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Landschreiber

Während die städtischen Kanzleien im Gebiet der heutigen Schweiz in der Regel von Stadtschreibern geleitet wurden, waren in den Länderorten, aber auch in relativ autonomen Landschaften sowie in Vogteien (Vogteischreiber) und gemeinen Herrschaften Landschreiber als Leiter der Kanzleien tätig. Im Wallis wurde der Schreiber des Landrats ebenfalls als Landschreiber bezeichnet. In Graubünden war der Landschreiber des Hochgerichts Davos auch Landschreiber des Zehngerichtenbunds.

Frühe Hinweise auf die Tätigkeit von Landschreibern in den Länderorten findet man zum Beispiel 1309 in Nidwalden, 1348 in Obwalden, 1386 in Uri, 1402/1416 in Schwyz und 1409 in Appenzell. Mit der seit Mitte des 15. Jahrhunderts zunehmenden Schriftlichkeit und dem Ausbau der Landeshoheit wurde eine professionalisierte Verwaltungsorganisation notwendig. Der Landschreiber produzierte und rezipierte Akten, die er ordnete und aufbewahrte (Archive). Da in den Länderorten nahezu keine Rezeption des römischen Rechts erfolgte, stellten die Landschreiber dort Siegel- und nicht Notariatsurkunden aus (Urkunden). Die Landschreiber waren gut informiert, wiesen sich durch Fachkompetenz aus und wahrten dank ihrer langen Amtszeit die Kontinuität von Verwaltung und Politik. In den Länderorten wirkten sie als Aktuare der Landsgemeinde und gehörten zu den wichtigsten Landesbeamten. In den Landvogteiverwaltungen waren die Landschreiber neben den Landvögten in der Regel die zentralen Stützen der obrigkeitlichen Verwaltung des Untertanengebiets.

Ursprünglich befand sich die Kanzlei im Haus des Landschreibers, dann in Amtsräumen. Ihre Ausbildung erhielten die Landschreiber in Lateinschulen, gelegentlich auch auf Studienfreiplätzen im Ausland, zumeist wirkten sie aber als Volontäre in einer Kanzlei; universitäre Studien sind für Zuger und Walliser Landschreiber nachgewiesen. Das Amt des Landschreibers stand oft am Anfang einer öffentlichen Laufbahn. Sowohl auf den Landschreiberstellen der Länderorte wie auch auf den entsprechenden Stellen der gemeinen Herrschaften lässt sich die Herausbildung von Landschreiberfamilien beobachten. So waren zum Beispiel in Schwyz Mitglieder der Familien Abegg und in Zug die Kolin über längere Zeit Inhaber des Amtes. In den Tessiner gemeinen Herrschaften besetzten die Lussi in Locarno sowie die Beroldingen in Lugano und Mendrisio während Jahrzehnten die Landschreiberstelle. Für die Freien Ämter besassen die Zuger Zurlauben ein faktisches Monopol auf das Amt des Landschreibers.

In verschiedenen Orten wurden mehrere Landschreiber gewählt, in Uri zum Beispiel vier, in Glarus zwei reformierte und ein katholischer Landschreiber (zuweilen sogar bis zu fünf). Im 19. Jahrhundert wurden die Aufgaben des Landschreibers in einigen Kantonen auf verschiedenen Amtsstellen verteilt (z.B. 1803 Appenzell Ausserrhoden, 1838 Uri, 1838 Schwyz). Neu wurde der Leiter der Verwaltung als Ratschreiber oder Kanzleidirektor bezeichnet. In Appenzell Innerrhoden wurde das Amt des Landschreibers erst 1997 aufgehoben, in Nidwalden verlor der Landschreiber des Landrats (anders als derjenige der Regierung) seinen Titel 1998 und heisst seither Landratssekretär. Die Staatsschreiber von Obwalden, Nidwalden, Zug und Baselland werden nach wie vor Landschreiber genannt, auch in Bezirken des Kantons Schwyz und in der Landschaft Davos tragen die Schreiber diesen Titel.

Quellen und Literatur

  • J.J. Blumer, Staats- und Rechtsgesch. der schweiz. Demokratien 1, 1850, 284 f.; 2/I, 1858, 84, 194 f., 216; 2/II, 1859, 53
  • J.J. Siegrist, «Die Landschreiber der Freien Ämter bis 1712», in Bremgarter Njbl., 1976, 5-49
Weblinks

Zitiervorschlag

Hermann Bischofberger: "Landschreiber", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.11.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009658/2008-11-13/, konsultiert am 19.03.2024.