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Mediationsakte

Vom «Vermittler» (französisch médiateur) Napoleon Bonaparte und der von ihm nach Paris einberufenen Consulta ausgearbeitetes Grundgesetz, mit dessen Erlass der Erste Konsul den Verfassungskonflikt zwischen Unitariern und Föderalisten in der Helvetischen Republik beendete. Die Mediationsakte vom 19. Februar 1803 ist in mehrere Teile gegliedert. In der Einleitung rechtfertigt Bonaparte seine Rolle als Mediator und betont, dass der föderalistische Staatsaufbau der Schweiz naturgegeben sei. Der Präambel folgen in 19 Kapiteln, alphabetisch geordnet, die im Durchschnitt aus 20 Artikeln bestehenden Verfassungen der 19 Kantone, welche vom 10. März 1803 an die schweizerische Eidgenossenschaft bildeten. Die Texte sind lückenhaft und sprachlich oft unbestimmt gehalten, was den Kantonsregierungen Freiheiten in der Auslegung ermöglichte. Während die sechs neuen Kantone mit Ausnahme Graubündens modern-repräsentative Verfassungen erhielten, lebten in den Grundgesetzen der ehemaligen dreizehn Orte teilweise vorrevolutionäre Institutionen auf. Die kantonalen Hoheitsrechte waren sehr umfassend.

Die aus 40 Artikeln bestehende Bundesakte (Acte fédéral) erscheint – hintangesetzt – erst als 20. Kapitel; sie billigte dem Bund die Sicherung einer minimalen Rechtsgleichheit der Schweizer, die Aufstellung eines Bundesheers im Kriegsfall, die Gewährleistung eines möglichst unbehinderten Handelsverkehrs und die Führung der Aussenpolitik zu. Die 19 Stände garantierten einander ihre Verfassung, ihr Gebiet und ihre Unabhängigkeit sowohl gegenüber ausländischen Mächten als auch gegenüber anderen Kantonen oder gegenüber Interessengruppen. Oberstes Bundesorgan war die Tagsatzung, die sich abwechselnd in den sechs Vororten Freiburg, Bern, Solothurn, Basel, Zürich und Luzern versammelte. Sie wurde vom Landammann der Schweiz präsidiert, dem amtierenden Schultheissen oder Bürgermeister des Direktorialkantons. Revisionsartikel waren für die Bundesverfassung ebensowenig vorgesehen wie für die Kantonsverfassungen.

Zwei Anhänge mit 13 bzw. 9 Artikeln enthalten die Bestimmungen, welche den Übergang zur Mediation regelten. Louis d'Affry, der vom Vermittler eingesetzte Landammann der Schweiz für 1803, wurde mit ausserordentlichen Vollmachten versehen, bis die Tagsatzung zusammentrat. In den Kantonen lagen die Amtsgeschäfte bis zur Wahl der Mediationsbehörden in den Händen von siebenköpfigen Regierungskommissionen. Ein aus fünf Mitgliedern bestehendes Spezialgremium erhielt den Auftrag, die Schulden und das Vermögen der aufgelösten Helvetischen Republik zu liquidieren. In einer Schlusserklärung anerkannte der Erste Konsul die Schweiz als unabhängiges Land und übernahm den Schutz der neuen Staatsordnung. Die Mediationsakte, die in erster Linie den machtpolitischen Bedürfnissen Frankreichs diente, behielt ihre Gültigkeit unverändert bis zum Ende der napoleonischen Herrschaft 1813. Von 1809 an führte Kaiser Napoleon I. neben anderen auch den Titel «Médiateur de la Confédération suisse.»

Quellen und Literatur

  • EA Rep. 1803-1813, 395-494
  • HbSG, 815 f., 844
  • A. Kölz, Neuere schweiz. Verfassungsgesch., 1992, 143-153
  • T. Kästli, Die Schweiz, eine Republik in Europa, 1998
  • Bonaparte et la Suisse: travaux préparatoires de l'Acte de Médiation (1803), hg. von V. Monnier, 2002
Weblinks

Zitiervorschlag

Andreas Fankhauser: "Mediationsakte", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.12.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009808/2009-12-08/, konsultiert am 19.03.2024.