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CarlVogt

5.7.1817 Giessen, 5.5.1895 Plainpalais (heute Gemeinde Genf), atheistisch, aus Hessen, 1846 von Erlach, 1861 von Plainpalais. Sohn des Philipp Friedrich Wilhelm (->). Bruder von Adolf (->), Emil (->) und Gustav (->). 1854 Anna-Maria Michel, Tochter des Peter, Hoteliers. Seit seiner Jugend verband Carl Vogt wissenschaftliche Arbeit mit republikanischem Engagement. Ab 1833 studierte er in Giessen Medizin, dann besuchte er ab 1834 die Chemievorlesungen von Justus von Liebig. Aufgrund seiner liberal-demokratischen Überzeugungen und politischen Aktivitäten wurde er 1835 von den Justizbehörden verfolgt, worauf er nach Strassburg, später nach Bern flüchtete. Hier promovierte er 1839 in Medizin. 1839-1844 war er Assistent von Louis Agassiz in Neuenburg und bildete sich 1844-1846 in Paris sowie 1844-1847 in Nizza fort. 1847-1849 war der Befürworter empirischer Forschung Professor für Zoologie an der Universität Giessen. Vogt beteiligte sich an der Revolution von 1848, wurde in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt und hielt 1848 seine berühmte Rede über die Trennung von Kirche und Staat. Mit dem Rumpfparlament zog er sich nach Stuttgart zurück und wirkte als einer der fünf Reichsregenten.

Nach der Niederschlagung der Revolution musste Vogt im Sommer 1849 nach Bern flüchten, wo seine Eltern lebten. 1852 liess er sich in Genf nieder und wurde Professor für Geologie an der dortigen Akademie. Vogt lancierte einen publizistischen Angriff gegen Karl Marx, den er beschuldigte, ein Agent von Österreich zu sein. Zudem stellte er die Kommunisten als Fälscher dar, welche die Menschen mit Schalmeienklängen verführten. Marx antwortete mit dem Pamphlet «Herr Vogt» (1860). Darin beschuldigte er nun seinerseits Vogt, ein bezahlter Agent im Dienst des Kaisers Napoleon III. zu sein. In Genf gehörte Vogt 1856-1862, 1870-1876 und 1878-1880 dem Grossen Rat an und sass 1856-1861 und 1870-1871 im Ständerat sowie für die Radikalen 1878-1881 im Nationalrat. Er wirkte 1872-1895 als Professor für Paläontologie, Zoologie und vergleichende Anatomie, spielte 1873 bei der Gründung der Universität Genf eine wichtige Rolle und war 1874-1875 deren erster Rektor. 1857-1895 präsidierte er das Institut national genevois.

Als Verfechter der Freiheit und der Volkssouveränität vertrat Vogt einen wissenschaftlichen Materialismus, während er metaphysische Ansätze heftig bekämpfte. Er setzte sich für die Verbesserung der universitären Lehre ein und kümmerte sich um die Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Seine «Vorlesungen über den Menschen [...]» (1864) stellen eine systematische Abhandlung der darwinistischen Anthropologie dar. Bezüglich der Evolutionsetappen vom Affen zum Menschen suchte er wie in seiner Schrift «Über die Mikrocephalen oder Affen-Menschen» (1867) nach Antworten, die Anfang des 21. Jahrhunderts als überholt und rassistisch gelten.

Quellen und Literatur

  • Teilnachlässe in: AEG, BGE
  • Gruner, Bundesversammlung 1, 973 f.
  • Carl Vogt (1817-1895), hg. von J.-C. Pont et al., 1998 (mit Werkverz.)
  • H. Berding, «Carl Vogt (1817-1895)», in Reich, Regionen und Europa in MA und Neuzeit, hg. von P.-J. Heinig, 2000, 479-496
  • G.K. Judel, «Der Liebigschüler Carl Vogt als Wissenschaftler, Philosoph und Politiker», in Giessener Universitätsbl. 37, 2004, 51-56
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Sarah Scholl: "Vogt, Carl", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.01.2015, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003899/2015-01-05/, konsultiert am 29.03.2024.