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LeLocle

Politische Gemeinde des Kantons Neuenburg, Region Montagnes, umfasst seit 2021 auch Les Brenets. 1332 dou Locle. 1454 52 Feuerstätten; 1750 3211 Einwohner; 1850 8514; 1900 12'559; 1950 11'979; 2000 10'529; 2010 10'049; 2020 9865. Im Jahr 2000 waren 88% der Bevölkerung französischsprachig und je ein Drittel reformiert bzw. katholisch.

Le Locle: Situationskarte 2021 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2021 HLS.
Le Locle: Situationskarte 2021 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2021 HLS.

Die auf 946 m gelegene Stadt entstand im gleichnamigen, muldenförmigen Tal. Ihr Gebiet erstreckt sich vom Crêt-du-Locle im Osten bis zum Col des Roches und zur französischen Grenze im Westen. Le Locle entwickelte sich in Häuserblöcken entlang des Verbindungswegs zwischen Frankreich und der Schweiz. Die Häuser sind – typisch für die Uhrmacherstädte des Juras – aus weissem Kalkstein erbaut. Die Gemeinde umfasst mehrere Quartiere: Les Monts im Norden, La Jaluse im Süden und das Industriequartier Les Billodes im Westen. Am östlichen Stadteingang entstand 1856-1861 das Quartier Neuf nach Entwürfen des Architekten Hans Rychner. Da der kleine Fluss Bied im Tal oft Überschwemmungen verursachte, kanalisierte man ihn Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Col des Roches, wo er bis 1898 bedeutende unterirdische Mühlen antrieb. Später wurde er eingedolt. Der Ausdehnung der Stadt setzten die steilen Hänge des Tals und die Sümpfe Grenzen, wobei Letztere für den Häuserbau im Zentrum trockengelegt wurden. Le Locle wurde mehrmals von Grossbränden (1683, 1765, 1833) heimgesucht. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Stadt im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts, als die Uhrenindustrie aufkam. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts eine Mairie der Herrschaft Valangin, war Le Locle 1848 bis 2017 Hauptort des gleichnamigen Bezirks.

Die Stadt von Osten, um 1865. Zeichnung von A. Graf, Radierung von F. Burkhard, veröffentlicht von Hasler & Cie. in Basel (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Die Stadt von Osten, um 1865. Zeichnung von A. Graf, Radierung von F. Burkhard, veröffentlicht von Hasler & Cie. in Basel (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Früheste menschliche Spuren stammen aus dem Ende des Endmesolithikums (6000-5000 v.Chr.). Im Abri des Col des Roches wurden die ersten Keramikfunde des Kantons Neuenburg gemacht; ausserdem kamen viele Werkzeuge, der Backenzahn eines Mammuts sowie Knochen von Hirschen und Wildschweinen zum Vorschein. Die 1926 von einem Zollbeamten entdeckte Ausgrabungsstätte war die erste dieser Epoche, die in der Schweiz untersucht wurde. Hingegen sind für die Zeitspanne von der Frühgeschichte bis zum Mittelalter keine Funde bekannt.

Urkundlich wird Le Locle erstmals in einem Text von 1150 (?) erwähnt, in dem Renaud und Wilhelm von Valangin das Tal der Abtei Fontaine-André zuteilten. 1360 erhielt Johann II. von Aarberg, Herr von Valangin, Le Locle als Lehen vom Grafen Ludwig von Neuenburg. Die jurassischen Berge wurden damals von Kolonisten urbar gemacht, die später den Status freier Rodungsbauern erhielten. Anfang des 14. Jahrhunderts bildeten Le Locle und La Sagne gemeinsam eine Pfarrei. Seit 1351 ist die Maria Magdalena geweihte Kirche belegt. Ihr Turm, das Wahrzeichen der Stadt, entstand zu Beginn des 16. Jahrhunderts, wenige Jahre bevor Letztere 1536 zur Reformation übertrat. Die alte Kirche wurde Mitte des 18. Jahrhunderts vollkommen neu gebaut. 1967 erfolgte der Abriss der 1844 geweihten deutschen Kirche, die katholische Kapelle geht auf 1861 zurück. Nachfahren von zahlreichen Familien, die schon im Mittelalter in Le Locle bezeugt sind, leben noch immer in der Gemeinde: Droz, Dubois, Calame, Gentil, Huguenin, Perrelet, Robert, Sandoz, Tissot usw. Diese ersten freien Bauern erhielten 1372 einen Freiheitsbrief, der Anfang des 15. Jahrhunderts, nach der Gründung der Mairie, erneuert wurde. Die Einwohner von Le Locle erwarben so Rechte auf das urbar gemachte Land, unter der Bedingung, es nicht zu verlassen. Obwohl sie viele Freiheiten genossen, mussten sie den Ehrschatz, den Zehnten und Grundzinsen bezahlen. Die Herren gewährten die Freiheiten mit dem Ziel, die Besiedlung der Berge (Montagnes neuchâteloises) zu fördern, verlangten dafür aber hohe Gegenleistungen. 1502 erhielten 37 Personen die Erlaubnis, nach Bezahlung von 1780 Pfund den Titel «Bürger von Valangin» zu führen. Diesen Bürgern stand das Vorrecht zu, eine Gesamtgemeinde abzuhalten und einen Bürgermeister sowie einen Weibel zu wählen.

