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Schlacht vonMarignano

Die Schlacht von Marignano (heute Melegnano) war von entscheidender Bedeutung für die Schweizer Geschichte und gilt als eine der wichtigsten der Mailänderkriege. Am 13. und 14. September 1515 standen sich die Truppen des französischen Königs Franz I. und die das Herzogtum Mailand verteidigenden Eidgenossen gegenüber. Herzog Massimiliano Sforza, dem die Eidgenossen ihren Schutz zugesichert hatten, war zudem mit Papst Leo X. und Kaiser Maximilian I. verbündet. Im Herbst 1515 befanden sich 40'000-50'000 Mann der Verbündeten in Norditalien, die aber nicht alle an der Schlacht von Marignano teilnahmen. Franz I. überquerte die Alpen mit 30'000 Fusssoldaten und Bogenschützen, mit Reiterei und einer starken Artillerie (72 schwere Kanonen, 200-300 leichte Geschütze) auf dem schwierigen Weg durch das Tal der Durance und über den Col d'Argentière. Die 20'000 eidgenössischen Infanteristen, die ihn in Pinerolo und in Susa erwartet hatten, zogen sich nach Mailand zurück. Der König stiess in Richtung Marignano vor und traf 16 km südöstlich der Stadt auf die mit ihm verbündete Armee Venedigs.

Gedenkbild "zu Ehren und zum Ruhme Seiner Allerchristlichsten Majestät Franz von Angoulême, König von Frankreich, und der erlauchten Republik Venedig". In Venedig gedruckter Monumentalholzschnitt von Giovanni Andrea Vavassore, um 1515 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Gedenkbild "zu Ehren und zum Ruhme Seiner Allerchristlichsten Majestät Franz von Angoulême, König von Frankreich, und der erlauchten Republik Venedig". In Venedig gedruckter Monumentalholzschnitt von Giovanni Andrea Vavassore, um 1515 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Unter diesen Bedingungen war ein Teil der eidgenössischen Hauptleute, namentlich die Berner, Solothurner und Freiburger, zu Verhandlungen bereit. Am 8. September unterzeichneten sie mit Franz I. den Vertrag von Gallarate, der Frieden und die Zahlung einer Million Kronen an die Eidgenossen in Aussicht stellte. Der Vertrag wurde jedoch nicht von allen anerkannt, insbesondere die Urner, Schwyzer und Glarner waren dagegen. Am 13. September stürmte eine Söldnertruppe, angestachelt von Kardinal Matthäus Schiner, Richtung Marignano. Die Vorhut, eine Elitetruppe von rund tausend Büchsenschützen, hatte um 17 Uhr Feindberührung, aber es gelang den Eidgenossen nicht, sich der französischen Artillerie zu bemächtigen. Am 14. September richtete diese bei Tagesanbruch in den Schlachthaufen der Eidgenossen, die wieder zum Sturm übergangen waren, ein Blutbad an. Nachdem die Eidgenossen zurückgewichen waren, starteten sie einen neuen Angriff, der siegreich hätte sein können, wenn nicht im Verlaufe des Morgens 12'000 Mann Verstärkung der Republik Venedig angekommen wären. Die Eidgenossen zogen sich nach Mailand zurück. Die Schlacht verursachte den Verlust von 5000-8000 Mann auf der Seite des Königs und von 9000-10'000 eidgenössischen Söldnern, nahezu der Hälfte der angeworbenen Kontingente.

Die Eidgenossen, die vorzugsweise im Schlachthaufen kämpften, wurden durch die Artillerie und die Ankunft der Venezianer besiegt. Ihre Hauptschwäche bestand in ihrem kollektiven Führungssystem und in der mangelnden Disziplin auf allen Stufen. 1515 hatte die Tagsatzung den Hauptleuten die Kompetenz erteilt, den Feldzug fortzusetzen oder Frieden zu schliessen. Sie hatte entschieden, dass zwei von den Kontingenten gewählte Oberbefehlshaber zusammen mit den andern Hauptleuten und den Vertretern der Gemeinden (Vollversammlungen der Söldner eines jeden Orts) das Kommando auszuüben hätten. Jeder Ort besass eine Stimme in diesem Kriegsrat, aber die Beschlüsse wurden von der Gemeinde gefasst. Am 13. September hatten die Hauptleute den Vertrag von Gallarate einhalten wollen, doch die Gemeinden der Inner- und der Ostschweiz hatten sich in der Hoffnung auf Beute für die Schlacht entschieden.

Nach Marignano gaben die eidgenössischen Orte ihre Expansionspolitik auf. Im November 1516 schloss Franz I. mit ihnen einen Ewigen Frieden, der ein Bündnis sowie die Bereitstellung von eidgenössischen Regimentern für Frankreich vorsah. Dieses politisch-militärische System hatte bis zur Französischen Revolution Bestand.

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts verherrlichte die schweizerische Geschichtsschreibung den Heldenmut der Eidgenossen in Marignano und überging stillschweigend die Kommando- und Disziplinprobleme. Sie tradierte den Mythos der «Lektion», die den eidgenössischen Orten 1515 erteilt worden sei und sie auf den Weg der Neutralität gebracht hätte. In Tat und Wahrheit ist diese Politik jedoch vor allem auf innere Spaltungen, die wegen der Reformation entstanden waren, auf eine Reihe von Niederlagen bis 1525 (Marignano, Bicocca, Sesia, Pavia) sowie auf das Ausmass der Verluste durch den Solddienst zurückzuführen. In Frankreich, wo Marignano ebenso berühmt ist, wurde die «Schlacht der Riesen» als Bravourstück des jungen Königs gesehen, der die «Prinzenbändiger» vernichtet hatte, für Jules Michelet wurde sie dann gar zum Triumph der Nation.

Quellen und Literatur

  • L. Henninger, Marignan 1515, 1991
  • W. Schaufelberger, Marignano, 1993
  • F. Walter, «Marignan 1515: traces de la mémoire d'une bataille de géants», in Des archives à la mémoire, hg. von B. Roth-Lochner et al., 1995, 477-503
  • D. Le Fur, Marignan 13-14 septembre 1515, 2004
Weblinks

Zitiervorschlag

Hervé de Weck: "Marignano, Schlacht von", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 17.08.2015, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008896/2015-08-17/, konsultiert am 19.03.2024.