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CourtelaryGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Hauptort des Amtsbezirks Courtelary. Die Gemeinde besteht aus zwei Wohngebieten, dem Haufendorf im Tal und Einzelhöfen auf 900 m Höhe. 968 Curtis Alerici. 1460 26 Herdstellen (in der Pfarrei); 1739 354 Einwohner; 1801 545; 1850 868; 1900 1228; 1950 1239; 1970 1462; 1990 1120; 2000 1127.

Lithografie eines unbekannten Künstlers, um 1850 (Museum für Kommunikation, Bern).
Lithografie eines unbekannten Künstlers, um 1850 (Museum für Kommunikation, Bern).

968 gehörte Courtelary zur Abtei Moutier-Grandval, die sich nach der Umwandlung in ein Kanonikerstift 1179 von Papst Alexander III. ihren Besitz in Courtelary bestätigen liess. Auch das Kapitel von Saint-Imier besass Güter in Courtelary. Von den Herren von Fenis-Neuchâtel verwaltet, ging das Tal bald als Vogtei vom Fürstbischof von Basel an die Herren von Erguel und Ende des 13. Jahrhunderts an Biel über. Aufgrund der zunehmenden Verehrung des heiligen Himerius wurde im 10. oder 11. Jahrhundert eine kleine Kirche gebaut, die 1372, 1642 und 1773 erweitert wurde. Bei der Restaurierung 1933-1936 fand man Wandmalereien aus dem späten 11. Jahrhundert. Die Pfarrei, zu der auch Cormoret gehört, ist bereits im 13. Jahrhundert bezeugt. Sie gehört zur Diözese Lausanne und zum Dekanat Saint-Imier. Biel zwang das Erguel 1530, die Reformation anzunehmen. Diese Einmischung in ihre Angelegenheiten beunruhigte die Einwohner so sehr, dass sie 1555 einen Burgrechtsvertrag mit Solothurn abschlossen und 1556 von ihren Herren die Bestätigung ihrer Gewohnheitsrechte und Freiheiten verlangten. Dieser Vertrag berechtigte sie 1604, bei Appellationen das Gericht in Courtelary und nicht mehr das in Biel anzurufen. Der Sitz der Vogtei Erguel befand sich ab 1606 im neuen Schloss in Courtelary, dem heutigen Rathaus. 1639 wurde Courtelary von den Soldaten des Herzogs von Sachsen-Weimar geplündert und teilweise niedergebrannt. Die schweren Landestroublen, die den bischöflichen Erlassen von 1726 folgten, führten 1733 dazu, dass Vogt Benoît-Aimé Mestrezat gezwungen wurde, während einer turbulenten Versammlung aus dem Schloss zu fliehen. Von Ende 1792 bis Anfang 1793 war Courtelary Sitz der Nationalversammlung des Erguel. Revolutionäre hatten diese zusammenberufen, um eine Republik zu errichten, was jedoch scheiterte. Von Ende 1797 bis 1814 war Courtelary unter französischer Herrschaft Hauptort des gleichnamigen Kantons (Departement Mont-Terrible, dann Haut-Rhin), dann bis zum Anschluss der jurassischen Gebiete an den Kanton Bern 1815 (Vereinigungsurkunden) Hauptort des Oberamts Erguel, das 1831 zum Amtsbezirk Courtelary wurde.

Werbeplakat für die Schokolade Camille Bloch, 1945 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Werbeplakat für die Schokolade Camille Bloch, 1945 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Während die Uhrmacherei im oberen Teil des Tales ab dem 18. Jahrhundert einen Aufschwung erlebte, blieb Courtelary bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Ort mit ländlichem und handwerklichem Charakter. Das Getreide (Weizen, Hafer, Dinkel und Gerste) war für den lokalen Verbrauch bestimmt; auf den höher gelegenen Einzelhöfen betrieben bernische Wiedertäufer in Halbpacht Viehzucht. Sie stellten Butter und Käse her, die sie zum Teil exportierten. Die Nutzung der Allmend verhinderte den in anderen Gebieten vor dem 19. Jahrhundert üblichen Verzicht auf Brache zugunsten von Futterwiesen. Mittels Wasserkraft wurde der Betrieb einer Sägerei und einer Schmiede ermöglicht. 1816 wurde in Courtelary die zentrale Armenkasse und 1829 die Sparkasse des Bezirks gegründet. Die 1874 eröffnete Eisenbahnlinie Biel-Les Convers-La Chaux-de-Fonds begünstigte die Errichtung einer Holzstoff-Fabrik, an deren Stelle 1935 die Schokoladenfabrik Camille Bloch trat. Wegen der häufigen Überschwemmungen der Suze beschloss die Gemeinde, eine Gewässerkorrektion durchzuführen. Mit diesen Arbeiten konnten 1921-1935 zahlreiche Arbeitslose beschäftigt werden. Erst nach und nach entwickelte sich der 2. Sektor, der Unternehmen der Maschinen- und Uhrenbranche umfasste. Nach deren Rückgang seit den 1970er Jahren wurde im 2. Sektor, der 2000 47% der Arbeitskräfte beschäftigte, eine Diversifizierung verzeichnet. Zum ständig wachsenden 3. Sektor zählten 1990 38% der Arbeitsplätze. Während ursprünglich in Querrichtung zum Tal gebaut worden war, entwickelte sich der Ort zunehmend in Längsrichtung. 1862 wurde ein Waisenhaus eröffnet, das Schulhaus im Heimatstil datiert von 1908. Seit 1957 beherbergt Courtelary auch eine Sekundarschule von regionaler Bedeutung. Die katholische Kapelle wurde 1971 gebaut, das Gemeindezentrum 1992.

Quellen und Literatur

  • A. Daucourt, Dictionnaire historique des paroisses de l'ancien évéché de Bâle 1, 1897, 278-289, (Neudr. 1980)
  • A. Moser, I. Ehrensperger, Jura bernois, Bienne et les rives du lac, 1983, 153-156
  • Intervalles, 1997, Nr. 49
  • P.-A. Schwab, «La belle histoire de Camille Bloch», in Mosaïque d'Erguël, 1999, 159-167
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne Beuchat-Bessire: "Courtelary (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.05.2012, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000265/2012-05-31/, konsultiert am 29.03.2024.