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Lungern

Politische Gemeinde des Kantons Obwalden. Die am Fusse des Brünigpasses gelegene oberste Talgemeinde umfasst neben dem Dorf Lungern am Südende des Lungernsees auch die Weiler Obsee und Bürglen-Kaiserstuhl. 1275 Lutigern (Kopie 14. Jh.), 1275 de Lungern. 1790 1234 Einwohner; 1850 1413; 1900 1828; 1950 1878; 1990 1859; 2000 1965.

Einzelfunde aus dem Mesolithikum, aus der Bronze- und Römerzeit. Neben herrschaftlichem Grundbesitz gab es immer auch ein freies Grundeigentum der Landleute. Die alte Kirche (1275 erwähnt, Katharinapatrozinium), deren Standort heute der Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert markiert, war eine Stiftung der Freiherren von Wolhusen. Diese schenkten 1303 das Patronatsrecht dem Frauenkloster Engelberg, welches es um 1450 an das Land Obwalden abtrat. Seit 1674 befindet sich das Kollaturrecht uneingeschränkt in den Händen der Kirchgenossen von Lungern. Auch das Stift Murbach-Luzern besass in Lungern eine Alp und Güter in Obsee und Bürglen. 1739 wurde Bürglen-Kaiserstuhl mit der 1686 erbauten Kapelle (Antonius- und Wendelinpatrozinium) zur Kuratkaplanei erhoben. Die kommunalen Aufgaben, vor allem die Armenpflege, nahm die Gemeinde der Kirchgenossen wahr. Von ihr unabhängig sind die Nutzungsgenossenschaften entstanden: die Teilsame Obsee mit Bürglen (1388) und die Teilsame Dorf mit Kaiserstuhl (1420), die bis heute ihre Selbstständigkeit gewahrt haben. Das Nutzungsrecht an Allmend, Alpen und Wald war zu jeder Zeit vom Grundbesitz (Güterrecht) innerhalb der Teilsame abhängig. So sind in Lungern im Gegensatz zu den anderen Korporationen Obwaldens auch Beisassen nutzungsberechtigt. Um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert verlagerte sich das Schwergewicht vom Ackerbau zur Viehwirtschaft. Die Bedeutung der Teilsamen nahm schnell zu.

1836 wurde der Lungernsee tiefer gelegt, wodurch 170 ha Land gewonnen wurden. Aufgrund der 1919 den Centralschweizerischen Kraftwerken verliehenen Konzessionen wurde er zur Energiegewinnung wieder aufgestaut. Seit 1982 ist das Seewerk im Eigentum des Kantons Obwalden. Eine beachtliche Einnahmequelle erbrachte im 19. Jahrhundert die Heimarbeit: die Baumwollspinnerei, vor allem die Seidenweberei (Verlag in Zürich, später Horgen), und bis in die 1950er Jahre die Strohhutflechterei (Verlag in Wohlen AG, ab 1910 in Sarnen). Die Wildbäche Eibach und Laui, während Jahrhunderten eine schwere wirtschaftliche Belastung, erforderten um 1900 grosse Verbauungen. Die Eibachkatastrophe von 1887 zog Kirche und Beinhaus derart in Mitleidenschaft, dass man sie aufgab und 1892-1893 die neue Kirche auf dem Sattel erbaute. Der Bau der Brünigstrasse Anfang der 1860er Jahre und die Eröffnung der Brünigbahn Alpnachstad-Brienz 1888 förderten den Fremdenverkehr. Mit der Erweiterung der Hotellerie und der Parahotellerie wurde Lungern vorerst zum Sommerkurort, mit der Erschliessung des Skigebiets durch die Seilbahn Lungern-Schönbüel (1961) auch zum Winterkurort. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich das Handwerk zu einem leistungsfähigen Gewerbe (u.a. mit Bildhauertradition) und führte zu einheimischen industriellen Betrieben: Holzbau, Felsabbau und -sicherung, Fahrzeugaufbauten und Gross-Sattlerei. 2005 bot die Landwirtschaft noch einen knappen Sechstel der Arbeitsplätze, die restlichen wurden zu gleichen Teilen von Industrie bzw. Gewerbe und dem Dienstleistungssektor gestellt.

Quellen und Literatur

  • H. Ming, Die Allmendgenossenschaften von Lungern, o.J.
  • J. und O. Hess, Der wandernde See von Lungern, 1935
  • H. Ming, Bürglen-Kaiserstuhl von damals bis heute, 1991
  • Aus der Pfarreigesch. von Lungern 1994
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Josef Halter: "Lungern", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.07.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000744/2008-07-18/, konsultiert am 19.03.2024.