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Koalitionskriege

Als Koalitionskriege wird eine Folge von Kriegen zwischen den verbündeten europäischen Monarchien und dem revolutionären bzw. napoleonischen Frankreich bezeichnet. Von den Kriegen war die Schweiz unterschiedlich betroffen.

Der Erste Koalitionskrieg (1792-1797)

Soldaten der eidgenössischen Kontingente bewachen 1793 bei der Schanze von St. Jakob in Basel die Grenze. Kolorierte Radierung von Rudolf Huber (Staatsarchiv Basel-Stadt, BILD Falk. A 276).
Soldaten der eidgenössischen Kontingente bewachen 1793 bei der Schanze von St. Jakob in Basel die Grenze. Kolorierte Radierung von Rudolf Huber (Staatsarchiv Basel-Stadt, BILD Falk. A 276).

Während des Ersten Koalitionskrieges diente die am Rand des süddeutschen und des norditalienischen Kriegsschauplatzes liegende neutrale Eidgenossenschaft den Krieg führenden Mächten als Flankenschutz; von Kampfhandlungen blieb sie verschont. Ende April 1792 rückten französische Truppen in den nördlichen, zum Heiligen Römischen Reich gehörenden Teil des Fürstbistums Basel ein, der sich im November als Raurachische Republik konstituierte und im März 1793 in das französische Departement Mont-Terrible umgewandelt wurde. Eine ausserordentliche Tagsatzung nahm daraufhin Genf, Neuenburg und den südlichen Teil des Fürstbistums Basel in die schweizerische Neutralität auf und organisierte auf der Grundlage des Defensionales von Baden den Schutz der besonders gefährdeten Stadt Basel durch eidgenössische Kontingente. Nach der französischen Annexion Savoyens im September 1792 entsandten Bern und Zürich Hilfstruppen nach Genf. Diese mussten jedoch Ende November als Gegenleistung für die Schonung der Rhonestadt wieder abziehen, worauf in Genf die Revolution erfolgreich war.

Als 1793 der Krieg ganz Europa erfasste, erfolgte die Versorgung der Französischen Republik über die neutrale Eidgenossenschaft, welche die einzige Lücke im alliierten Ring bildete. Der Frieden von Basel von 1795 erlaubte Frankreich den Übergang zu einer expansiven Strategie, die auf die Schaffung eines Gürtels von «Schwesterrepubliken» abzielte. General Jean-Victor Moreaus Rückzug aus Bayern im Oktober 1796 zwang die eidgenössischen Orte zu einer nochmaligen Besetzung der Nordgrenze bei Basel. Während der Kämpfe zwischen Österreich und Frankreich um den Brückenkopf von Hüningen um den Jahreswechsel 1796/1797 war die Rheinstadt durch Neutralitätsverletzungen beider Kriegsparteien wiederholt bedroht. Für das Tessin bestand nach der Eroberung der Lombardei durch Napoleon Bonaparte im Mai 1796 die Gefahr, von der Getreidezufuhr abgeschnitten zu werden. Im Februar 1797 wurde ein Grenzschutz durch Wehrfähige der ennetbirgischen Vogteien notwendig. Am 10. Oktober schlossen sich das Veltlin, Bormio und Chiavenna der Cisalpinischen Republik an.

Der Frieden von Campoformio vom 17. Okotber 1797 zwischen Frankreich und Österreich hatte für die dreizehn Orte und ihre Zugewandten die aussenpolitische Isolation und den Einbezug in die französische Hegemonialsphäre zur Folge. Als Napoleon im November 1797 durch die Schweiz an den Rastatter Kongress reiste, brüskierte er die eidgenössischen Obrigkeiten durch die Ablehnung der ihm bereiteten Empfänge. Mitte Dezember annektierte Frankreich den südlichen Teil des Fürstbistums Basel. Am 4. Januar 1798 kapitulierte der ab 1790 von einer Zollsperre betroffene zugewandte Ort Mülhausen. Anfang März unterlagen die eidgenössischen Militäraufgebote einer französischen Invasionsarmee (Franzoseneinfall), die Schweiz wurde als Helvetische Republik in den französischen Machtblock eingebunden. Im Gegenzug besetzten Mitte Oktober österreichische Bataillone auf Ersuchen der konservativ-aristokratischen Seite Graubünden, was die Spannungen zwischen Frankreich und Österreich erhöhte. Beide Grossmächte konzentrierten im Winter 1798-1799 in Süddeutschland und Norditalien starke militärische Kräfte. Den Alpenpässen kam deshalb grosse strategische Bedeutung zu.

