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Störarbeit

Störarbeit oder Kundenarbeit bezeichnet die Berufstätigkeit des Handwerkers (Störers) im Haus des Kunden. Im städtischen Handwerk von jeher verpönt, war Störarbeit von den Zünften bei vorgeschriebener Werkstattarbeit vom Spätmittelalter an verboten. Verbreitet hingegen war sie auf dem Land, vor allem in Weilern und Einzelhofsiedlungen, wo sie die dienlichere Betriebsform war.

Den mehrheitlich zur Unterschicht zählenden Störhandwerkern – vor allem Schneider, Schuhmacher, Bauarbeiter (Schreiner, Zimmerleute, Maurer, Hafner), auch Seiler, Sattler und Wagner – ersparte die Störarbeit die eigene Werkstatt, den Kunden den Weg ins Dorf. Die zumeist bäuerlichen Kunden verfügten über wenig Barmittel, aber als Selbstversorger über Rohstoffe (Leder, Leinen, Hanf, Holz, Garn, Tuch). Sie verlangten vom Störhandwerker, dass dieser ihr Rohmaterial verarbeitete und anstelle einer Zahlung auch Naturalien akzeptierte. Der Störlohn bestand meist aus der Kost und einem bescheidenen Bargeldlohn, dessen Höhe davon abhing, ob das Rohmaterial vom Kunden oder Meister stammte.

Bauern waren dem Werkstattbetrieb der Dorfmeister wegen langer Wartezeiten und höherer Produktepreise abgeneigt. Sie wehrten sich, wenn zünftige Dorfmeister Störarbeit nach städtischem Vorbild zu verbieten suchten. So erwirkte das Emmental 1644 die zeitweise Aufhebung der Landzünfte und die Zürcher Landschaft in den 1650er Jahren den Widerruf von Privilegien für Landmeister. Schliesslich duldeten die Zünfte die Störarbeit der Landmeister weitgehend. Verboten blieb sie Schlossern und Schmieden auf unkonzessionierten Essen von Hofbauern.

Neben ansässigen Störhandwerkern gab es auch Wanderhandwerker (Wanderarbeit) auf Stör – vor allem Glaser, Kessler und Hafner – sowie Hausierer mit Fertigware. Doch erst mit dem Verkauf von Fabrikwaren in Dorfläden ab den 1860-1870er Jahren verloren Störer allmählich ihre Aufträge. Im Einzelhofgebiet hielt sich die Störarbeit bis weit nach 1900, als sie in urbanen Siedlungen als undeklarierte Schwarzarbeit bereits wieder ein Comeback feierte.

Quellen und Literatur

  • A.-M. Dubler, Handwerk, Gewerbe und Zunft in Stadt und Landschaft Luzern, 1982, v.a. 345-349
  • T. Meier, Handwerk, Hauswerk, Heimarbeit, 1986, 162-174
Weblinks

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Störarbeit", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.05.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007935/2012-05-30/, konsultiert am 28.03.2024.