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AigleGouvernement, Bezirk

Bis 1475 savoyisches Vizedominat, 1475-1798 bernische Herrschaft (Gouvernement), 1798-1803 Distrikt des Kantons Léman, seit 1803 Bezirk des Kantons Waadt.

Karte vom Westteil des Berner Oberlands, 1754 in London gestochen aufgrund der Zeichnungen von Samuel Loup aus Rougemont (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner).
Karte vom Westteil des Berner Oberlands, 1754 in London gestochen aufgrund der Zeichnungen von Samuel Loup aus Rougemont (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner).

Der heutige grand district in den Waadtländer Alpen gehörte im Frühmittelalter der Abtei Saint-Maurice. Schon 1076 aber fasste Savoyen Fuss mit einer Schenkung Kaiser Heinrichs IV. Im 12. Jahrhundert erhielt die Familie d'Aigle vom Grafen von Savoyen das Vizedominat über den Flecken. Im 13. Jahrhundert ging es an die Saillon über. 1338 teilten sich die Familien Compey-Thorens und Tavelli je hälftig in den Besitz. Zahlreiche Familien besassen Lehen in der Gegend, die zur Vogtei Chablais und zur Kastlanei Chillon sowie kirchlich zum Bistum Sitten gehörte. 1475 lieferte der Durchzug italienischer Söldner, die zum Heer Karls des Kühnen stossen wollten, Bern den Vorwand, die vier Mandements Aigle, Ollon, Bex und Les Ormonts zu erobern und daraus die Vogtei Aigle zu bilden. Diese war das erste welsche Untertanenland eines eidgenössischen Standes und wurde 1528 das erste Gebiet im Welschland, das zur Reformation übertrat. Gerichte (Kastlaneien) der Herrschaft bestanden in Aigle, Noville, Chessel, Ollon, Ormont-Dessous, Ormont-Dessus, Bex, Gryon und Lavey: Die zwei Letzteren unterstanden der Abtei Saint-Maurice, die auch ein Kriminalgericht in Salaz bei Ollon besass. In Leysin (Appellationsgericht in Aigle) und Morcles (Appellationsgericht in Bex) fungierte ein Mistral. Der Landvogt (Gubernator) residierte im Schloss Aigle. Das Landrecht der drei in der Ebene gelegenen Mandements erschien 1772 im Druck, jenes von Les Ormonts blieb handschriftlich überliefert. Kirchlich bildete die Herrschaft ein Kolloquium des Kapitels von Lausanne. Anders als das übrige Waadtland zählte Aigle zu den sogenannten deutschbernischen Vogteien. Noch 1814 versuchte Bern nach Aufgabe seiner Ansprüche auf die Waadt, Aigle und das Pays-d'Enhaut zu behalten als Gebiete, die nicht 1536 erobert worden waren. 1798 kämpften die Gemeinden Aigle, Ollon und Bex auf französischer und waadtländischer Seite gegen die unter dem Befehl des letzten Landvogts Beat Emmanuel von Tscharner stehenden Streitkräfte von Les Ormonts und Leysin. Nach dem Ende der bernischen Herrschaft wurde Aigle, zu dem noch die Gemeinde Villeneuve stiess, in einen Distrikt umgewandelt. Der Bezirk Aigle zählt 15 Gemeinden und ist in die fünf Kreise (heute Gerichtskreise) Aigle, Bex, Ollon, Villeneuve und Les Ormonts eingeteilt.

Quellen und Literatur

  • M. Reymond, «Les combats dans les Ormonts en mars 1798», in RHV, 1925, 97-107, 129-140, 161-172
  • S. Valceschini, Albert de Haller, 1977
  • Revue historique du Chablais vaudois, 1978-82
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Jean-Jacques Bouquet: "Aigle (Gouvernement, Bezirk)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.06.2002, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007565/2002-06-13/, konsultiert am 19.03.2024.