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Bellelay

Das Kloster Bellelay von Westen. Federzeichnung von Emanuel Büchel, Juni 1755 (Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett; Fotografie Martin Bühler).
Das Kloster Bellelay von Westen. Federzeichnung von Emanuel Büchel, Juni 1755 (Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett; Fotografie Martin Bühler).

Abtei (Prämonstratenser) in der Gemeinde Saicourt BE. Das um 1140 gestiftete und 1797 säkularisierte Kloster (u.a. Belilaia, Bellelagia, Belelai) lag in der Diözese und im Fürstbistum Basel. Selber Filiale der Abtei Lac de Joux, gründete Bellelay am Ende des 12. Jahrhunderts eine bald zum Priorat herabgestufte Niederlassung in Grandgourt und 1255 die Abtei Gottstatt. Bellelay hatte die Obhut über die 1303 gegründete und 1523 in ein Priorat umgewandelte Abtei Himmelspforte (bei Wyhlen, heute Baden-Württemberg) inne. Bellelay gehörte zunächst zur Zirkarie (Ordensprovinz) Burgund, ab 1672 zur Zirkarie Schwaben. Patrone: St. Immer, später Maria und St. Peter.

Nach der Legende soll Siginandus, Propst von Moutier-Grandval, Bellelay in Erfüllung eines bei einem Jagdunfall gemachten Gelübdes gestiftet haben. In der Tat ging die Hauptinitiative aber wahrscheinlich vom Basler Bischof Ortlieb von Frohburg aus, der in der ersten päpstlichen Bestätigungsbulle für Bellelay (1142, nicht 1141) als Schirmherr von Bellelay erwähnt ist, markierte doch Bellelay einen wichtigen Eckpfeiler an der Westgrenze der Diözese. Der Bischof entnahm das Stiftungsgut für Bellelay im Wesentlichen den Gütern von Moutier-Grandval, das er damals fest kontrollierte. Nach bescheidenen Anfängen gewann Bellelay an Bedeutung. Der Grundbesitz verteilte sich über das ganze heutige Gebiet des Kantons Jura und des Berner Juras. Bellelays Wirtschaftsführung, bei welcher das Hauptgewicht auf Patronatsrechten und Zehnten lag, war für das Spätmittelalter typisch. Nach den Erschütterungen durch die wirtschaftliche und politische Krise des ausgehenden 14. Jahrhunderts leitete die tatkräftige Verwaltung von Abt Heinrich Ner (1401-1424?), eines Verwandten des Basler Bischofs und ersten Mitraträgers unter den Äbten von Bellelay, den Wiederaufschwung ein. Spätestens ab 1414 stand Bellelay im Burgrecht mit Bern (bis zur Reformation) und Solothurn (bis zur Säkularisation), spätestens ab 1516 auch mit der Stadt Biel (bis 1606). Im Schwabenkrieg wurden die Gebäude 1499 niedergebrannt.

Durch die Reformation fand sich Bellelay an der Konfessionsgrenze wieder, und einige Konventualen traten zum neuen Glauben über. Im 17. und besonders im 18. Jahrhundert durchlebte das Kloster, trotz äusserer Gefahren, eine Blütezeit: Im Dreissigjährigen Krieg blieb Bellelay, obschon bedroht, dank des Bündnisses mit Solothurn verschont. Bei den Landestroublen, welche das Fürstbistum Basel 1726-1741 erschütterten, spielte der Abt von Bellelay als Vorsitzender der Landstände eine wichtige Rolle: Er suchte die Machtbefugnisse dieses Organs zu mehren und die absolutistische Herrschaft des Fürstbischofs einzuschränken, wofür er 1741 von Letzterem bestraft wurde. Erst 1791 wurde Bellelay wieder in die Landstände aufgenommen und dem Abt der Vorsitz übertragen.

Im 18. Jahrhundert wurden die Klostergebäude erneuert, wobei der Baumeister Franz Beer von Blaichten mit der im Vorarlberger Barockstil erbauten und 1714 geweihten Kirche den Anfang machte. 1772 wurde ein Kollegium eröffnet, dessen Bedeutung rasch zunahm: 1779 zählte es 62 Schüler, die vor allem aus dem Ausland, insbesondere dem Elsass, aber auch aus den katholischen eidgenössischen Orten kamen. 1782 wurde der Bau eines neuen Pensionats notwendig, und 1797 besuchten über 100 Schüler das Kollegium.