Der Zweite Koalitionskrieg (1799-1801)

Nach dem Ausbruch des Zweiten Koalitionskrieges wurde die Schweiz, die am 19. August 1798 zum Abschluss einer Offensiv- und Defensivallianz (Allianzen) mit Frankreich genötigt worden war, Schauplatz von Kampfhandlungen. Die von General André Masséna kommandierte französische Helvetien-Armee eroberte im März 1799 Graubünden und sicherte damit die Verbindung zwischen der Donau- und der Italien-Armee. Die Niederlage General Jean-Baptiste Jourdans gegen Erzherzog Karl von Österreich bei Stockach (Südbaden) am 25. März und russisch-österreichischer Siege in Oberitalien machten den französischen Erfolg zunichte und lösten in der Helvetischen Republik eine Aufstandsbewegung aus. Eine österreichische Armee unter General Friedrich von Hotze, der auch ein Teil des Schweizer Emigrantenregiments Rovéréa zugeteilt war, drang in die Ostschweiz und nach Graubünden vor. Am 22. Mai zog sie in St. Gallen ein und versuchte, Verbindung mit Erzherzog Karl aufzunehmen, der vom 21. bis 23. Mai bei Stein am Rhein und Büsingen den Rhein überschritt. Masséna musste sich nach Zürich zurückziehen. Bei den Rückzugsgefechten zwischen der Thur und der Töss gelangten auch helvetische Miliztruppen zum Einsatz. Nach der ersten Schlacht bei Zürich (Schlachten bei Zürich) vom 4. Juni räumte Masséna die Stadt. Zur gleichen Zeit verloren die Franzosen auch das Oberwallis, das Tessin, den Gotthardpass und die Innerschweiz. Vom 13. bis 16. August eroberte der französische General Claude-Jacques Lecourbe das Gotthardgebiet mit allen Zugängen zurück. Am 1. September übernahmen gemäss einer Übereinkunft zwischen den Alliierten russische Truppen unter General Alexander Korsakow den von Erzherzog Karl gehaltenen Frontabschnitt. Hotze sollte die Linthlinie und Graubünden bis zur Ablösung durch den von Süden kommenden General Alexander Suworow decken. Masséna durchkreuzte jedoch die Pläne der Koalition. Hotzes Korps wurde nach dem Gefecht bei Schänis zum Rückzug nach Vorarlberg gezwungen. Masséna besiegte in der zweiten Schlacht bei Zürich am 25. und 26. September Korsakow und verdrängte Anfang Oktober die letzten russischen Einheiten vom linken Rheinufer. Suworow, der mit seiner Armee (20'000 Mann) den Weg über den Gotthard erkämpft hatte, vermochte keine Wende mehr herbeizuführen. Er gelangte am 26. September nach Altdorf (UR) und über den Kinzigpass nach Muotathal, um nach Schwyz und Einsiedeln vorzustossen. Von den Franzosen angegriffen, schlug er sich über den Pragelpass nach Linthal und von dort über den verschneiten Panixerpass ins Vorderrheintal durch, von wo aus er nach Vorarlberg abzog.

Auf dem Rückzug vor der österreichischen Armee stecken die französischen Soldaten am 13. April 1799 die Brücke über den Rhein bei Schaffhausen in Brand. Aquarell eines unbekannten Künstlers (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung).
Auf dem Rückzug vor der österreichischen Armee stecken die französischen Soldaten am 13. April 1799 die Brücke über den Rhein bei Schaffhausen in Brand. Aquarell eines unbekannten Künstlers (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung).

Am 1. Mai 1800 überquerte General Lecourbe den Rhein und am Tag darauf nahm General Moreau Schaffhausen ein, am 28. Mai begann die Rückgewinnung des Tessins. Graubünden wurde durch den Waffenstillstand von Parsdorf (Bayern) vom 15. Juli in eine französische, eine neutrale und eine österreichische Zone geteilt. Die Helvetische Republik war in dieser Phase des Krieges vor allem als Durchmarschgebiet wichtig und litt dementsprechend unter den Requisitionslasten. Als Napoleon im Mai 1800 mit einer Reservearmee von 40'000 Mann den Grossen St. Bernhard überschritt, hatten 6000 Walliser Bauern den Geschützpark über den Pass zu transportieren. Mit dem Frieden von Lunéville vom 9. Februar 1801 sank die strategische Bedeutung der Schweiz. Als es nach dem Abzug der Franzosen im Juli 1802 zu einem allgemeinen Aufstand kam (Stecklikrieg), marschierten im Oktober erneut französische Truppen in die Schweiz ein, was mit ein Grund war, dass England Frankreich am 18. Mai 1803 den Krieg erklärte.

