de fr it

EmmaBoos-Jegher

Porträt von Emma Boos-Jegher. Fotografie, um 1900 (Archiv Gosteli-Foundation, Worblaufen, Fotosammlung).
Porträt von Emma Boos-Jegher. Fotografie, um 1900 (Archiv Gosteli-Foundation, Worblaufen, Fotosammlung).

26.2.1857 Triest, 21.12.1932 Zürich, reformiert, von Avers und Zürich. Tochter des Gaudenz Jegher, kaufmännischen Angestellten, und der Adelheid geborene Geisslinger. 1885 Eduard Boos, Institutsvorsteher und Gewerbesekretär. Emma Jegher wuchs in Triest auf. Sie erwarb ein Diplom als Fremdsprachenlehrerin und unterrichtete an einer Mädchenschule in Zürich, bevor sie mit ihrem Ehemann ab 1886 die Kunst- und Frauenarbeitsschule Neumünster in Riesbach leitete. Das Ehepaar hatte vier Kinder, die zwischen 1887 und 1892 zur Welt kamen. 1885 war Boos-Jegher an der Gründung des Schweizerischen Frauen-Verbands beteiligt und wurde von der konstituierenden Versammlung zur Vizepräsidentin gewählt. Nach Konflikten im Vorstand rief sie 1888 mit Rosina Gschwind-Hofer und Emma Coradi-Stahl den Schweizerischen Gemeinnützigen Frauenverein ins Leben, in dessen Vorstand sie einige Jahre mitarbeitete. Zudem gehörte sie 1887 zu den Gründerinnen des zürcherischen Frauenbunds zur Hebung der Sittlichkeit (Sittlichkeitsbewegung).

Ausgewählte Porträtfotografien der Familie Boos-Jegher von 1900 und 1910, aufgenommen im Fotoatelier von Johannes Meiner, Zürich (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich, MEI 11588, 29929 und 30605).
Ausgewählte Porträtfotografien der Familie Boos-Jegher von 1900 und 1910, aufgenommen im Fotoatelier von Johannes Meiner, Zürich (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich, MEI 11588, 29929 und 30605). […]

Da Boos-Jegher mit ihren Anliegen zur Verbesserung der weiblichen Berufsbildung im Schweizerischen Gemeinnützigen Frauenverein nicht durchdrang, schloss sie sich 1893 dem im gleichen Jahr gegründeten Verein Frauenbildungs-Reform an und übernahm dessen Präsidium. 1896 fusionierte der Verein mit dem Rechtsschutzverein von Emilie Kempin-Spyri zur Union für Frauenbestrebungen Zürich, die anfänglich vor allem für bessere Erwerbsbedingungen (Frauenerwerbsarbeit) der Frauen im Dienstleistungssektor kämpfte, dann aber auch dezidiert die rechtliche und politische Gleichstellung der Geschlechter verlangte. Während mehr als zwei Jahrzehnten prägte Boos-Jegher massgeblich das Programm. Sie amtierte 1896-1903 sowie 1912-1914 als Präsidentin der Union und wurde rasch zur Wortführerin des fortschrittlichen Flügels der Frauenbewegung in Zürich. Unter ihrer Leitung erreichte die Union 1898 die Zulassung von Frauen zur Advokatur im Kanton Zürich, verfasste diverse Eingaben zum Zivilgesetzbuch und gelangte seit 1896 wiederholt mit der Forderung nach dem Frauenstimmrecht an die Öffentlichkeit. Zudem baute die Union ein breites Dienstleistungsangebot für Frauen auf, organisierte Vortragszyklen und gab ab 1903 die Zeitschrift Frauenbestrebungen heraus. Für diese schrieb Boos-Jegher, die schon früh eine nationale Koordination der politischen Tätigkeiten der verschiedenen Frauenorganisationen anstrebte, zahlreiche Beiträge. 1896 wirkte sie an der Vorbereitung des Ersten Kongresses für Fraueninteressen in Genf mit und initiierte 1899 mit Helene von Mülinen und Camille Vidart die Gründung des Bunds Schweizerischer Frauenorganisationen (BSF). Mehrmals vertrat sie Letzteren an Tagungen des Frauenweltbunds und amtierte 1912-1916 als dessen Vizepräsidentin. 1923 honorierte der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen ihre Pionierarbeit mit der Ehrenmitgliedschaft auf Lebenszeit.

Ansicht und Plan der Kunst- und Frauenarbeitsschule Neumünster an der Mühlebachstrasse 8 in Riesbach. Lithografien (11,8 x 17,6 cm) gedruckt wohl 1886 bei Hofer & Burger, Zürich (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv; e-rara, DOI: 10.3931/e-rara-52891).
Ansicht und Plan der Kunst- und Frauenarbeitsschule Neumünster an der Mühlebachstrasse 8 in Riesbach. Lithografien (11,8 x 17,6 cm) gedruckt wohl 1886 bei Hofer & Burger, Zürich (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv; e-rara, DOI: 10.3931/e-rara-52891). […]

Nach 1914 zog sich Boos-Jegher allmählich aus den Leitungsgremien der Frauenbewegung zurück. 1928 besiegelte der Tod ihres Gatten, mit dem sie auf beruflichem und politischem Gebiet eng zusammengearbeitet hatte, endgültig ihren Abschied vom öffentlichen Leben. Während gut 30 Jahren gehörte Emma Boos-Jegher zu den progressivsten und aktivsten Feministinnen (Feminismus) der Deutschschweiz. Obwohl selbst nicht Akademikerin, war sie eine angesehene Spezialistin in juristischen und ökonomischen Fragen. Im Gegensatz zu anderen Pionierinnen der Frauenbewegung geriet sie allerdings fast in Vergessenheit. Erst neuere Untersuchungen haben sich wieder intensiver mit dem Wirken von Boos-Jegher beschäftigt.

Quellen und Literatur

  • Schweizer Frauenblatt, 1933, Nr. 1.
  • Escher, Nora: Entwicklungstendenzen der Frauenbewegung in der deutschen Schweiz, 1850-1918/19, 1985.
  • Mesmer, Beatrix: Ausgeklammert – Eingeklammert. Frauen und Frauenorganisationen in der Schweiz des 19. Jahrhunderts, 1988.
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF
Kurzinformationen
Variante(n)
Emma Boos (Ehename)
Emma Jegher (Taufname)
Lebensdaten ∗︎ 26.2.1857 ✝︎ 21.12.1932

Zitiervorschlag

Regula Ludi: "Boos-Jegher, Emma", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.11.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009277/2021-11-02/, konsultiert am 28.03.2024.