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Alte LandschaftSG

Fürstenland

Der Begriff Alte Landschaft bezeichnet das Kernland der Territorialherrschaft des Fürstabts von St. Gallen. Die Bezeichnung erscheint urkundlich erstmals 1580. Sie geht möglicherweise bis auf das Jahr 1468 zurück, als die Fürstabtei das Toggenburg gleichsam als «Neue Landschaft» erwarb. 1530 wurde allerdings noch die Bezeichnung «Landschaft» verwendet, und bis ins 17. Jahrhundert bestanden die Begriffe «Landschaft» und Alte Landschaft nebeneinander. Der Name «Fürstenland» für dasselbe Gebiet ist wohl erst im 18. Jahrhundert entstanden.

Alte Landschaft um 1730
Alte Landschaft um 1730 […]

Die Alte Landschaft umfasste im Wesentlichen die heutigen sanktgallischen Bezirke Wil, Gossau, St. Gallen und Rorschach, unter Ausklammerung des damaligen Territoriums der Stadt St. Gallen. Ferner gehörte zur Alten Landschaft die Exklave Altenrhein, die Teil des Gerichtsbezirks Rorschach war. Die Grenze zum Toggenburg, hauptsächlich durch Thur und Glatt gebildet, wurde bereits 1471 festgehalten. Die Grenzziehung zum Thurgau erfolgte nach dem Schwabenkrieg 1499. Gegen das Rheintal bildete der Markbach östlich von Wartensee die Grenze. Einzelne fürstäbtische Hoheitsrechte (z.B. Appellation, Huldigung, zum Teil Mannschaftsrecht) blieben allerdings auch ausserhalb der Alten Landschaft in den thurgauischen und rheintalischen Niedergerichten erhalten. Bereits 1458-1460 war die Grenze zu Appenzell fixiert worden.

Die Anfänge der weltlichen Herrschaft der Abtei St. Gallen gehen zurück auf die 818 von Kaiser Ludwig dem Frommen erlangte Immunität, welche die klösterlichen Besitzungen von der gräflichen Gerichtsgewalt eximierte. In der Folgezeit wurde die hohe Gerichtsbarkeit von klösterlichen Kastvögten ausgeübt, die, nachdem die Kastvogtei 1180 durch Erbgang zur Reichsvogtei geworden war, nicht mehr in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis zur Abtei standen. Gestützt auf ein königliches Privileg von 1379 zur Wiedereinlösung der zuvor vielfach zerstückelten und verpfändeten Reichsvogtei erwarb Abt Ulrich Rösch sämtliche Hochgerichte der Abtei in der Alten Landschaft und begann, die fürstäbtischen Herrschaftsrechte zu vereinheitlichen. Rorschach, St. Fiden, Gossau (SG) und Wil (SG) wurden Hochgerichtsstätten. Diese Entwicklung führte zur Bildung der frühneuzeitlichen Territorialherrschaft des Fürstabts von St. Gallen.

Die Alte Landschaft gliederte sich in ein Ober- und ein Unteramt (Wileramt). Das Oberamt umfasste das Landshofmeisteramt, das Rorschacheramt und das Oberbergeramt. Oberste Gerichts- und Appellationsinstanz war das Pfalzgericht. Der Abt regierte auf der Grundlage der Landsatzung und mittels Einzelmandaten. Die im Spätmittelalter geltenden örtlichen Rechtsordnungen hatte Abt Ulrich Rösch in Offnungen festhalten lassen.

In mehrfachen Anläufen suchte sich die Bevölkerung der Alten Landschaft eine bessere Rechtsstellung zu verschaffen, etwa 1525 und 1529-1531, als Zürich zur Zeit der Reformation versuchte, die Alte Landschaft als eigenes Untertanengebiet zu etablieren. Auch der Versuch vom 25. Mai 1530, eine selbstständige Gebietskörperschaft zu bilden, misslang. Die Niederlage der Reformierten im Zweiten Kappelerkrieg setzte diesen Bestrebungen 1531 ein jähes Ende. Erfolgreicher war die Freiheitsbewegung der 1790er Jahre, die 1795 zum sogenannten Gütlichen Vertrag, 1797 zur Gewährung eines eigenen Siegels und zur Wahl eines Landrats der Alten Landschaft führte. Am 4. Februar 1798 entliess das Kapitel des Klosters St. Gallen die Alte Landschaft in die Unabhängigkeit, unter Wahrung einzelner klösterlicher Rechte. Bereits am 14. Februar fand in Gossau die konstituierende Landsgemeinde der Freien Republik der Landschaft St. Gallen statt, die allerdings keine drei Monate bestand. Am 3. Mai nahm Gossau die Helvetische Verfassung an, die andern Gemeinden folgten schnell. Am 6. Mai erreichten französische Truppen das Territorium der Alten Landschaft, das in den am 12. Mai konstituierten Kanton Säntis integriert wurde.

Quellen und Literatur

  • SSRQ SG I/2
  • I. von Arx, Geschichten des Kt. St. Gallen, 1810-13 (Neuausg. 1987)
  • L. Cavelti, Entwicklung der Landeshoheit der Abtei St. Gallen in der Alten Landschaft, 1914
  • Der Grenzatlas der Alten Landschaft der Fürstabtei St. Gallen von ca. 1730, Ausstellungskat. St. Gallen, hg. von W. Vogler, 1993
  • P. Robinson, Die Fürstabtei St. Gallen und ihr Territorium 1463-1529, 1995
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Werner Vogler: "Alte Landschaft (SG)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.06.2001. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007641/2001-06-05/, konsultiert am 19.03.2024.