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Bremgarten bei Bern

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Bern, und ehemalige Herrschaft. Die Agglomerationsgemeinde unterhalb Berns am rechten Ufer der Aare umfasst das Dorf Bremgarten bei Bern, die Quartiere Seftau-Ländli, Äschenbrunnmatt, Kalchacker, Stuckishaus-Neubrügg und Bündacker. 1180 Bremecart, 1236 Bremegarten, bis 1870 Bremgarten-Herrschaft. 1764 121 Einwohner; 1850 721; 1900 893; 1950 1042; 2000 3802.

Das Schloss in der Aareschlaufe. Aquarell von Albrecht Kauw, entstanden um 1650 (Bernisches Historisches Museum) © Fotografie Stefan Rebsamen.
Das Schloss in der Aareschlaufe. Aquarell von Albrecht Kauw, entstanden um 1650 (Bernisches Historisches Museum) © Fotografie Stefan Rebsamen. […]

Römische Siedlungsreste in der Kiesgrube (römischer oder mittelalterlicher Wasserstollen), Pflasterweg (Halbinsel) und Münzfunde (am Weg nach Reichenbach und an der Fähre Reichenbach). Von der mittelalterlichen Burg und dem Städtchen ist nichts erhalten; die äussere Ringmauer beim Schloss wurde 1978 rekonstruiert. Die Freiherrschaft Bremgarten bei Bern erstreckte sich in unbekanntem Umfang längs der Aare von Worblaufen bis nach Kirchlindach. Die Stammburg der Herren von Bremgarten und das angebaute Städtchen, beide ummauert, lagen im Hals der Aarehalbinsel. Die 1275 erwähnte Eigenkirche St. Michael, ein Bau des 10.-11. Jahrhunderts mit nach 1306 erstelltem Chor, stand ausserhalb der Mauern auf der Halbinsel. Bern zerstörte 1298 nach dem Gefecht am Donnerbühl Burg und Städtchen. 1306 verkauften die von Bremgarten ihre durch Erbteilungen, Verkäufe und Schenkungen des 12. Jahrhunderts verkleinerte Herrschaft samt Kirchensatz und Fähre der Johanniterkomturei Münchenbuchsee, die Burg (Sitz des Komturs) und Städtchen zum Teil erneuerte. 1510 veräusserte die Komturei Stuckishaus als Erblehen. Mit der Säkularisation (1529) kam die Herrschaft an Bern, das sie dem Landgericht Zollikofen (Blutgericht) unterstellte und dem letzten Komtur das Schloss auf Lebenszeit beliess. 1545 verkaufte Bern die verkleinerte Herrschaft mit Niedergericht und Aussenhöfen dem Schultheissen Hans Franz Nägeli, der die Burg mit Ausnahme von Bergfried und Ringmauern abbrechen liess und einen Renaissance-Landsitz erbaute. Der Kirchensatz blieb bei der Schaffnerei des ehemaligen Johanniterhauses. Für die wenigen Herrschaftsleute war das Niedergericht von Münchenbuchsee zuständig. Durch Erbe und Kauf kam die Herrschaft an andere Bernburgerfamilien: 1579-1592 Brügger, 1592-1727 Kilchberger, 1727-1743 de Chemilleret, 1743-1761 von Wattenwyl, 1761-1765 Fischer von Reichenbach. 1743-1747 wichen Bergfried und Ringmauern der mittelalterlichen Burg dem zum spätbarocken Sommersitz umgebauten Schloss. Albrecht von Frisching, 1765-1776 Besitzer, siedelte Tauner und Handwerker an und verkaufte 1776 das Schloss ohne Gericht. Die Neuansiedler bauten ihre Taunerhäuser 1767-1783 vor allem im Gebiet von Seftau-Ländli und Äschenbrunnmatt; schon 1764 hatten indes in Bremgarten  fast dreimal mehr Hintersassen als Burger gesessen. 1770-1771 entstanden die Landsitze Belvedere (Friedrich von Luternau) und Aarwyl (Rudolf Albrecht Haller). Nach der Abschaffung der Herrschaftsrechte (1798) kam Bremgarten zunächst zum helvetischen Distrikt Bern, 1803 zum Oberamt (ab 1831 Amtsbezirk) Bern. Von häufigen Besitzerwechseln im 19. Jahrhundert in Mitleidenschaft gezogen, erlebte das Schloss 1918-1978 unter der Industriellenfamilie Wassmer eine neue Glanzzeit (1978 Gesamtrestauration).

Die Kirchgemeinde Bremgarten umfasste bis 1880 die Gemeinden Bremgarten-Herrschaft, Zollikofen und Bremgarten-Stadtgericht. 1598-1632 betreute ein Mitglied der bernischen Akademie die wenigen Kirchgenossen im Nebenamt. Der Beschluss, die Kirchgemeinde 1767 aufzuheben, wurde 1783 widerrufen. Im Zuge einer Reorganisation kam 1880 Bremgarten-Stadtgericht zur Einwohner- und Kirchgemeinde Kirchlindach. Nach Errichtung der selbstständigen Kirchgemeinde Zollikofen schloss sich 1940 der Rest der Kirchgemeinde Bremgarten der bernischen Paulus-, 1960 der Matthäus-Kirchgemeinde an.

Autorennen, um 1934 (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Photoglob).
Autorennen, um 1934 (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Photoglob). […]

1798 entstand die Ortsgemeinde Bremgarten-Herrschaft mit eigenem Gemeinderat, 1832 die Einwohnergemeinde. Erst im 20. Jahrhundert wurde das abseits der Verkehrswege liegende Bremgarten besser erschlossen: Neben die 1466 erbaute Neubrügg traten als Fährenersatz 1921 der Seftausteg und 1928 die Felsenaubrücke. Wegen chronischer Finanznot erstrebte Bremgarten 1925, 1934 und 1945 die Eingemeindung in Bern. Die Bundesstadt zog jedoch eine Unterstützung im Gemeindeverband Bern-Bremgarten (1953-1962) vor. Die rege Bautätigkeit ab 1950 liess Bremgarten bei Bern schliesslich zum bedeutenden Vorort werden. Ohne eigene industrielle Entwicklung blieb die Gemeinde mit 84% Wegpendlern (1990) vollständig auf Bern ausgerichtet.

Quellen und Literatur

  • E.M. Fallet, Bremgarten, 1991, (Nachtrag 1994)
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Bremgarten bei Bern", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.06.2004. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000211/2004-06-07/, konsultiert am 16.04.2024.