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Oltigen

Burg in der Gemeinde Radelfingen BE, 11. Jahrhundert-1412 Herrschaft, dann bis 1483 bernische Landvogtei. Die Stammburg der Grafen (1074-1107 erwähnt) bzw. der Freiherren von Oltigen (12. Jh.) auf dem Schlosshubel am Zusammenfluss von Aare und Saane überwachte die einzige Aarebrücke zwischen Bern und Aarberg (1226 erwähnt, 1379 abgegangen, 1430-1452 erneut bezeugt, später wieder abgegangen). Sie war Kern einer Herrschaft, deren Ausdehnung nicht mehr zu eruieren ist, im 11. und 12. Jahrhundert dann einer Freiherrschaft mit Schwerpunkt links von Saane und Aare (u.a. Herrschaft Arconciel) und im 11. Jahrhundert der kurzfristigen Allodialgrafschaft Oltigen (1006 comitatus Ottingin). Spätestens ab 1218 gehörte Oltigen zum kyburgischen Machtbereich; die Burg mit Burgstädtchen (1226 erwähnt; im 16. Jh. abgegangen, Halsgräben, Mauerreste) war kyburgisches Verwaltungszentrum in der Obhut der Ministerialenfamilie von Oltigen (1224-1397), die auch Schultheiss (1249) und Meier stellte. Burg und Herrschaft waren mehrfach zu Pfand gesetzt, unter anderem für die Ehesteuer kyburgischer Gräfinnen (1218-1256 Margaretha von Savoyen, 1254 Elisabeth von Chalon), und bildeten 1301-1342 das Witwengut Elisabeths von Kyburg-Freiburg. Über die Herrschaft Oltigen hinaus reichte der Streubesitz des kyburgischen officium Oltigen (Urbar 1261-1263). 1363 verkaufte Kyburg seine Rechte über Burg und Herrschaft Oltigen an Österreich und übernahm diese als österreichisches Lehen bis zum Wiederkauf 1385 durch Gräfin Anna von Kyburg-Nidau. Nach Besitzerwechseln im Grafenhaus Neuenburg (Isabella von Neuenburg, Konrad von Freiburg) kaufte Savoyen die Herrschaft 1410 von Hugo Burkhard von Mömpelgard und übergab sie diesem als Lehen. Seine Untertanen empörten sich noch im selben Jahr gegen ihn, stürmten die Burg und brachten ihn um. Die an Oltigen angrenzende Stadt Bern legte sofort Hand auf den Brückenort und die Herrschaft, bevor Savoyen einschreiten konnte. Bern wurde der Anstiftung zum Aufruhr bezichtigt und liess deshalb den Tathergang durch Zeugen aufnehmen (1411). Auf Vermittlung des Grafen von Neuenburg erwarb Bern Oltigen 1412; Savoyen verzichtete auf seine Lehensrechte. 1413 kauften sich die Herrschaftsleute von der Leibeigenschaft los. Ein bernischer Vogt verwaltete die Herrschaft mit Grund- und Streubesitz von Worblaufen bis Bargen mit Konzentrationen links der Aare in Gurbrü, Golaten, Wileroltigen und rechts in Oltigen, Radelfingen, Frieswil, Wohlen, Grossaffoltern; ein ehemaliges kyburgisches Hochgericht dürfte sich auf Oltigen beschränkt haben. 1483 unterstellte Bern das Gebiet teils der Landvogtei Laupen (Gerichte Biberen-Wileroltigen, Säriswil, Frieswil mit Oltigen), teils Aarberg (Gerichte Radelfingen, Grossaffoltern). 1798-1803 gehörte das Gebiet dem Distrikt Zollikofen an. 1803 bzw. 1831 entstand die heutige politische Einteilung: Oltigen wurde Teil der Gemeinde Radelfingen im Amtsbezirk Aarberg, Säriswil Teil der Gemeinde Wohlen im Amtsbezirk Bern.

Quellen und Literatur

  • SSRQ BE II/5, (Einleitung)
  • O. Arn, Oltigen, 1962

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Oltigen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.11.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008348/2010-11-30/, konsultiert am 29.03.2024.