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Reigoldswil

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Bezirk Waldenburg, in einer Talmulde im hinteren Frenkental gelegen. Die heutige geschlossene Siedlung entstand im Lauf des 18. Jahrhunderts aus einem zuvor locker gebauten Strassen- und Bachzeilendorf mit den drei mittelalterlichen Siedlungskernen Hofstetten-Chilchli, Mittelbiel und Unterbiel. 1152 Rigoltswilre. 1774 740 Einwohner; 1815 865; 1837 1108; 1850 1270; 1870 1409; 1900 1298; 1950 1148; 2000 1520.

Verschiedene Funde aus vorrömischer Zeit, so ein Steinbeil aus der Bronzezeit, aus der Römerzeit Reste eines Strassenbetts bei Bütschen sowie Münzfunde und eine vollständig erhaltene Graburne. Auf eine Besiedlung im Lauf des 1. Jahrtausends deuten mehrere alemannische Reihengräber. Die Christianisierung erfolgte schon während der fränkischen Merowingerherrschaft. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts gehörte Reigoldswil zur Herrschaft Waldenburg der Grafen von Frohburg; ihre Dienstmannen sassen auf der Burg Reifenstein östlich des Dorfs. 1366 kam das Dorf mit dem Amt Waldenburg an den Bischof von Basel und wurde 1400 an die Stadt Basel verkauft. Die wohl älteste Kirche der Region war St. Romai (St. Remigius) beim Nachbardorf Lauwil, nach der auch Reigoldswil kirchgenössig war. Nach dem Brand von 1536 wurde sie nicht mehr aufgebaut, dafür das am Passweg zur Wasserfalle gelegene, ebenfalls alte Gotteshaus St. Hilarius als Versammlungsort der seit 1529 zum reformierten Glauben übergetretenen Talbewohner genutzt. 1555 schloss sich Bretzwil der Kirchgemeinde Reigoldswil-Lauwil an. Der Gottesdienst wurde wechselweise in Bretzwil und in St. Hilarius bzw. ab 1562 in der neu erbauten Dorfkirche von Reigoldswil gehalten. 1765 trennte sich Reigoldswil von Lauwil und bildete mit Titterten eine Kirchgemeinde. 1832 kam Reigoldswil, obwohl aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Seidenbandherren mehrheitlich stadttreu, zum neuen Kanton Basel-Landschaft.

Kurz nach der Einführung der heimindustriell betriebenen Seidenbandweberei in der Region Basel wurden auch die ersten Webstühle in Reigoldswil eingerichtet. 1754 standen auf der Landschaft Basel 1238 Webstühle, davon 130 in Reigoldswil (1790 190; 1856 306; 1908 318; 1913 361). Nach dem Ersten Weltkrieg setzte vor allem aufgrund des Modewechsels ein rascher Niedergang ein; 1977 wurde der letzte Posamenterstuhl in Reigoldswil stillgelegt. Der Ort liegt abseits der grossen Verkehrsströme, kannte aber bis ins 19. Jahrhundert einen bescheidenen Saum- und Fussverkehr über den alten Wasserfallenübergang. Der 1873 konzessionierte und 1874 begonnene Bau einer normalspurigen Wasserfallenbahn als direkte Verbindung zwischen Basel und Bern wurde 1875 nach dem Konkurs der Bahngesellschaft gestoppt. 1905 entstand zwischen Reigoldswil und Liestal (ab 1928 direkt bis Basel) die erste konzessionierte Autobusverbindung der Schweiz. Für den Ausflugstourismus wurde 1956 die Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen eröffnet (Neuanlage 2006).

Quellen und Literatur

  • G.A. Frey, «Zur Gesch. der Wasserfallenbahn», in BHBl 1, 1939, 413 f.
  • P. Suter, Die letzten Heimposamenter, 1978
  • F. Grieder, Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jh., 1985
  • P. Suter, Heimatkunde Reigoldswil, 1987
  • D. Wunderlin, Wasserfallen Passwang, ein Reise(ver)führer, 1998
Von der Redaktion ergänzt
  • Gampp, Axel; Sommerer, Sabine: Der Bezirk Waldenburg, 2014, S. 266-287 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, 4). 

Zitiervorschlag

Dominik Wunderlin: "Reigoldswil", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001257/2011-12-23/, konsultiert am 29.03.2024.