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Schwabenkrieg

Schweizerkrieg

Der Schwabenkrieg, ausserhalb der Eidgenossenschaft auch Schweizerkrieg genannt, war eine kriegerische Auseinandersetzung der zehnörtigen Eidgenossenschaft und ihrer Zugewandten mit dem Haus Habsburg-Österreich und dem Schwäbischen Bund als dessen massgeblichen Verbündeten im Jahr 1499.

Ursachen

"Der greulich Sweyzer Krieg", Ausschnitt aus dem Triumphzug Kaiser Maximilians I. Feder in Braun, Aquarell und Deckfarben auf Pergament, von Albrecht Altdorfer, um 1514 (Albertina, Wien).
"Der greulich Sweyzer Krieg", Ausschnitt aus dem Triumphzug Kaiser Maximilians I. Feder in Braun, Aquarell und Deckfarben auf Pergament, von Albrecht Altdorfer, um 1514 (Albertina, Wien). […]

Die Kriegsursachen lagen in verschiedenen, teilweise bereits längere Zeit bestehenden Konfliktfeldern, die erst in ihrer Verknüpfung zur Eskalation führten. Das Verhältnis zwischen Eidgenossenschaft und Habsburg war im 15. Jahrhundert durch eine konfliktträchtige, beiderseits auf Territorialgewinne und Herrschaftsarrondierung abzielende Aussenpolitik geprägt. Die Eroberung des Aargaus 1415 und des Thurgaus 1460 schuf eine durch Hochrhein sowie Bodensee gestaltete eidgenössische Grenze. In den verschiedenen Grenzregionen existierten jedoch weiter umstrittene Herrschaftsverhältnisse. Problempunkte waren unter anderem das Thurgauer Landgericht im Pfandbesitz der Stadt Konstanz, der Konflikt des Zehngerichtenbunds mit der habsburgischen Landeshoheit sowie der Streit zwischen dem Gotteshausbund und der habsburgischen Grafschaft Tirol um Herrschafts- und Steuerrechte im Vinschgau. Belastend auf die Situation wirkte sich das Vorgehen des 1488 gegründeten Schwäbischen Bunds aus, der von den Habsburgern gegen die nach Norden über den Rhein und ins Elsass ausgreifende eidgenössische Bündnispolitik instrumentalisiert wurde. Besonders der 1498 erzwungene Beitritt von Konstanz wurde von den Eidgenossen als Provokation angesehen. Zudem verschlechterten sich ab 1495 die Beziehungen der Eidgenossen zu König Maximilian I. Nach dessen Regierungsantritt 1486 hatte sich die Lage entspannt – unter anderem dank der Anerkennung der Ewigen Richtung von 1474 –, dann aber sorgte die eidgenössische Anlehnung an das mit Maximilian verfeindete Frankreich für Missstimmung. Das Verhältnis wurde weiter strapaziert durch die Weigerung der Eidgenossen, die Wormser Reichsreformbeschlüsse von 1495 anzunehmen. Entscheidend war jedoch ihr Wille, einen Krieg zu führen, um alle Grenzkonflikte auf einen Schlag zu bereinigen. Diese Idee fand Unterstützung in der emotional aufgeladenen Atmosphäre, die Ende des 15. Jahrhunderts, nach einem Prozess der politischen und sozialen Differenzierung, herrschte: Eidgenossen und schwäbische Nachbarn hatten sich auseinandergelebt. Das von adliger Denk- und Lebensweise geprägte politische System in Schwaben stand im Gegensatz zum Stolz auf Freiheit und Herkunft, den der Kampf gegen Habsburg und den Adel in den Eidgenossen hervorgerufen hatte, sowie der gesamteidgenössischen Betonung einer bäuerlichen Identität. Dazu kamen die wirtschaftliche Konkurrenz der grösseren Städte sowie der militärische und ökonomische Wettbewerb zwischen eidgenössischen Reisläufern und der Söldnertruppe der Landsknechte.

Verlauf

Auslöser des Schwabenkriegs war die Eskalation des Vinschgau-Konflikts im Winter 1498. Auf ein Eingreifen von Tiroler Truppen im Etschtal reagierte der Gotteshausbund Mitte Januar 1499 mit einer Besetzung des Münstertals. Sein Beistandsgesuch an den Grauen Bund löste die Bündnisverpflichtungen aus. Der Graue Bund war ab 1497, der Gotteshausbund ab 1498 zugewandter Ort der sieben östlichen Orte der Eidgenossenschaft. Bern, Freiburg und Solothurn traten wenig später ebenfalls in den Konflikt ein. Die oberösterreichische Regierung wertete die Besetzung des Münstertals als Angriff auf die österreichischen Erblande und aktivierte ihr Bündnis mit dem Schwäbischen Bund.

