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Kriegsschiffe

Verschiebung der katholischen Truppen auf dem Zugersee während des Kappelerkriegs von 1531. Illustration aus einer Chronik von Christoph Silberysen (Aargauer Kantonsbibliothek, Aarau, Miscellanea, MsWettF 33, Fol. 3v).
Verschiebung der katholischen Truppen auf dem Zugersee während des Kappelerkriegs von 1531. Illustration aus einer Chronik von Christoph Silberysen (Aargauer Kantonsbibliothek, Aarau, Miscellanea, MsWettF 33, Fol. 3v).

Die zahlreichen Wasserwege auf dem schweizerischen Territorium wurden militärisch wenig genutzt. Am ehesten brauchte man sie für den schon im Mittelalter belegten Truppentransport, bei dem zivile Schiffe zum Einsatz kamen. 1422 beispielsweise überquerte das nach Arbedo ziehende, 400-500 Mann starke Luzerner Kontingent den Vierwaldstättersee auf sieben Lastschiffen. Im Januar 1798 landete ein Teil der französischen Invasionstruppen per Schiff in Nyon und Lausanne. Während des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870 setzten die Tessiner über den Vierwaldstättersee, um sich an die Rheingrenze zu begeben.

In der Schweiz fand keine einzige bedeutende Seeschlacht statt. Schiffe, manchmal auch Flösse, kamen jedoch bei Belagerungen oder bei Wasser-Land-Aktionen zum Einsatz. Strabon (Buch VII) berichtet von Kämpfen zwischen Römern und Vindelikern, die 15 oder 14 v.Chr. auf dem Bodensee stattfanden. 1375 griffen die Berner das Schloss Nidau von der Zihl aus an, indem sie ihre Waffen auf Booten installierten. Im Alten Zürichkrieg lieferten sich Schwyzer und Zürcher mehrere Gefechte um die Herrschaft über den Zürichsee (Belagerung von Rapperswil, Wasser-Land-Überraschungsangriff auf Hurden, Infanteriekampf von Floss zu Floss bei Männedorf 1445). In den Burgunderkriegen gelang es den Bernern nicht, die Garnison von Grandson vom Neuenburgersee her zu befreien, hingegen konnten sie bei der Belagerung von Murten nachts den Kontakt zur Stadt mittels Barken aufrechterhalten.

Schiffsmanöver auf dem Zürichsee, organisiert von der militärischen Gesellschaft der Stadt Zürich am 8. September 1783. Kolorierte Radierung von Johann Jakob Aschmann (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Schiffsmanöver auf dem Zürichsee, organisiert von der militärischen Gesellschaft der Stadt Zürich am 8. September 1783. Kolorierte Radierung von Johann Jakob Aschmann (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

Dennoch verkehrten, wenn auch nur vorübergehend, Kriegsschiffe auf Schweizer Seen. Auf dem Genfersee unterhielt das Haus Savoyen schon im 13. Jahrhundert einen Verband kleiner Kriegsschiffe, die in den Häfen von Villeneuve (VD) und Ripaille (Thonon) vor Anker lagen. In den beiden Orten bestanden auch Schiffswerften. Im 17. und 18. Jahrhundert erlebte der Schiffbau dank der Bemühungen der Genfer, Berner und Zürcher einen Höhepunkt. Um der savoyischen Flotte die Stirn zu bieten, kreuzten Genfer Brigantinen (u.a. Le Soleil) und Berner Galeeren (Le Grand Ours, Le Petit Ours) auf dem Genfersee. Auf dem Zürichsee manövrierten neunzig Jahre lang die 1693 erbauten Kriegsschiffe. Der 1695 fertiggestellte Hafen von Morges diente sowohl Militär- als auch Handelszwecken. Doch die bescheidenen «Flotten» (wenige Schiffe) spielten nur eine geringe Rolle. Mehrere Projekte kamen nie zur Ausführung; nach den Bemühungen des letzten «Admirals», Auguste de Crousaz (1798), wurde die bernische Flottille 1793 abgerüstet.

Schiffsmanöver auf dem Genfersee, fingiert und gezeichnet 1785 von Major François Cuénod de Martignier (Staatsarchiv Bern, B II Nr. 634, S. 385).
Schiffsmanöver auf dem Genfersee, fingiert und gezeichnet 1785 von Major François Cuénod de Martignier (Staatsarchiv Bern, B II Nr. 634, S. 385). […]

Die Nachbarstaaten waren stärker am Einsatz von Kriegsschiffen interessiert als die Schweiz. Im 10. und 11. Jahrhundert führte der Kampf um die Hoheit des Luganer- und Comersees zu Seekriegen. In den Müsserkriegen (1525-1532) fanden auf dem Comersee heftige Kämpfe statt. Auf dem Bodensee griffen die Schweden 1633 die kaiserlichen Truppen an. Während des französisch-piemontesischen Kriegs gegen Österreich bildete 1859 der Langensee den Schauplatz militärischer Operationen: Drei österreichische Dampfschiffe zogen sich nach Magadino zurück, wo deren Besatzung interniert wurde. Die Eidgenossenschaft kaufte die österreichischen Schiffe (darunter das in der Schweiz gebaute Kanonenboot Radetzky), verkaufte diese aber bereits 1860 und 1861 wieder an die italienische Regierung.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs besass die Schweiz im Gegensatz zu ihren Nachbarn Italien, Österreich, Bayern, Württemberg und Baden keinen einzigen Verband von Kriegsschiffen, weder auf den Tessiner Seen noch auf dem Bodensee. Zur Grenzüberwachung auf dem Bodensee benützte die Armee kleine Boote, die sie 1917 durch Motorboote ersetzte. Letztere wurden nach dem Krieg demobilisiert. Erst 1942 schuf man wieder eine Militärflotte, die auf den Grenz- und Réduitseen zum Einsatz kam und aus neun bewaffneten Patrouillenbooten sowie rund 50 requirierten Privatschiffen bestand. Daraus ergab sich die 1947 gegründete Kompanie, die sich ab 1961 in drei Kompanien (Bodensee, Genfersee, Tessiner Seen) gliederte. 1980 wurden diese mit zehn neuen Schiffen ausgestattet und seit 1995 haben sie ihre eigene Rekrutenschule. Die 1970 eingeführten Transportschiff-Detachemente – die letzten Schiffe verkehrten auf dem Vierwaldstättersee – wurden 1994 aufgelöst.

Quellen und Literatur

  • A. Naef, La flottille de guerre de Chillon aux XIIIe et XIVe siècles, 1904
  • P. Bloesch, «Die Schiffspläne im Berner Staatsarchiv und in der Bibliothèque cantonale et universitaire in Lausanne», in BZGH 39, 1977, 37-66
  • J. Meister, Kriege auf Schweizer Seen, 1986
Weblinks
Kurzinformationen
Kontext Seekrieg, Seeschlacht

Zitiervorschlag

Alain François Berlincourt; Marco Jorio: "Kriegsschiffe", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.11.2007, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008582/2007-11-05/, konsultiert am 29.03.2024.