, Stansstad 1958, Obbürgen (in Stansstad) und Ennetmoos 1972 abgekurt. Büren (in Oberdorf) wurde 1864 Kaplanei. 1898 erfolgte die Gründung der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Stans, der heute auch die reformierten Einwohner von Stansstad, Ennetmoos, Oberdorf, Dallenwil und Wolfenschiessen angehören. Die evangelisch-reformierte Kirche wurde 1933-1934 erbaut. Das Kapuzinerkloster wurde 2004 wegen Nachwuchsproblemen aufgehoben, nachdem der Kanton das von den Kapuzinern geführte Gymnasium bereits 1988 übernommen hatte und seither als Kantonsschule führt.

Eine Zeichnungsschule (Vorläuferin der Berufsschule) wurde 1852 auf privater Basis und mit Unterstützung der Ersparniskasse ins Leben gerufen. 1859 folgte eine Sekundarschule für Knaben, 1871 eine Fortbildungsschule für Mädchen. Nach der Gründung der Schulgemeinde wurden 1878-1879 auch ein neues Primarschulhaus für Knaben und 1896-1898 eines für Mädchen gebaut. Mit der Freien Volksschule Nidwalden bestand seit 1981 in Stans eine Privatschule, die neue pädagogische Konzepte verfolgte. Nachdem diese in die öffentliche Schule integriert waren, schloss sie 1994 aus finanziellen Gründen.

Plakat für die Stanser Musiktage, 2006 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die Stanser Musiktage, 2006 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Neben die Schützengesellschaft und die Theatergesellschaft traten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Beispiel die Frohsinngesellschaft (eine Fasnachtsgesellschaft) oder der Historische Verein. Wichtig für die Integration Nidwaldens in den Bundesstaat war die Ausrichtung des eidgenössischen Schützenfestes 1861, das liberale Kreise gegen den Widerstand konservativer Kräfte nach Stans holten. Das 19. Jahrhundert kannte bedeutende Stanser Künstler wie den Kirchenmaler Melchior Paul von Deschwanden, der die religiöse Kunst der Schweiz im 19. Jahrhundert mitprägte, seinen Schüler Theodor von Deschwanden sowie Vertreter aus der Familie Keyser (oder Kaiser). Den kulturellen Aufbruch nach dem Ersten Weltkrieg verkörperten unter anderen Hans und Annemarie von Matt sowie weitere Mitglieder der Familien von Matt oder Stöckli. Ausdruck des aktuellen kulturellen Schaffens sind die seit 1994 durchgeführten Stanser Musiktage oder die aktive Kunst- und Theaterszene (1969 Chäslager).

Quellen und Literatur

  • GemA Stans
  • Kath. PfarrA Stans
  • Korporationsarchiv Stans
  • StANW
  • H. Ammann, «Die Talschaftshauptorte der Innerschweiz in der ma. Wirtschaft», in Gfr. 102, 1949, 105-144
  • Kdm Unterwalden, 21971, 755-975
  • L. Steiner-Barmettler, «Der Dorfbrand von Stans 1713», in BGN 39, 1980, 9-94
  • H. von Matt, Kunst in Stans - 1900, 1982
  • F. Kaiser, Stans um die Jahrhundertwende, 1983
  • M. Keller, Armut im Kt. Nidwalden, 1850-1900, Liz. Freiburg, 1987
  • H. Achermann, Das Höfli oder die Rosenburg in Stans NW, 1988
  • A. Cueni, L. Meyer-Hofmann, Die anthropolog. Befunde: Stans Pfarrkirche St. Peter und Paul, Ausgrabungen 1984/85, Ms., 1989 (StANW)
  • R. Odermatt-Bürgi, Pfarrkirche St. Peter und Paul in Stans NW, 1989
  • Frauenleben in Stans, 1998
  • INSA 9, 217-293
  • A. Hug, V. Weibel, Nidwaldner Orts- und Flurnamen, 5 Bde., 2003
  • Kapuziner in Nidwalden, 1582-2004, 2004
  • D. Krämer, "Wenn ich nicht so Mager wäre, so hätte ich forcht, ich wurde von denen Armen Leiten aufgefressen", Liz. Bern, 2005
  • M. Näpflin, Frömmigkeitspraxis in Nidwalden zwischen 1570 und 1800, Liz. Bern, 2006
  • Zugluft, Ausstellungskat. Stans, 2008
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Emil Weber: "Stans", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.04.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000755/2012-04-19/, konsultiert am 28.03.2024.