Ein vermutlich am 26. Januar 1499 in Glurns vereinbarter Waffenstillstand und Frieden wurde von beiden Parteien nicht anerkannt. Eidgenössische wie österreichische Verbände bezogen Stellungen im Rheintal und um Sargans. Angeblich verbale Provokationen führten am 5. Februar zu Überfällen durch Urner Knechte über den Rhein bei Gutenberg. Der Gegenschlag österreichischer Verbände über die St. Luzisteig und die Einnahme der Stadt Maienfeld am 7. Februar liessen den Konflikt eskalieren. Mit der Schlacht bei Triesen am 12. Februar wurde der Landkrieg eröffnet. Danach dehnte sich der Grenzkrieg auf drei weiträumige Frontabschnitte aus: auf Graubünden, Tirol und Vorarlberg, auf das Gebiet um Konstanz, den Hegau und Klettgau sowie auf das Rheintal von Waldshut bis Basel und in den Sundgau hinein.

In den ersten Kriegsmonaten gelang es den Eidgenossen mit deutlichen Siegen in den Schlachten bei Hard nahe Bregenz (22. Februar), am Bruderholz bei Basel (22. März) und im Schwaderloh vor Konstanz (11. April) ein Vordringen des Gegners auf eidgenössisches Territorium zu verhindern. Die Zerstörung der Talsperre bei Frastanz (20. April) beendete die Kämpfe in Vorarlberg.

Zwischen Februar und Mai unternahmen eidgenössische Verbände mehrere Feldzüge in den Hegau, Klettgau und Sundgau, in deren Verlauf zahlreiche Burgen und Ortschaften zerstört und geplündert wurden. In der zweiten Aprilhälfte eroberten und zerstörten die Eidgenossen im Klettgau und Hegau die Städte Tiengen, Stühlingen und Blumenfeld. Ein dritter Hegauzug Ende Mai wurde wegen Versorgungsproblemen abgebrochen.

Im April schaltete sich auch der bis dahin in den Niederlanden weilende König Maximilian I. in den Krieg ein. Er liess am 22. April den Reichskrieg gegen die Eidgenossen ausrufen. Am 27. April traf der König am Bodensee ein und zog weiter nach Tirol. Sein Plan, mit einem Heereszug der Bedrohung Tirols durch die Bündner ein Ende zu setzen, wurde durch den erfolgreichen Angriff Letzterer am 22. Mai auf die Talsperre an der Calven bei Glurns durchkreuzt (Schlacht an der Calven). Einen Rachefeldzug Maximilians ins Engadin Anfang Juni beantworteten die Eidgenossen mit einem Gegenzug, der weite Teile des tirolischen Vinschgaus verwüstete (22. Juni-1. Juli). Ende Juli versammelte Maximilian in Konstanz ein Heer von über 10'000 Mann. Der geplante Vormarsch gegen die Eidgenossen im Schwaderloh scheiterte jedoch an der Weigerung seiner Hauptleute zum Angriff, worauf sich der König enttäuscht nach Lindau zurückzog. Auf die Nachricht von der Niederlage in der Schlacht bei Dornach (22. Juli) stoppte Maximilian seine Kriegsbemühungen und willigte in Friedensgespräche ein. Neben einer Kriegsmüdigkeit auf beiden Seiten kamen bei den Eidgenossen auch wirtschaftliche Probleme und Versorgungsengpässe hinzu, die sie zu einer diplomatischen Lösung drängten. Nach mehrwöchigen Verhandlungen unter Vermittlung des Herzogs von Mailand in Schaffhausen und Basel wurde am 25. August Waffenstillstand und am 22. September Frieden geschlossen (Frieden von Basel).

