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KarlBarth

Karl Barth bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Sorbonne, Paris am 8. November 1963 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich, Actualités suisses Lausanne).
Karl Barth bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Sorbonne, Paris am 8. November 1963 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich, Actualités suisses Lausanne).

10.5.1886 Basel, 10.12.1968 Basel, reformiert, von Basel. Sohn des Fritz (->), Bruder des Heinrich (->) und des Peter (->). 1913 Nelly Hoffmann, Tochter des Robert, Juristen und Staatsschreibers in St. Gallen. Karl Barth besuchte in Bern die Schulen und studierte 1904-1908 Theologie (Bern, Berlin, Tübingen, Marburg), bevor er Redaktionsassistent der "Christlichen Welt" wurde. Nach kurzer Tätigkeit als Pfarrer der Deutschschweizer Gemeinde in Genf versah Barth 1911-1921 das Pfarramt in Safenwil, wo er sich sozialen und gewerkschaftlichen Fragen widmete und der Sozialdemokratie trotz Enttäuschungen über deren Verhalten in Deutschland bei Kriegsausbruch 1914 beitrat. Weil auch seine theologischen Lehrer Wilhelm Herrmann und Adolf von Harnack die Kriegspolitik des Deutschen Reichs guthiessen, wandte sich Barth von der liberalen Theologie des 19. Jahrhunderts und dem herrschenden Kulturprotestantismus ab, ebenso vom religiösen Sozialismus (Friedrich Naumann, Hermann Kutter, Leonhard Ragaz). Da die angeblich christlichen Errungenschaften durch den Krieg diskreditiert waren, begann Barth zusammen mit Eduard Thurneysen die Heilige Schrift neu zu studieren, vor allem den Römerbrief. Die zweite Auflage eines entsprechenden Werks 1922 bewirkte eine grundsätzliche Neuorientierung der Theologie: Zwischen Gott und Mensch herrscht eine unüberbrückbare Distanz. Gott offenbart und verhüllt sich zugleich, er ist der ganz Andere ("dialektische Theologie", "Theologie der Krisis").

Mit der Berufung Barths auf den Lehrstuhl für reformierte Theologie in Göttingen (1921-1925) begann die universitäre Laufbahn: Münster (1925-1930), Bonn (1930-1935), Basel (1935-1962/1968). In der Aufsatzsammlung "Das Wort Gottes und die Theologie" (1924), in "Die Christliche Dogmatik im Entwurf" (1927) sowie in der monumentalen "Kirchlichen Dogmatik" (ab 1932) gewann der neue Ansatz immer präzisere Gestalt. Barth nahm definitiv vom Glauben des religiösen Menschen als herrschendem Prinzip der Dogmatik Abschied und erhob das freie, souveräne Wort Gottes, allein in Jesus Christus offenbart und in der auf die Schrift gegründeten Verkündigung vermittelt, zum neuen Ausgangspunkt aller Theologie; damit war die Ablehnung der natürlichen Theologie jeglicher Spielart verbunden. Dabei erwies sich das Studium Anselms von Canterbury ("Fides quaerens intellectum", 1931) als hilfreich.

Der weiteren Öffentlichkeit wurde Karl Barth vor allem durch sein Eingreifen in den deutschen Kirchenkampf bekannt. Gegen die sogenannten Deutschen Christen, für die sich Gott auch im Führer, in der Geschichte oder in der arischen Rasse offenbarte, wurde Barths Christozentrik zur wirksamen Waffe (Barmer Theologische Erklärung 1934). 1935 wegen Verweigerung des Beamteneids auf den Führer in den Ruhestand versetzt, kehrte Barth fluchtartig in die Schweiz zurück. Von Basel aus unterstützte er den deutschen und den internationalen Widerstand gegen Hitler, oft zum Entsetzen seiner Freunde oder der Schweizer Regierung. So wurde seine anlässlich der 650-Jahrfeier der Eidgenossenschaft verfasste Schrift "Im Namen Gottes des Allmächtigen", in der Barth sich unter anderem gegen Gesinnungsneutralität und Zensur wandte, auf Veranlassung Bundesrat Eduard von Steigers im Juli 1941 durch die Zensur verboten. Die 1938-1945 verfassten Texte bildeten ein Zeugnis politischen Gottesdienstes ("Eine Schweizer Stimme" 1945). Nach dem Krieg trug Barth zur Versöhnung mit dem deutschen Volk bei, reiste nach Ungarn und unterstützte ab 1948 die ökumenische Bewegung. Als Kritiker des westlichen Antikommunismus des Kryptokommunismus verdächtigt (Kontroverse mit dem bernischen Regierungsrat Markus Feldmann), war Barth auch sonst ein "Störenfried", unter anderem in der Frage der Remilitarisierung Deutschlands oder der atomaren Bewaffnung der Schweizer Armee sowie in der Ungarnkrise. In mehreren wichtigen Schriften griff er in aktuelle theologische oder ethische Diskussionen ein. Gottes Göttlichkeit besteht in seiner Menschlichkeit ("Die Menschlichkeit Gottes" 1956), was Barths Predigten in der Basler Strafanstalt, seine Texte zu Mozart, die "Einführung in die Evangelische Theologie" (1962) oder der Briefwechsel mit dem Dramatiker Carl Zuckmayer (postum) praktisch unter Beweis stellten.

Das Zweite Vatikanische Konzil erregte Interesse und Hoffnung des bereits von Krankheit und Operationen Gezeichneten (Romreise). Unzählige Ehrendoktorate und Auszeichnungen galten dem als Genius der Theologie Gefeierten. Der Editions- und Rezeptionsprozess des Werks (Gesamtausgabe, auch des Nachlasses durch die Karl-Barth-Stiftung) ist immer noch in vollem Gang.

Quellen und Literatur

  • Karl Barth-Gesamtausg., 1-, 1973-
  • Kirchl. Dogmatik, 31 Bde., 1986-93, (Studienausg.)
  • Karl-Barth-Archiv, Basel
  • E. Busch, Karl Barths Lebenslauf, 1975 (51993)
  • E. Jüngel, Barth-Studien, 1982
  • K. Blaser, Karl Barth 1886-1986, 1987
  • Barth contemporanco, hg. von S. Rostagno, 1990
  • E. Busch, Die grosse Leidenschaft, 1998 (22001)
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Klauspeter Blaser: "Barth, Karl", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.11.2002. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010517/2002-11-29/, konsultiert am 28.03.2024.