Die Ausrufung der Raurachischen Republik und die folgende französische Besetzung der nördlichen Teile des Fürstbistums zogen Bellelay in Mitleidenschaft. Das Priorat Grandgourt wurde geräumt, später suchten die Pensionäre und der Abt mitsamt der Klosterbibliothek Zuflucht in Solothurn. In die eidgenössische Neutralität einbezogen, entging die Abtei dem Anschluss an Frankreich, ehe sie im Dezember 1797 aufgehoben wurde, ihre Güter beschlagnahmt und verkauft sowie die Ordensleute ausgewiesen wurden.

Die grosse Mehrzahl der 42 namentlich bekannten Äbte von Bellelay entstammte dem städtischen Bürgertum der Region. Die Zahl der Kanonikate unterlag im Laufe der Jahre Schwankungen: In der Krise um 1402 waren es möglicherweise nicht mehr als acht, 1435 wiederum 15. Nach der Reformation sank die Zahl im 16. Jahrhundert erneut, stieg im 17. Jahrhundert dagegen wieder an, um sich im 18. Jahrhundert bei rund 30 einzupendeln. Das übliche Aufgabenfeld der Chorherren wurde durch das Priorat Grandgourt und Pfarrstellen wie in La Neuveville, Tavannes und Bévilard erweitert. In der Abtei lebten auch Konversen, über deren Zahl und Ämter aber wenig bekannt ist. Im 15. Jahrhundert traten sie gegenüber den renduiz, mehr oder weniger stark in die Abtei integrierten Laien, in den Hintergrund. Letztere genossen grosse Freiheiten (einige waren sogar verheiratet), lebten jedoch in enger wirtschaftlicher und geistiger Verbindung mit der Abtei. Im 14. Jahrhundert liess die Disziplin, der allgemeinen Entwicklung folgend, deutlich nach, und die Chorherren genossen bis ins 16. Jahrhundert ihre Einkünfte als persönliche Pfründen. 1580 liess der päpstliche Nuntius die Missbräuche beheben. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts schloss der Ordensdelegierte Servais de Laruelle Bellelay in seine Reformbestrebungen ein. Die zahlreichen Pfarreien stellten vor allem dank der Zehnten eine wichtige Einnahmequelle dar und wurden oft von den Chorherren selbst versehen: Boécourt, Bassecourt, Les Genevez, Montignez, La Neuveville, Tavannes, Lengnau, Pieterlen und Bévilard. Die fünf Letztgenannten traten zur Reformation über, der Abtei blieben jedoch das Kollaturrecht und grosse Machtbefugnisse. Aus spirituellen Motiven und Sicherheitserwägungen verband sich Bellelay mit benachbarten, auch nicht dem eigenen Orden angehörenden Gotteshäusern: 1362 wurde eine Gebetsverbrüderung mit den Klöstern Erlach, Frienisberg, Fontaine-André, Gottstatt und jenem auf der St. Petersinsel geschlossen. Eine andere Art von Verbindung wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt (jedenfalls vor 1460) mit den Mönchen von Lützel (F) sowie den Chorherren von Moutier-Grandval und Saint-Ursanne eingegangen.

Das Kloster war Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft, welche vom 15. Jahrhundert an den Namen Courtine de Bellelay trug. Neben bedeutenden grundherrlichen Rechten und Einkünften, welche ihm in verschiedenen Teilen des ehemaligen Fürstbistums Basel zustanden, verfügte Bellelay auch über Niedergerichte in der unmittelbaren Nachbarschaft, namentlich in den jurassischen Dörfern Fornet (Gemeinde Châtelat und Lajoux), Lajoux und Les Genevez. Landesherr und Inhaber der Hochgerichtsbarkeit war jedoch der Fürstbischof von Basel, der auch die Rodungsfreiheiten gewährte und den Grenzverlauf der Courtine de Bellelay überwachte.

Im 19. Jahrhundert verfiel die Abtei zusehends. Auf dem Klosterareal wurden unter anderem eine Gerberei, eine Schmiede und eine Brauerei betrieben. 1899 wurden die Klostergebäude in eine Psychiatrische Anstalt umgewandelt, die auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch ihren Dienst versieht. Die 1960 restaurierte Kirche beherbergt seit 1970 alljährlich Gemäldeausstellungen.

Quellen und Literatur

  • «Bellelay», in Intervalles, 1986, Nr. 15, 3-193
  • A. Wyss, D. de Raemy, L'ancienne abbaye de Bellelay, 1992
  • J.-C. Rebetez, L'abbaye prémontrée de Bellelay (1140-1420), Thèse Ecole des Chartes Paris, MS., 1993
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Jean-Claude Rebetez: "Bellelay", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.05.2012, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008492/2012-05-31/, konsultiert am 16.04.2024.