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Gärten

Der Garten ist eine umgrenzte (Nutz-)Fläche, die so alt ist wie die bäuerliche Kultur (Bauern). Wie auf umgrenzten Flächen innerhalb von Zelgen und Allmenden wurden in den Gärten Gemüse, Obst oder Sonderkulturen angepflanzt (Gartenbau). Die ersten schriftlichen Quellen stammen aus römischer Zeit. Damals gab es bereits eine eigentliche Gartenkultur. Im Frühmittelalter wurde das antike Erbe auch im Gebiet der Schweiz von den Klöstern gepflegt. Insbesondere die Benediktinermönche und die Zisterzienser sorgten für die Verbreitung der Gartenkultur (Heilkräuter). Der St. Galler Klosterplan von 816 unterschied drei Gartenareale: einen Gemüse- und Gewürzgarten, einen Kräuter- oder Heilpflanzengarten und einen Obst- und Baumgarten. Dieser Plan gilt sowohl als Vor- wie auch als Abbild eines frühmittelalterlichen Gartens. Er hatte einen fördernden Einfluss auf die spätere Entwicklung von Kloster- und Bauerngärten. Auch Burg- und Stadtgärten wurden in Anlehnung an ihn realisiert.

Bauerngärten

Bauerngarten in Wynigen. Fotografie, 2001 © Foto Hans Kern, Eggiwil.
Bauerngarten in Wynigen. Fotografie, 2001 © Foto Hans Kern, Eggiwil. […]

Der Bauerngarten, den man immer noch in grosser Zahl im Emmental findet, entstand durch die Herauslösung eines Stücks Land aus der genossenschaftlichen Flur, um es einer Sondernutzung zuzuführen. Diese bebaubare Fläche lag meist in unmittelbarer Nähe des Hauses. In St. Galler Urkunden des 8. Jahrhunderts finden sich bereits Hinweise auf eingefriedete, eingezäunte Gärten. Allerdings ist der Bauerngarten wohl älter als diese frühen schriftlichen Hinweise. Er diente vor allem der Ergänzung der Ernährung (Gemüse, Gewürze), erfüllte aber durch die Pflege von Nutzpflanzen (Blumen, Faser-, Heil-, Färbepflanzen) auch weitere Funktionen. Im 16. Jahrhundert wurde die Gestaltung des Bauerngartens stark vom italienischen Renaissancegarten beeinflusst. Die strenge Beet- und Wegeinteilung, die Ausrichtung auf das Haus hin und das Einfassen der Beete mit Buchs (der allerdings in den Kantonen Jura, Wallis, Tessin und Graubünden nicht bekannt war) gehen darauf zurück. Das Pflanzeninventar wurde ergänzt durch (Zier-)Pflanzen aus der Türkei und aus Amerika, die zuerst in den herrschaftlichen Gärten Spaniens und Portugals kultiviert worden waren. Innovative Bäuerinnen pflanzten neue, nährstoffreiche Gemüse wie Kartoffeln und Topinambur in der frühen Neuzeit in den Bauerngärten an. Gefördert wurde die Gartenkultur vor allem durch die Hausväter-Literatur und in zunehmendem Mass durch die neu entstandenen Gartenbücher (z.B. Daniel Ragors «Der Pflantz-Gart» von 1639). Im 18. Jahrhundert gingen weitere Impulse von den Patriotischen und Ökonomischen Gesellschaften sowie von der französischen Gartenkultur aus. Im 19. Jahrhundert schliesslich erfuhr der Bauerngarten nochmals einen Bedeutungsgewinn. Während der Massenarmut trug sein Ertrag wesentlich zur Selbstversorgung bei.

Um 1920 erlebte der alte Bauerngarten eine Renaissance. Als 1925 der Botanische Garten Bern (Botanische Gärten) anlässlich der Schweizerischen Ausstellung für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau einen Bauerngarten einrichtete, war dies eine kleine Sensation. Ähnliche Ziele wie der Schöpfer dieses Gartens verfolgte auch der Gartengestalter Johannes Schweizer, der für die Landesausstellung 1939 in Zürich zwei Bauerngärten schuf. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Bauerngarten zunehmend an Bedeutung, weil der Einfluss des städtischen Gartens bis in die entlegensten Dörfer vordrang. So hielt etwa der industriell gefertigte Metallzaun Einzug.

Im 19. und vermehrt im 20. Jahrhundert setzte sich mehr und mehr die Auffassung durch, dass der bäuerliche Betrieb in erster Linie nach dem Prinzip der Rendite zu führen sei. Rationale Denkweise trat in den Vordergrund. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass in jüngster Zeit dank ökologischer Einsichten diesbezüglich ein Meinungsumschwung stattgefunden hat. Auch gewann die Erkenntnis an Bedeutung, dass mit der Aufgabe von traditionellen Werten – und dazu gehört zweifellos der Bauerngarten – ein Stück alter Kultur unwiederbringlich verloren geht.