Zu Le Locle gehörten neben den städtischen Gemeindegenossen auch die auswärtigen, die in den Dörfern La Chaux-de-Fonds, La Chaux-des-Taillères (La Brévine) und Les Brenets wohnten. Diese trennten sich im 17. Jahrhundert ab, um eine eigene Gemeinschaft zu gründen, wobei sie aber weiterhin Mitglieder der sogenannten Muttergemeinde blieben. Die Hintersassen waren von den Beschlussfassungen ausgeschlossen. Diese Statusunterschiede verursachten zahlreiche Konflikte.

Als Valangin 1592 an die Grafschaft Neuenburg zurückfiel, hatte das weder auf die rechtliche Stellung der Bewohner der Mairie Le Locle, noch auf deren Funktion als Gerichtskreis Auswirkungen. Der von der Herrschaft eingesetzte Maire stand einem zwölfköpfigen Gericht vor. Diese und die Vertreter der elf Quartiere, die ebenfalls von der Gesamtgemeinde ernannt wurden, hatten die Verwaltung inne. Infolge immer wieder aufkeimender Grenzkonflikte schloss die Stadt 1476 einen Burgrechtsvertrag mit Bern ab, um sich vor Invasionen zu schützen. Insbesondere während des Dreissigjährigen Kriegs und beim Einfall Ludwigs XIV. in die Freigrafschaft Burgund kamen Berner Soldaten Le Locle zu Hilfe, das seinerseits im Jahre 1712 an der Seite seiner Verbündeten in die Schlachten von Mellingen und Villmergen zog.

Die Grenzlage der Stadt begünstigte die Beziehungen zu Frankreich, die vor allem während der Französischen Revolution intensiv waren. Zahlreiche  Einwohner Le Locles schworen im Klub der Jakobiner in Morteau auf die Verfassung von 1792. Anhänger und Gegner der Institutionen des Fürstentums gerieten in Konflikt. Die nachfolgende Repression trieb im Frühjahr 1793 viele ansässige Familien ins Exil. Mehrere hundert Personen zogen nach Besançon, wo sie in der vom Nationalkonvent gegründeten sogenannten nationalen Uhrenfabrik Arbeit fanden. Diese revolutionäre Epoche hinterliess in der Bevölkerung Le Locles bleibende Spuren. Sie erklärt teilweise die verbreitete republikanische Gesinnung (Republikaner) während der Restauration.

Der Revolutionsversuch von 1831 in Le Locle stiess nur auf wenig Widerhall, doch die Reaktion der Royalisten gab liberalen Ideen Auftrieb. 1848 begann die Neuenburger Revolution in Le Locle. Die royalistischen Machthaber wurden abgesetzt und die helvetische Fahne, das Symbol republikanischer Gesinnung, am 28. Februar 1848 gehisst. 1850 nahmen die neuen Behörden ihre Arbeit auf. Während der erfolglosen Gegenrevolution von 1856 wurde die Stadt kurz von den Royalisten besetzt. Die junge Republik Neuenburg richtete in Le Locle eine Bezirkspräfektur ein, die bis 1935 bestand. Die Bürgergemeinde nahm weiterhin ihre Hilfsaufgaben wahr und garantierte gewisse öffentliche Dienstleistungen, doch die eigentliche lokale Gewalt wurde der Munizipalität übertragen, wobei ein nach dem Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts bestimmter Generalrat den Stadtrat (Exekutive) ernannte. Dieses System wurde 1888 durch ein Gesetz geändert, das die heutigen Gemeindestrukturen schuf und das Ende der Bürgergemeinde besiegelte (Gemeinde). Die republikanische Stadtregierung förderte Schule und Berufsbildung, indem sie 1855 die Oberschule, 1866 das Lehrerseminar und 1897 die Handelsschule eröffnete. Die 1868 eingerichtete Uhrmacherschule, an der eine technische Ausbildung angeboten wurde, bildete die Grundlage für das 1901-1902 gegründete Technikum, dessen Gebäude heute die Ingenieurabteilung der Fachhochschule Arc wie auch die Technikerschule des interregionalen Berufsschulzentrums Montagnes neuchâteloises beherbergt. Die Stadt unternahm grosse Anstrengungen für den Eisenbahnbau. Zur ersten Linie nach La Chaux-de-Fonds (1857) kamen die Verbindungen mit Besançon (1884) und Les Brenets (1890). Trotzdem leidet Le Locle unter einer gewissen Isolation und einem grossen Durchgangsverkehr.