Folgen

Der Frieden förderte die Aussonderung der Interessengebiete zwischen Habsburg und der Eidgenossenschaft. Deren einziger territorialer Gewinn war das Thurgauer Landgericht, das die eidgenössische Herrschaft über den Thurgau endgültig festigte. Habsburg war abgesehen von einigen Positionen in Graubünden grösstenteils aus dem eidgenössischen Territorium verdrängt. Andererseits mussten die Eidgenossen ihre expansive Bündnispolitik nach Norden aufgeben. Mit dem Hochrhein, Bodensee und Alpenrhein bildete sich eine feste politische Grenze, welche die Voraussetzung für eine dauerhafte friedliche Lösung darstellte. Allerdings verblieben auch jenseits des Rheins mit der Eidgenossenschaft verbündete Territorien. Die Beziehungen zum ehemaligen Gegner wurden in der Folgezeit normalisiert. König Maximilian I. erneuerte bereits im Oktober 1500 eine mit Zürich, Bern, Uri und Unterwalden geschlossene Vereinigung, die unter anderem die Ewige Richtung von 1474 bestätigte.

Im Verhältnis der Eidgenossen zum Heiligen Römischen Reich brachte der Schwabenkrieg kaum Veränderungen. Im Wortlaut des Friedens von Basel findet das Reich keine Erwähnung, womit die Sicht der Eidgenossen betont wird, sie hätten gegen Maximilian I. als Erzherzog von Österreich und Graf von Tirol und nicht als Reichsoberhaupt Krieg geführt. Im Ergebnis sicherte der Frieden den Eidgenossen allerdings eine weitgehende Selbstständigkeit innerhalb des Reichs, wie sie in ähnlicher Form auch andere Glieder genossen.

Zu den unmittelbaren Folgen des Schwabenkriegs gehörte die Aufnahme Basels und Schaffhausens im Juni und August 1501 als vollberechtigte Mitglieder in die Eidgenossenschaft. Die gemeinsame Bewältigung des Schwabenkriegs stärkte das Selbstbewusstsein der Eidgenossen. Zudem gaben die Schlachtenerfolge der bereits nach den Burgunderkriegen begonnenen Entwicklung zu einer militärischen Grossmacht weiteren Auftrieb.

Deutung

Während der Schwabenkrieg weder in der zeitgenössischen noch der modernen deutschen Geschichtsschreibung je eine grössere Rolle spielte, erfuhr er innerhalb der Eidgenossenschaft eine breite historiografische Aufarbeitung, die bereits um 1499/1500 einsetzte, unter anderen mit Kaspar Frei, Niklaus Schradin und Johann Lenz. Die ältere schweizerische Historiografie, so etwa Wilhelm Oechsli (1890), pflegte lange die Vorstellung des Schwabenkriegs als eines Kampfs der Eidgenossenschaft um die Unabhängigkeit vom Reich. Hans Sigrist (1947) und Karl Mommsen (1958) wiesen unter Berufung auf die Akten der Friedensverhandlungen und die zeitgenössische Chronistik nach, dass der Schwabenkrieg mehrheitlich als Konflikt der Eidgenossen mit dem Haus Habsburg-Österreich gesehen und die Vorstellung eines Kriegs gegen das Reich von den Eidgenossen explizit zurückgewiesen wurde. Die Loslösung vom Reich war kein Ziel der Eidgenossen, die sich auch nach 1499 weiterhin als Reichsglieder bezeichneten. Die moderne Forschung vertritt die Auffassung, dass der Schwabenkrieg zwar die schon bestehende Tendenz zum Auseinandergehen von Eidgenossen und Reich verstärkte, an der grundsätzlichen Stellung der Eidgenossenschaft im Reichsverband aber nicht viel änderte.

Quellen und Literatur

  • H. Sigrist, «Reichsreform und Schwabenkrieg», in Schweiz. Beitr. zur allg. Gesch. 5, 1947, 114-141
  • K. Mommsen, Eidgenossen, Kaiser und Reich, 1958, 11-16, 287-289
  • B. Meyer, «Der Thurgau im Schwabenkrieg von 1499», in ThBeitr. 116/117, 1979/80, 5-218
  • HbSG 1, 338-348
  • H. Maurer, Schweizer und Schwaben, 21991
  • P. Niederhäuser, «"Kriegs"-Gesch. im Wandel», in Vom "Freiheitskrieg" zum Geschichtsmythos, hg. von P. Niederhäuser, W. Fischer, 2000, 155-179
  • Gesch. der Schweiz und der Schweizer, 32004, 316-326
  • A. Gutmann, Die Schwabenkriegschronik des Kaspar Frey und ihre Stellung in der eidg. Historiographie des 16. Jh., 2010, 21-38
Weblinks

Zitiervorschlag

Andre Gutmann: "Schwabenkrieg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.02.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008888/2015-02-24/, konsultiert am 19.03.2024.