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Bedretto

Politische Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirk Leventina, umfasst das Bedrettotal (Oberlauf des Tessin vom Nufenenpass bis Airolo) mit den Siedlungen Ronco, Bedretto (1402 m), Villa (Sitz der Gemeindeverwaltung) und Ossasco. Fontana, am Eingang des Tales gelegen, gehört zur Gemeinde Airolo. 1210 Bedoledo. 1567 38 Herdstellen; 1745 293 Einwohner; 1798 594; 1850 388; 1900 257; 1930 275; 1950 213; 2000 72; 2010 64.

Bedretto: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Bedretto: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

1906 wurden Gräber aus vorrömischer Zeit in Villa und römische Münzen in Bedretto gefunden. Die Vermutung, Bedretto habe ursprünglich zu Airolo gehört, konnte nicht bestätigt werden. Bereits in den ältesten Urkunden erscheint Bedretto als selbstständige Gemeinde. Schon 1227, als die Alpen der Talschaft Leventina aufgeteilt wurden, bildete Bedretto eine Nachbarschaft, war indes die einzige, die keine Alp für sich allein erhielt. 1227 wird Bedretto auch als selbstständige Pfarrei erwähnt. Die Pfarrkirche Santi Martiri Maccabei in Villa wurde nach dem Lawinenniedergang von 1594 neu gebaut. Der bestehende Bau stammt vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Das Hospiz in All'Acqua war Ausgangspunkt zu zwei bekannten Bergübergängen: zum Nufenenpass, der nach Ulrichen ins Oberwallis führt, und zum Passo di San Giacomo, dem Übergang ins italienische Val Formazza (Pomat). Das Hospiz von Valdolgia oder San Nicolao auf dem Passo di San Giacomo war ein zweiter Stützpunkt auf dem alten Saumpfad. Von den meist steilen Abhängen des Bedrettotals gingen häufig grosse Lawinen nieder, so diejenige von 1863, die den Weiler Bedretto zur Hälfte zerstörte und 29 Todesopfer forderte, und jene von Ossasco, die 1749 13 Menschen in den Tod riss. Im Winter ist das Tal oft abgeschnitten und die Verbindung der Dörfer untereinander und mit Airolo für Tage unterbrochen. Mit der Errichtung von Lawinenverbauungen hat sich die Situation gebessert. Die Fahrstrasse Airolo-Bedretto wurde 1924 eröffnet, 1932 bis nach Ronco und 1964 über den Nufenen verlängert. Das Tal ist auch heute noch ziemlich isoliert und ohne ständige Verbindung mit dem Wallis, da ein Bahnprojekt im Verbund mit dem Furkatunnel scheiterte. Die knappen Einnahmequellen des Tals (Viehzucht, Milchwirtschaft, Anbau von Kartoffeln und Roggen) reichten nicht zum Unterhalt der Einwohner. So waren sie gezwungen, saisonal auswärts (v.a. in Italien und Frankreich) als Marronibrater, Kellner oder Hausdiener Arbeit zu suchen oder ganz auszuwandern. Da die saisonale Auswanderung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufhörte, entvölkerte sich das Tal noch rascher. Der Rückgang der ständigen Wohnbevölkerung wird in den Sommermonaten durch die Rückkehr Einheimischer und durch den Zustrom von Touristen und Feriengästen wettgemacht.

Quellen und Literatur

  • MDT, Ser. 1
  • O. Lurati, Terminologia e usi pastorizi di val Bedretto, 1968
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Mario Fransioli: "Bedretto", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.01.2021, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002067/2021-01-19/, konsultiert am 28.03.2024.