de fr it

LesEaux-Vives

Ehemalige politische Gemeinde des Kantons Genf, die 1931 der Stadt Genf angegliedert wurde. Les Eaux-Vives liegt am linken Ufer des Genfersees und umfasst die Quartiere Les Contamines, Florissant, Malagnou, Montchoisy, Villereuse, Les Vollandes und die Siedlungen Les Allières, La Grande Boissière sowie La Petite Boissière, La Cuisine und Grange-Canal. 1442 iuxta nontum Fontium Vivorum. 1850 2000 Einwohner; 1900 11'872; 1930 20'917.

Einer der letzten Kalander am Ufer des Genfersees. Mit V.R. signiertes Ölgemälde, datiert auf das Jahr 1842 (Bibliothèque de Genève).
Einer der letzten Kalander am Ufer des Genfersees. Mit V.R. signiertes Ölgemälde, datiert auf das Jahr 1842 (Bibliothèque de Genève). […]

Der Name Les Eaux-Vives geht auf einen Ort unterhalb von Montchoisy – dort entsprangen zahlreiche Quellen, die Genf mit Trinkwasser versorgten – zurück. Mehrere Seeufersiedlungen aus der Jungstein- und der Bronzezeit. 1888 wurde im heutigen Parc de la Grange eine Villa aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. entdeckt. Die älteste bekannte Darstellung von Les Eaux-Vives befindet sich auf dem Altarbild «La pêche miraculeuse» in der Kathedrale Saint-Pierre, das 1444 von Konrad Witz gemalt wurde. Vor der Reformation gehörte das Gebiet von Les Eaux-Vives zur Pfarrei Madeleine. 1727 wurde Les Eaux-Vives der Kirchgemeinde Cologny angegliedert; erst 1831 erhielt es ein eigenes Pfarramt. Les Eaux-Vives lag ausserhalb der Mauern, aber innerhalb des Friedkreises der Stadt Genf und war Teil des Faubourg du Temple. Die Vorstadt verdankt ihren Namen einer Kirche, die im 12. Jahrhundert von Templern gegründet worden war. Die Häuser lagen hauptsächlich am Seeufer und um das Sumpfgebiet Pré-l'Evêque. Dort übten die Bogenschützen der Gesellschaft «Exercice du jeu de l'arc», deren erste Statuten von 1529 stammen, ihre Kunst aus. Die Genfer zerstörten diese Vorstadt und vier weitere zwischen 1530 und 1540 aus Gründen der militärischen Sicherheit. Erst vom 18. Jahrhundert an erwachten die Vororte zu neuem Leben. Fischer, Fährleute und Handwerker liessen sich in Les Eaux-Vives nieder; Indienne-Manufakturen wie die von Jean-Philippe Petit siedelten sich an. Der Niedergang der Indienne-Fabrikation begann 1785, als die französische Regierung protektionistische Massnahmen ergriff. Um 1835 hatten alle Betriebe die Produktion eingestellt.

Nach der Annexion Genfs durch Frankreich 1798 wurde Les Eaux-Vives politische Gemeinde; das Stadtparlament trat erstmals am 28. Dezember 1800 zusammen. Der Hafen La Scie, der als erster grösserer Hafen ausserhalb der Genfer Stadtmauern 1836-1838 angelegt wurde, war eine bedeutende Einnahmequelle für die Gemeinde, weil viele Warendepots vermietet werden konnten. Nach dem Abriss der Befestigungen von Genf, der 1850 begann, breitete sich die Stadt weiter aus. Die neuen Genfer Quartiere, die auf dem frei gewordenen Land entstanden, verschmolzen nach und nach mit der Gemeinde Les Eaux-Vives und beschleunigten damit deren Urbanisierung. Zahlreiche neu angelegte Hauptstrassen verbesserten die Verkehrsverbindung zur Stadt. 1864 nahm die Tramlinie von Rive nach Chêne-Bougeries den Betrieb auf. Der Bau des Bahnhofs von Les Eaux-Vives (Gare des Vollandes), der Endstation der Linie Annemasse-Genf, durch die Franzosen im Jahr 1888 war Teil eines umfassenden Projekts, das vorsah, diese Strecke bis zum Hauptbahnhof Genf/Cornavin zu verlängern und so die Linie Lyon-Genf an das savoyische Netz anzuschliessen. Dieses Vorhaben wurde nie verwirklicht; die Linie, die im Besitz der Société nationale des chemins de fer français (SNCF) ist, wird heute nur von Touristen und einigen Grenzgängern benutzt. 1930 nahm die Genfer Bevölkerung ein Verfassungsgesetz an, das unter anderem die Eingemeindung von Les Eaux-Vives, Plainpalais und Le Petit-Saconnex in Genf vorsah. Die Gemeinde Les Eaux-Vives sprach sich allerdings mit 1256 Nein-Stimmen gegenüber 1212 Ja-Stimmen gegen dieses Gesetz aus.

Quellen und Literatur

  • C. Fontaine-Borgel, Histoire des communes genevoises de Vandoeuvres, Collonge-Bellevue, Cologny et des Eaux-Vives, 1890
  • L. Blondel, Les Faubourgs de Genève au XVe siècle, 1919
  • J.-P. Ferrier, La commune des Eaux-Vives de sa création à la fusion, 1931

Zitiervorschlag

Jacques Barrelet: "Eaux-Vives, Les", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.02.2018, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003309/2018-02-07/, konsultiert am 28.03.2024.