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Wallisellen

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Bülach, die in der Agglomeration Zürich im mittleren Glatttal liegt und seit 1916 auch Rieden umfasst. Zwischen 874 und 887 Wolasselda, 1153 Walaseldon. 1467 ca. 95 Einwohner; 1634 271; 1762 531; 1850 574; 1900 1022; 1950 5202; 1960 8601; 2000 11'939.

Grabfunde auf dem Föhrlibuck und beim Neugut aus der mittleren Bronze- bzw. der älteren Eisenzeit belegen eine frühe Besiedlung der Gegend. Ausserdem wurden frühmittelalterliche Flachgräber entdeckt. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts gehörte ein grosser Hof dem Chorherrenstift Grossmünster, im 12. Jahrhundert waren das Kloster St. Martin auf dem Zürichberg und das Fraumünsterstift in Wallisellen begütert. Im 11. und 12. Jahrhundert besassen die Grafen von Lenzburg die Vogtei über Wallisellen. Nach deren Aussterben 1173 kamen Hoch- und Niedergericht an die Grafen von Kyburg und 1264 an die Habsburger. Mit der Herrschaft Kyburg gelangte Wallisellen 1424 bzw. 1452 an Zürich und war bis 1798 Teil des Unteren Amts der Landvogtei Kyburg. Wallisellen bildete schon früh eine selbstständige Dorfschaft; 1528 erhielt es eine Offnung, 1564 einen Einzugsbrief. Im Ancien Régime lag der Ort an der Landstrasse Zürich-Winterthur, die bei der Herzogenmühle die Glatt überquerte. Die 1293 erstmals erwähnte Herzogenmühle lag auf Walliseller Gebiet, war aber bis 1931 nach Schwamendingen schul- und kirchgenössig. Die Stadtnähe begünstigte im 17. Jahrhundert die Woll- und Seidenverarbeitung für Zürcher Verleger; auch waren einige Einwohner als Lohnarbeiter in der Stadt beschäftigt. 1798 wurde Wallisellen selbstständige Munizipalgemeinde im Distrikt Bassersdorf. Der Ort gehörte 1803-1814 und ab 1831 zum Bezirk Bülach, dazwischen 1814-1831 zum Oberamt Embrach.

Kirchlich zählte Wallisellen vom Frühmittelalter an zur Pfarrei Kloten. Um 1370 bestanden in Wallisellen und in Rieden Filialkapellen. Das Filialverhältnis zu Kloten und damit die Abhängigkeit vom Kloster Wettingen blieben nach der Reformation bestehen. Auf Gesuch der Kirchgenossen bewilligte der Rat von Zürich 1704 die Errichtung einer Kirchgemeinde, die in Ermangelung eines Pfarrhauses von Zürich aus versehen wurde. Die Kollatur besass der Kleine Rat von Zürich. 1866 wurde ein Pfarrhaus errichtet, 1906-1908 erfolgte der Bau einer repräsentativen Kirche im Jugendstil, mit Elementen des Heimatstils, durch die Architekten Robert Bischoff und Hermann Weideli; die beim Ortskern gelegene Kapelle wurde 1931 abgebrochen. Die katholische Kirche St. Antonius wurde 1957-1958 erstellt.

Einkaufszentrum Glatt am Eröffnungstag. Fotografie von Hans Krebs, 2. Februar 1975 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Bestand Comet Photo AG).
Einkaufszentrum Glatt am Eröffnungstag. Fotografie von Hans Krebs, 2. Februar 1975 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Bestand Comet Photo AG). […]

Eckpfeiler der Industrialisierung bildeten die peripher an der Glatt gelegenen Textilfabriken Herzogenmühle (1817) und Neugut (1840). Die 1841-1842 neu angelegte Winterthurerstrasse südlich des Dorfs, die 1855 eröffnete Bahnlinie Oerlikon-Winterthur und die von dieser in Wallisellen seit 1856 abzweigende Linie nach Uster beschleunigten die wirtschaftliche und bauliche Entwicklung. Das Geschäftszentrum verschob sich allmählich vom Dorfkern ins Bahnhofquartier. Ab 1900 siedelten sich Betriebe verschiedener Branchen im Industriegebiet südlich der Bahnlinie an. Die 1916 erfolgte politische und kirchliche Angliederung Riedens an Wallisellen ermöglichte gemeinsame Infrastrukturen der beiden Ortschaften, die in den 1960er Jahren zusammenwuchsen. 1930 arbeiteten nur noch 6% der Erwerbstätigen im 1. Sektor. Nach dem Zweiten Weltkrieg bewirkten die Flughafennähe und der Anschluss ans Nationalstrassennetz (1972) ein bauliches und industrielles Wachstum, das durch attraktive Steuerverhältnisse begünstigt wurde. Das auf Automobilisten ausgerichtete Einkaufszentrum Glatt (1975) wies Pioniercharakter auf. 1985 verzeichnete Wallisellen 7715 Arbeitsplätze, von denen 46% dem 2. und 53% dem 3. Sektor zuzurechnen waren. 2005 war die Zahl der Arbeitsplätze mit 12'074 immer noch hoch; der Dienstleistungssektor dominierte jetzt mit 75% der Arbeitsplätze klar. Der Bau der neuen Glatttalbahn, die Wallisellen seit 2010 mit Dübendorf-Stettbach und dem Flughafen verbindet, leitete einen Entwicklungsschub ein. Der Bahnhofsbereich erhielt durch die Zentrumsüberbauung Mittim eine neue Gestalt. Südlich der Bahnlinien wurde in den brachliegenden Industriearealen Neugut (Zwicky), Integra und Richti nach 2005 mit weiteren Grossprojekten vielfältiger Wohn- und Arbeitsraum geschaffen.

Quellen und Literatur

  • Gesch. der Gem. Wallisellen, 1952
  • P. Nussberger, E. Schneiter, Bezirkschroniken des Kt. Zürich 5, 1962, 107-113
  • F. Bodenmann et al., Verzelle vo Walliselle, Gesch. der Gem. Wallisellen vom Zweiten Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende, 2002
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Ueli Müller: "Wallisellen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.08.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000057/2013-08-07/, konsultiert am 29.03.2024.