Le Locles Wohlstand beruht im Wesentlichen auf der Uhrenindustrie, insbesondere der Herstellung von Präzisionsuhren und Werkzeugmaschinen (Maschinenindustrie). Daniel Jeanrichard gehörte zu den Pionieren, die diesen Erwerbszweig in Stadt und Umgebung einführten und ein regelrechtes Verlagssystem sowie ein renommiertes Ausbildungszentrum gründeten. In der Region waren 1750 rund 77 Uhrmacher tätig, 1800 rund 800. Rasch löste die Uhrmacherei das neben der Landwirtschaft betriebene traditionelle Handwerk ab, vor allem die Spitzenklöppelei, die Ende des 18. Jahrhunderts noch etwa 500 Klöpplerinnen beschäftigt hatte.

Plakat der Tessiner Sozialisten von Le Locle, um 1920 (Fondazione Pellegrini-Canevascini, Bellinzona).
Plakat der Tessiner Sozialisten von Le Locle, um 1920 (Fondazione Pellegrini-Canevascini, Bellinzona). […]

Seinen Ruf verdankt Le Locle hochtalentierten Handwerkern und ihren zahlreichen Erfindungen: Abraham-Louis Perrelet, Jacques-Frédéric Houriet, Frédéric-Louis Favre-Bulle und David-Henri Grandjean sind die berühmtesten unter ihnen. Im 19. Jahrhundert war die Stadt vor allem für ihre Taschen- und Schiffschronometer bekannt. Die Uhrmacherei verwandelte Le Locle in einen Industrieort. Auf die handwerkliche Heimarbeit folgten kleine städtische Werkstätten, die nach dem Verlagssystem funktionierten, bis schliesslich im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts die ersten Fabriken entstanden. Die Einführung der mechanisierten Fabrikation zog die Produktion von Werkzeugmaschinen und Uhrenbestandteilen nach sich. Einige Fabriken – wie Zénith, später Dixi – spezialisierten sich während der beiden Weltkriege auf die Waffenproduktion. Die Uhrmacherei förderte auch die Kreativität und einen Sinn für Ästhetik, die in anderen Bereichen des lokalen Lebens zum Ausdruck kamen. Der Buchhändler und Verleger Samuel Girardet (1730-1807) begründete eine Dynastie von Künstlern und Graveuren, die sich auf die Dekoration von Uhrengehäusen und die Bemalung von Medaillen spezialisierten. Diese Tradition setzte die Familie Huguenin mit ihren Gehäusemachern und später Medailleuren fort. Ab 1856 war in Le Locle auch die Schokolade- und Konfiseriefabrik Klaus tätig, die 1992 ihre Pforten schloss. Wie in den meisten Uhrmacherstädten des Jura wurde das politische und soziale Leben von den Ideen des Radikalismus und später des Anarchismus und Sozialismus geprägt. Professor James Guillaume regte die Gründung einer Sektion der Internationale von 1866 an. Die deutschen Sektionen des Grütlivereins und des Arbeitervereins bezeugen, dass bis Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Arbeiter aus der Deutschschweiz in Le Locle tätig waren. Die seit 1897 organisierten Sozialisten stellten ab 1912 die Mehrheit in der Gemeinde und wurden ab 1956 von der Partei der Arbeit (PdA) unterstützt. Die Kommunisten verloren ihren Sitz im Gemeinderat (Exekutive) in den Wahlen von 1992 an die Bewegung Droit de parole, die sich ausserhalb der traditionellen Parteien bewegt. 2004 wurde der Gemeinderat erstmals in direkter Volkswahl bestimmt, dabei erlangten die PdA drei Mandate, die SP sowie der liberale Parti progressiste national je einen Sitz.

Quellen und Literatur

Weblinks
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GND
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1332: dou Locle

Zitiervorschlag

Jean-Marc Barrelet: "Locle, Le", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.08.2021, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007627/2021-08-12/, konsultiert am 19.03.2024.