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MarieBoehlen

Marie Boehlen am SP-Parteitag von 1984 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich, Actualités suisses Lausanne).
Marie Boehlen am SP-Parteitag von 1984 (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich, Actualités suisses Lausanne).

19.10.1911 Riggisberg, 30.11.1999 Bern, reformiert, von Riggisberg und Bern. Tochter des Rudolf Boehlen, Landwirts, und der Rosa geborene Urfer. Ledig. Marie Boehlen absolvierte das Lehrerinnenseminar in Bern und erlangte 1931 die eidgenössische Maturität. Nach Aufenthalten in London und Algier studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Bern, erwarb 1939 das Fürsprecherpatent und 1951 den Titel Dr. iur. Zunächst juristische Sekretärin des Regierungsstatthalteramts Bern (1943-1956), wurde Boehlen 1957 zur ersten vollamtlichen Jugendanwältin der Schweiz ernannt und war in dieser Funktion bis 1971 im Dienst der Stadt Bern tätig. 1942 trat sie dem Schweizerischen Verband für Frauenstimmrecht bei und war Präsidentin des Aktionskomitees für die Mitarbeit der Frau in der Gemeinde. Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (SP) ab 1945, präsidierte sie 1966-1974 die SP-Frauen Schweiz und zuvor (1949-1966) die juristische Kommission des Bundes Schweizerischer Frauenorganisationen. 1957-1968 war sie zudem Mitglied der schweizerischen Unesco-Kommission. 1971, im Jahr der Annahme des Frauenstimm- und -wahlrechts, liess sie sich frühzeitig pensionieren und wurde auf parlamentarischer Ebene aktiv: 1972-1976 als Berner Stadträtin (Legislative) und 1974-1986 als Grossrätin. Boehlen, die sich seit ihrer Jugend für die Rechte der Frauen einsetzte, wehrte sich auch gegen deren Benachteiligungen in ihrer eigenen Partei. Als Jugendanwältin führte sie eine neue Sanktionsmethode und Strafvollzugsform ein (Arbeitsleistung als Wiedergutmachung statt Bussen und Arrest), die bei der Teilrevision des schweizerischen Strafgesetzbuches 1971 berücksichtigt wurde. Ihr Kommentar zum schweizerischen Jugendstrafrecht (1975) gilt als wissenschaftliches Standardwerk.

Quellen und Literatur

  • Boehlen, Marie: Eine kleine Geschichte des Frauenstimmrechts in der Schweiz, 1954.
  • Boehlen, Marie: Ist Strafe unbedingt notwendig? Die Verpflichtung zu einer Arbeitsleistung im revidierten schweizerischen Jugendstrafrecht, 1974.
  • Boehlen, Marie: Das Jugenderziehungsheim als Faktor der sozialen Integration, 1983.
  • Lerch, Hansruedi: Persönlichkeiten in Bern, 1987.
  • Der Bund, 3.12.1999 (Nachruf).
Von der Redaktion ergänzt
  • Lüscher, Liselotte: Eine Frau macht Politik. Marie Boehlen 1911-1999, 2009.
Weblinks
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Kurzinformationen
Variante(n)
Marie Böhlen
Lebensdaten ∗︎ 19.10.1911 ✝︎ 30.11.1999

Zitiervorschlag

Annette Frei Berthoud: "Boehlen, Marie", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.06.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009275/2007-06-11/, konsultiert am 29.03.2024.