Während des Dritten (1805) und des Fünften Koalitionskrieges (1809) – vom Vierten (1806-1807) war die Schweiz nicht betroffen – respektierte das Ausland die schweizerische Neutralität. Die Kriegshandlungen in Bayern und im Tirol bewogen die Eidgenossenschaft, das in der Mediationsakte vorgesehene eidgenössische Kontingentskorps zu mobilisieren, das zwischen Oktober 1805 und Februar 1806 unter dem Kommando von General Niklaus Rudolf von Wattenwyl die Nordostgrenze vom Engadin bis Stein am Rhein sicherte. 1809 griff der Tiroler Aufstand auf Vorarlberg und das Veltlin über, was erneut eine Grenzbesetzung nötig machte. Der Landammann der Schweiz bot 5000 Mann auf, die entlang einer Linie vom Tessin bis zum Bodensee den Waffenschmuggel zu unterbinden versuchten (Kontinentalsperre).

Der Sechste Koalitionskrieg

Am Russlandfeldzug Napoleons von 1812 nahmen aufgrund der Militärkapitulation vom 28. März 9000 Schweizer teil, von denen nach den Kämpfen an der Düna und der Schlacht an der Beresina nur knapp 700 in die Heimat zurückkehrten. Trotz des alliierten Vormarsches gegen den Rhein im Herbst 1813 wagte es die Schweiz nicht, sich von Frankreich loszusagen. Die Tagsatzung gab zwar eine Neutralitätserklärung ab, begnügte sich jedoch mit einem schwachen Grenzschutz im Norden und Osten des Landes. Für die Diplomaten der Koalition war es deshalb einfach, den Durchzug durch die Schweiz zu erzwingen. Am 21. Dezember überschritt zwischen Basel und Schaffhausen eine von Fürst Karl Philipp von Schwarzenberg kommandierte Armee den Rhein und bewegte sich in westlicher Richtung durch das Mittelland und den Jura. Die Anwesenheit der alliierten Truppen löste eine Restaurationsbewegung aus und führte zu Spannungen unter den Kantonen. Eine Militäraktion Graubündens zur Rückeroberung der ehemaligen Untertanengebiete Anfang Mai 1814 scheiterte.

Der Erste Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 garantierte die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft. Während des Kaiserreichs der hundert Tage gelang es dem um die Kantone Wallis, Genf und Neuenburg vergrösserten Kleinstaat nicht, seine Neutralität zu wahren. Am 20. Mai 1815 schloss die Tagsatzung mit den Alliierten eine Militärkonvention, die sie zum Krieg gegen Napoleon verpflichtete. Vom 18. bis 20. Juni durchquerte eine österreichische Armee von Italien her das Wallis in Richtung Savoyen, eine zweite marschierte ab dem 25. Juni durch Basel ins Elsass. Auf die Beschiessung der Stadt von der französischen Festung Hüningen aus reagierten die an der Nordgrenze stationierten eidgenössischen Streitkräfte unter General Niklaus Franz von Bachmann am 3. Juli mit dem Vorstoss in die Freigrafschaft Burgund, aus der sie sich nach dem politischen Umschwung in Frankreich wieder zurückzogen (Burgunderfeldzug). Mit der Belagerung Hüningens (22. Juni bis 26. August), an der sich auch eidgenössische Kontingente beteiligten, endeten die Koalitionskriege für die Schweiz. Im Zweiten Pariser Frieden vom 20. November 1815 anerkannten die europäischen Mächte die immerwährende Neutralität der Eidgenossenschaft (Wiener Kongress).

Quellen und Literatur

  • Schweizer Kriegsgesch. 3-4, H. 7-9, 1918-21
  • Hb. zur dt. Militärgesch. 1648-1939, Bd. 1, 1979
  • HbSG 2, 768-779, 787-790, 804-809, 849, 873-889
  • A. Corvisier et al., Histoire militaire de la France 2, 1992
  • M.C. Dean, Austrian Policy during the French Revolutionary Wars 1796-1799, 1993
  • T.C.W. Blanning, The French Revolutionary Wars 1787-1802, 1996
Weblinks

Zitiervorschlag

Andreas Fankhauser: "Koalitionskriege", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008914/2008-12-02/, konsultiert am 19.03.2024.