Herrschaftliche und öffentliche Gärten

Herrschaftliche Gärten sind sowohl Zier- als auch Nutzgärten einer Oberschicht. Wir finden sie in der Schweiz bereits bei den Villen der Römer. Das Aufblühen der Städte im späten Mittelalter führte zu den ersten öffentlichen Baumgärten, etwa auf dem Petersplatz in Basel und dem Lindenhof in Zürich (Parkanlagen). In der Renaissance beschäftigten sich Gelehrte wie Konrad Gessner und Felix Platter mit dem Pflanzenvorkommen in Zier- und Nutzgärten, insbesondere in Gärten reicher Bürger und Adliger, und legten auch eigene Studiengärten mit seltenen Pflanzen an. Beeinflusst von der Renaissance wurden im 16. und vermehrt im 17. Jahrhundert neben bereits bestehenden, aber auch neben neuen Landsitzen geometrische Zier- und Nutzgärten nach französischem Vorbild angelegt. Erst im Barockzeitalter erreichte auch in der Schweiz die architektonische Einheit zwischen Haus und Garten ihren Höhepunkt, wobei der vorherrschenden Topografie folgend der ebene französische Parterregarten oft mit dem italienischen Terrassengarten vermischt wurde. Da fruchtbarer Boden nur beschränkt vorhanden war, konnte der Ziergarten den Nutzgarten jedoch nicht verdrängen. Die frühesten Herrschaftsgärten dieser Art entstanden bei Landgütern nahe der Städte Solothurn, Bern, Basel und Zürich und in der Westschweiz, dort oft in Rebbergen oder an den Seeufern. Die Besitzer dieser Barockgärten waren vorwiegend Patrizier und Handelsherren. Grosse, von Fürsten angelegte Herrschaftsgärten fehlten.

Die Landgüter Zum Wonneberg und Zum Brunnenhof der Familien Escher und Werdmüller in Zürich-Riesbach. Lavierte Federzeichnung, um 1750 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Die Landgüter Zum Wonneberg und Zum Brunnenhof der Familien Escher und Werdmüller in Zürich-Riesbach. Lavierte Federzeichnung, um 1750 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Gleichzeitig gaben nun auch die Städte Aufträge für die Errichtung von Parkanlagen. Die ersten öffentlichen Promenaden entstanden in Zürich (Platzspitz) und Genf (Promenade des Bastions). Als Reaktion auf den nach architektonischen Richtlinien angelegten Garten, wie er sich von Frankreich aus in Europa verbreitete, setzte sich in der Folge von England aus der Landschaftsgarten durch. Zu dessen Siegeszug in Europa trug auch das Gedankengut Albrecht von Hallers, Jean-Jacques Rousseaus und Salomon Gessners bei. Einzige grössere Anlage dieser Art in der Schweiz ist die ab 1785 angelegte Eremitage bei Arlesheim. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden englische Parks bei klassizistischen Villen an den Stadträndern, erbaut von Kaufleuten und Industriellen. Aber auch die ehemaligen Befestigungsanlagen der Städte wurden zu englischen Parks und Anlagen umgewandelt. Die englischen Gärten in Quai-, Hotel- und Kuranlagen in Zürich, Luzern und Genf, in Bad Ragaz und Baden sowie in den Luftkurorten Davos und St. Moritz befriedigten das Bedürfnis einer neuen Schicht von Touristen nach dem «verlorenen Paradies».

Luftaufnahme von Schloss Waldegg bei Solothurn (Schloss Waldegg, Feldbrunnen).
Luftaufnahme von Schloss Waldegg bei Solothurn (Schloss Waldegg, Feldbrunnen). […]

Im 20. Jahrhundert folgte als Reaktion auf die Auswüchse des englischen Parks der Rückgriff auf den architektonischen Garten, was sich vor allem bei Villen von Industriellen in Winterthur und Zürich zeigen lässt. Der bis zum Ersten Weltkrieg übliche Stilpluralismus liess ein Nebeneinander von architektonisch oder landschaftlich gestalteten Parkteilen zu.

Städtische Wohngärten

Noch vor dem Ersten Weltkrieg (verstärkt aber in den 1930er Jahren) entwickelte sich parallel zum Neuen Bauen im städtischen Umfeld der Wohngartenstil. Die formalen Richtlinien des architektonischen Gartens wurden in Frage gestellt, die Funktionalität gewann an Bedeutung. Es entstanden intime Gärten mit Sitzplatz beim Haus. Ein solcher Garten war gleichsam ein Wohnraum im Freien, in dem verschiedene Aktivitäten möglich waren. Damit war der private Garten nicht mehr länger ein Privileg des reichen Bürgertums. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Gartenstadt Freidorf bei Muttenz (1919-1921). Eigenes Gemüse wurde von einem Teil der städtischen Bevölkerung seit Beginn des 20. Jahrhunderts in den Schrebergärten gezogen. Gartenbauausstellungen und die Aktivitäten der Garten- und Landschaftsarchitekten sorgten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für neue Impulse und eine hohe Qualität einheimischer Naturgärten und landschaftlich gestalteter Gärten, deren Spektrum vom Landschaftsgarten bis zur Gartenlandschaft reicht.

Quellen und Literatur

  • A. Hauser, Bauerngärten der Schweiz, 1976 (mit Literaturverz.)
  • H.-R. Heyer, Hist. Gärten der Schweiz, 1980
  • E. Ruoff, Gartenführer der Schweiz, 1980
  • Vom Landschaftsgarten zur Gartenlandschaft, 1996
  • M. Irniger, «Garten, Gartenbau und bäuerl. Familienwirtschaft in der Nordwestschweiz (14.-16. Jh.)», in Wirtschaft und Herrschaft, hg. von R. Meier, R. Sablonier, 1999, 17-42
  • U. Weilacher, P. Wullschleger, Landschaftsarchitekturführer Schweiz, 2002
  • Arkadien am Bodensee, Ausstellungskat. Schloss Arenenberg, 2005
  • NIKE-Bull., 2006, Nr. 1-2
Weblinks

Zitiervorschlag

Albert Hauser; Hans-Rudolf Heyer: "Gärten", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.12.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007953/2010-12-15/, konsultiert am 12.04.2024.