Waltensburg/Vuorz

Ehemalige politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Region Surselva, seit 2018 mit Andiast Teil der Gemeinde Breil/Brigels. Die langgezogene Strassensiedlung Waltensburg/Vuorz liegt auf einer Höhenterrasse nördlich über dem Vorderrhein. 765 Vorce (Kopie), deutsch Waltensburg (bis 1943 offizieller Name), romanisch Vuorz. Der deutsche Name bezog sich ursprünglich auf Jörgenberg (1209 Waltramsburg). Während die Bevölkerung den romanischen Namen Vorce (Flussgabelung) weiterführte, wurde der ehemalige Burgname auf die Gemeinde übertragen; die Burgstätte selbst übernahm die Bezeichnung der frühmittelalterlichen Kirchenburg St. Georg. 1850 443 Einwohner; 1900 362; 1950 406; 1980 322; 2000 383; 2010 364; 2017 325.

Waltensburg/Vuorz: Situationskarte 2017 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2019 HLS.
Waltensburg/Vuorz: Situationskarte 2017 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2019 HLS.

Auf Jörgenberg (romanisch Munt Son Gieri) fanden sich Spuren einer bronzezeitlichen und rätischen Siedlung der Eisenzeit sowie römische Fragmente. Im Mittelalter gehörten Aussensiedlungen auf Ladral (1530 m) und Jörgenberg zu Waltensburg. Im Gebiet der ehemaligen Gemeinde liegen neben Jörgenberg die drei mittelalterlichen Burgruinen Grünenfels (romanisch Chischlatsch), Sitz der Herren von Grünenfels im 13. bis 14. Jahrhundert, Kropfenstein und Vogelberg (romanisch Cafoghel). 1734 kaufte die Gerichtsgemeinde Waltensburg, die auch Rueun, Siat, Pigniu, Andiast und Schlans umfasste, die letzten Rechte der Herrschaft Jörgenberg aus. Waltensburg gehörte 1851-2000 zum Kreis Ruis im Bezirk Glenner bzw. 2001-2015 im Bezirk Surselva. Als einzige Kirchgemeinde des oberen Bündner Oberlands schloss sich Waltensburg 1526 der Reformation an, was zur Abtrennung von Andiast führte. Die 1241 im Dorf erwähnte Pfarrkirche St. Leodegar ist berühmt für die gotischen Fresken aus der Zeit von etwa 1330 bis 1450, deren älteste der Waltensburger Meister schuf. Eine Prozession der katholischen Andiaster durch Waltensburg nach Rueun löste 1682 den sogenannten Fahnenkrieg aus. Bis 1963 war die vorwiegend bäuerlich geprägte Gemeinde finanziell gut situiert (Wald- und Wasserzinsen) und erhob keine Gemeindesteuern. Die Güterzusammenlegung führte ab 1961 zur Konzentration der Bauernbetriebe (Mechanisierung, zugleich Anstieg des Viehbestands) und Abwanderung. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren viele der Erwerbstätigen Wegpendler, vor allem nach Ilanz und Ems, zum Teil bis nach Chur. Dem Rückgang an bäuerlichen und gewerblichen Betrieben begegnete das mehrheitlich rätoromanische Waltensburg mit sanftem Tourismus: Nebst Ferienhäusern, Eigentumswohnungen und Sporthotels wurde 1983 das Ökohotel Ucliva als Pionierwerk des naturnahen und angepassten Fremdenverkehrs errichtet.

Quellen und Literatur

Weblinks
Weitere Links
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Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
765: Vorce (Kopie)
1209: Waltramsburg
Endonyme/Exonyme
Vuorz (romanisch)
Waltensburg (deutsch)

Zitiervorschlag

Martin Bundi: "Waltensburg/Vuorz", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.01.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001470/2020-01-07/, konsultiert am 28.03.2024.