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Pro Juventute

Mit der 1912 von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft gegründeten Stiftung Pro Juventute wurde die Arbeit verschiedener privater Hilfsorganisationen für die Jugend zusammengefasst. Anfänglich auf die Hilfe für tuberkulöse Kinder ausgerichtet, übernahm die Pro Juventute die Koordination unterschiedlicher Aufgaben wie Mütterberatung, Vermittlung von Ferienplätzen und Kuraufenthalten für Kinder, Hilfe für Bergkinder und kriegsgeschädigte Kinder, Vergabe von Ausbildungsstipendien und Einrichtung von Freizeitwerkstätten.

Fünf-Rappen-Marke der Pro Juventute mit dem Porträt von Bundesrat Ludwig Forrer, 1945 (Museum für Kommunikation, Bern) © Die Schweizerische Post.
Fünf-Rappen-Marke der Pro Juventute mit dem Porträt von Bundesrat Ludwig Forrer, 1945 (Museum für Kommunikation, Bern) © Die Schweizerische Post. […]

Der Stiftungsrat, der bis 1996 von einem Bundesrat präsidiert wurde und in dem Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Armee Einsitz hatten, verlieh der Pro Juventute einen offiziösen Charakter. Die Stiftungskommission leitete und kontrollierte die Arbeit des Zentralsekretariats. Für die Beschaffung der Mittel sowie die Festlegung und Ausführung der Aufgaben vor Ort waren die Bezirke zuständig. Eine wichtige Rolle spielte die Pro Juventute in den Gemeinden bei der Einführung des schulärztlichen Dienstes und der Schulzahnpflege, der Gesundheitserziehung und der Elternbildung. 1922 eröffnete die Pro Juventute ein Kindersanatorium in Davos, 1935 ein Ferienheim in Waltensburg/Vuorz und 1962 ein Familienferiendorf im Tessin. Die Pro Juventute hat auch Plätze für sogenannte milieugeschädigte, schwer erziehbare, behinderte Kinder sowie solche aus unvollständigen Familien in Pflege- und Adoptivfamilien, Heime und Anstalten, Lehr- und Dienststellen vermittelt und teilweise deren Aufsicht übernommen. 1926 gründete die Pro Juventute auf Initiative Alfred Siegfrieds das Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse. Durch die systematische Auflösung jenischer Familien (Jenische) sollte die fahrende Lebensweise (Fahrende) beseitigt werden, die als Grund für die Verwahrlosung der Kinder und als Gefährdung der Gesellschaft galt. Bis zu der von den Medien forcierten Auflösung des Hilfswerks 1973 nahm die Pro Juventute 586 jenische Kinder ihren Eltern weg.

Die Pro Juventute führte verschiedene Geschäftsstellen, unter anderem 1945-1950 jene der Vereinigung Kinderdorf Pestalozzi. Seit den 1950er Jahren widmet sich die Pro Juventute der Schaffung und Förderung von Spielplätzen und Gemeinschaftszentren. Seit 1969 werden die Elternbriefe verschickt. 1985 startete sie die sozialpädagogische Familienbegleitung. In den 1990er Jahren standen Drogenprävention und -rehabilitation sowie die Kampagne für die schweizerische Ratifizierung der Uno-Kinderrechtskonvention (1997) im Zentrum. Seit 1998 führt die Pro Juventute eine Telefonhilfe für Kinder und Jugendliche. Die Monatszeitschrift «Pro Juventute» erschien 1920-2004. Der 1942 übernommene Pestalozziverlag (Herausgeber des Schülerkalenders) ging im 1971 gegründeten Verlag Pro Juventute auf, der 2003 an Orell Füssli verkauft wurde. Die Pro Juventute finanziert sich seit Beginn durch den Verkauf von Wohltätigkeitsbriefmarken, durch Spenden, Legate und Beiträge der öffentlichen Hand. Aufgrund finanzieller Probleme richtete sich die Stiftung Anfang des 21. Jahrhunderts neu aus.

Quellen und Literatur

  • BAR
  • Schweiz. Stiftung Pro Juventute, Zürich
  • Schweiz. Stiftung Pro Juventute - Jber., 1913-
  • O. Binder, 25 Jahre Pro Juventute, 1937
  • A. Peter, 40 Jahre Pro Juventute, 1952
  • «75 Jahre im "Jahrhundert des Kindes"», in Pro Juventute, 1987, Nr. 4
  • S. Galle, T. Meier, Von Menschen und Akten, 2009
Weblinks

Zitiervorschlag

Sara Galle: "Pro Juventute", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.01.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016627/2012-01-12/, konsultiert am 29.03.2024.