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Tasgetium

Römischer Vicus aus der frühen Kaiserzeit, am südlichen Ufer des Untersees auf dem Gebiet der Gemeinde Eschenz gelegen, und ein – vom Vicus in topografischer wie historischer Hinsicht zu unterscheidendes – spätantikes Kastell, um 300 n.Chr. ca. 1 km weiter westlich auf einem Hügel errichtet, der heute zum Stadtteil Burg in Stein am Rhein gehört. Den Namen Tasgetium erwähnt Ptolemaios in griechischer Form in seiner Geografie (2,12,3) um die Mitte des 2. Jahrhunderts n.Chr. Die Funde in Tasgetium, besonders die Inschriften sowie die Brückenreste im Seegrund, erregten ab dem 16. Jahrhundert Interesse. Nach einigen Grabungen im 19. Jahrhundert wurde vorwiegend das Kastell erforscht, während der Vicus und vor allem die Insel Werd in den 1930er Jahren und ab 1975 archäologisch systematisch untersucht wurden.

Panflöte aus Buchsholz aus dem 1. Jahrhundert n.Chr., Fundort Untereschenz (Amt für Archäologie des Kantons Thurgau, Frauenfeld).
Panflöte aus Buchsholz aus dem 1. Jahrhundert n.Chr., Fundort Untereschenz (Amt für Archäologie des Kantons Thurgau, Frauenfeld). […]

Funde auf der Insel Werd belegen das militärische Interesse der Römer an diesem Gebiet ab der Zeitenwende. Im 1. Jahrhundert n.Chr. entstand aufgrund der günstigen verkehrsgeografischen Lage in Untereschenz eine Siedlung, die als Brücken- und Hafenort eine gewisse Bedeutung erlangte. Im 2. Jahrhundert deuten grössere Bauphasen auf eine ökonomische Blütezeit hin. Die rechtliche Stellung Tasgetiums als Vicus wird durch zwei Inschriften bezeugt; es dürfte zur Provinz Raetia gehört haben. Der Vicus erstreckte sich über etwa 20 ha um das südliche Ende der hölzernen Brücke über den Untersee, welche über die Insel Werd führte. Am Nordufer des Sees und Rheins kamen ausser dem spätantiken Brückenkopf, der unter dem Kloster St. Georgen in Stein am Rhein liegt, kaum archäologische Funde zum Vorschein. Obwohl der Brückenschlag über den See verbürgt ist und Brückenbauten auch dendrochronologisch in die Zeit um 82 n.Chr. bzw. ins 3. Jahrhundert n.Chr. datiert werden können, ist der weitere Strassenverlauf nach Norden unbekannt; im Süden scheint eine Strasse Richtung Südosten nach Pfyn (Ad Fines) geführt zu haben. Der Vicus entwickelte sich mit Holzbauten (Streifenhäusern) entlang einer Strasse von der Brücke Richtung Südosten. Bereits im frühen 1. Jahrhundert wurden an seiner Peripherie Gewerbeeinrichtungen wie Töpferöfen oder Schmiedewerkstätten betrieben. An öffentlichen Bauten ist bis heute eine Badeanlage bekannt, durch Inschriften sind Kulte für Rhenus und Fortuna nachgewiesen.

Der Bau des spätrömischen Kastells an strategisch günstiger Stelle am Übergang vom See zum Rhein zog die Aufgabe der Siedlung in Untereschenz nach sich. Er erfolgte gemäss einer allerdings nur fragmentarisch überlieferten Inschrift um 294 n.Chr. im Rahmen der Massnahmen Diocletians zur Sicherung der Rheingrenze nach der Aufgabe des Dekumatenlands (Limes). Die spätantike Siedlung in der Gemeinde Stein am Rhein weist mit dem rund 90 x 90 m messenden Kastell «auf Burg» einen der besterhaltenen spätrömischen Befestigungsbauten der Nordostschweiz auf. Die Provinzzugehörigkeit von Tasgetium im 4. Jahrhundert ist unsicher, neben der Raetia Prima erscheint auch die Maxima Sequanorum möglich. Ausser Mauern, Toren und Türmen sind Spuren der Innenbebauung sowie ein Friedhof des 4. Jahrhunderts mit aussergewöhnlichen Grabfunden erhalten geblieben. Im spätantiken Kastell fanden sich auch archäologische Nachweise für eine Besiedlung des Platzes im Frühmittelalter (u.a. Kirche ab dem 6. Jh.).

Quellen und Literatur

  • G. Walser, Röm. Inschr. in der Schweiz 2, 1980, Nr. 198-200
  • Frühgesch. der Region Stein am Rhein, hg. von M. Höneisen, 1993
  • Im Schutze mächtiger Mauern: spätröm. Kastelle im Bodenseeraum, Ausstellungskat. Konstanz, Frauenfeld, Schaffhausen, 2005
  • Archäologie im Thurgau 16, 2010; 17, 2011
Kurzinformationen
Variante(n)
Tasgaetium

Zitiervorschlag

Hansjörg Brem: "Tasgetium", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.08.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012288/2012-08-13/, konsultiert am 29.03.2024.