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Kreuzzüge

Die Kreuzzugsbewegung als Teil des religiösen Aufbruchs im Hochmittelalter erfasste seit Ende des 11. Jahrhunderts auch das Gebiet der Schweiz. Der Aufruf von Papst Urban II. 1095 zum ersten Kreuzzug nach Palästina fand im Adel und unter den Prälaten der burgundischen und alemannischen Schweiz Anklang. Am Zug von 1096-1099 und an der Eroberung von Jerusalem beteiligten sich vermutlich Graf Rudolf I. von Neuenburg, Ulrich von Greyerz, Domherr in Lausanne, und sein Bruder Hugo, ein Ritter von Ems, ein Freiherr von Brandis, Abt Gerhard von Allerheiligen und Graf Hartmann von Kyburg-Dillingen. Ein nachhaltigeres Echo löste der Aufruf zum zweiten Kreuzzug durch Bernhard von Clairvaux aus, der im Dezember 1146 auf seiner Predigtreise, begleitet von Bischof Hermann I. von Konstanz, durch die Nordschweiz zog. Darauf nahmen in Basel Bischof Ortlieb und viele Kriegsleute aus seinem Bistum das Kreuz und zogen mit Konrad III. ins Heilige Land. Nachdem er auf der Rückreise 1149 in Regensburg privilegiert und entlassen worden war, kehrte Ortlieb von Frohburg mit kostbaren Reliquien nach Basel zurück. An diesem Zug nahmen auch Graf Amadeus III. von Savoyen (1148 in Nikosia), der zuvor im Kloster Saint-Maurice eine Pfandleihe aufgenommen hatte, und Bartholomäus II. von Grandson teil.

Unabhängig von Kreuzfahrerheeren zogen immer wieder Ritter und Geistliche, vereinzelt auch Frauen ins Morgenland, um als Pilger (Pilgerwesen) die heiligen Stätten zu besuchen und sich dem Kampf gegen die Heiden anzuschliessen, so beispielsweise Vaucher II. und III. von Blonay oder die als Mönch verkleidete Uta von Tarasp, die 1163 auf der Reise starb und im Kloster Marienberg im Südtirol bestattet ist.

Der ungarische König Sigismund von Luxemburg (1368-1437) zieht zu Schiff in einem der letzten (1396) als Kreuzzüge deklarierten Feldzug gegen die Türken, nach der Luzerner Chronik von Diebold Schilling, 1513 (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung, Eigentum Korporation Luzern).
Der ungarische König Sigismund von Luxemburg (1368-1437) zieht zu Schiff in einem der letzten (1396) als Kreuzzüge deklarierten Feldzug gegen die Türken, nach der Luzerner Chronik von Diebold Schilling, 1513 (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung, Eigentum Korporation Luzern).

Unter den Teilnehmern des von Kaiser Friedrich I. Barbarossa angeführten dritten Kreuzzugs (1189-1192), bei dem Akkon erobert wurde, befanden sich Zähringer sowie Grafen von Kyburg, Habsburg, Neuenburg und Burgund, die Bischöfe Heinrich I. von Basel und Nantelm von Genf. Für den vierten Zug nahm 1200, unter dem Eindruck der Predigt des Zisterzienserabtes Martin Litz von Pairis (Elsass), der Bischof von Basel, Lüthold von Aarburg, das Kreuz. Dem Heer König Andreas' II. von Ungarn, das den fünften Kreuzzug in Angriff nahm, schlossen sich nach der Predigt der Zisterzienser von Hauterive 1217 Adlige der burgundischen Schweiz an, Herren von Vulliens, Grandson und Ernen sowie der Lausanner Bischof Berthold von Neuenburg. Zu diesen stiessen Rudolf II. von Rapperswil und Lütold IV. von Regensberg, der 1218 vor Akkon den Tod fand. Beim Zug Friedrichs II. machten nach der Predigtreise des Kardinallegaten Konrad von Urach in der Ostschweiz unter anderem Werner von Kyburg-Dillingen (1228 vor Akkon) und Rudolf II. von Glattburg mit. Eine herausragende Gestalt der späten Kreuzzüge war der im Dienst des englischen Königs stehende Heerführer Otto I. von Grandson, dessen Name mit der Belagerung und dem Fall von Akkon 1291 sowie dem Untergang der Kreuzfahrerbastionen in Palästina eng verknüpft ist.

Auch bei Kreuzzügen gegen andere Heiden und gegen Häretiker finden sich «Schweizer»: beim Zug des Deutschen Ordens ins Baltikum von 1225, an dem Berner teilnahmen, beim Zug von 1243 gegen die Mongolen und 1366 bei demjenigen Graf Amadeus' VI. von Savoyen gegen die Bulgaren, als Mitstreiter aus der Westschweiz und dem Wallis dabei waren. Im 15. Jahrhundert wurde neben den Hussiten- und Türken-Kreuzzügen im Zeichen eines oberrheinisch-eidgenössischen Nationalismus auch der Kampf gegen Karl den Kühnen von Burgund als Kreuzzug propagiert.

Kritik an den Kreuzzügen wurde von Seiten der humanistischen Geschichtsschreiber wie Heinrich Bullinger, Johannes Stumpf und Aegidius Tschudi laut. Die Kreuzzüge hatten grosse Rückwirkungen auf Europa. Die in Palästina entstandenen geistlichen Ritterorden errichteten sowohl zur Unterstützung des Kampfes wie auch für Pilger und Arme ein Netz von Kommenden, Herbergen und Spitälern. Kreuzzugspredigt, -gelübde, -ablässe, Geldsammlungen, Vergabungen und der Reliquienfluss aus dem Orient veränderten das religiöse und kulturelle Leben im Abendland nachhaltig. König Ludwig IX. von Frankreich schenkte 1261 dem Kloster Saint-Maurice einen Dorn der Krone Christi. Neue Motive fanden Eingang in die christliche Ikonografie, unter anderem die Jerusalem- und Ölbergdarstellung in der Kirche Santa Maria degli Angeli in Lugano (um 1530). Für die Schweiz fehlt, über Einzelbeobachtungen hinaus, eine landesgeschichtliche Gesamtdarstellung der Kreuzzüge und ihrer Auswirkungen.

Quellen und Literatur

  • L. Carlen, «Die Kreuzzugsbewegung im Wallis», in ZSK 57, 1963, 107-119
  • R. Pfister, Kirchengesch. der Schweiz 1, 1964, 166-169
  • L. Carlen, «Der Ritterschlag am Hl. Grab zu Jerusalem», in Forsch. zur Rechtsarchäologie und rechtl. Volkskunde 6, 1984, 5-26
  • L. Schmugge, Die Kreuzzüge aus der Sicht humanist. Geschichtsschreibung, 1987
  • LexMA 5, 1508-1519
  • Ökumen. Kirchengesch. der Schweiz, hg. von L. Vischer et al., 1994, 61-63
  • C. Sieber-Lehmann, Spätma. Nationalismus, 1995
Weblinks

Zitiervorschlag

Ernst Tremp: "Kreuzzüge", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.11.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008725/2007-11-21/, konsultiert am 19.03.2024.