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Friedrich LudwigKeller

Friedrich Ludwig Keller als Professor in Halle. Lithografie, um 1845 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Friedrich Ludwig Keller als Professor in Halle. Lithografie, um 1845 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

17.10.1799 Zürich, 10.9.1860 Berlin, reformiert, von Zürich. Sohn des Johann Balthasar Keller, Gutsbesitzers, und der Elisabetha geborene Keller vom Steinbock. 1826 Ida Lavater, von Zürich. Schulen und Politisches Institut in Zürich, Studien in Berlin und Göttingen, 1822 Dr. iur. Ab 1824 wirkte Friedrich Ludwig Keller am Politischen Institut in Zürich als Lehrer des Zivilrechts (Rechtswissenschaften). Einen Ruf nach Jena lehnte er ab. 1826 wurde er ordentlicher Professor am Politischen Institut, 1826 Amtsrichter in Zürich (Gerichtswesen). Hier stand er an der Spitze der juristischen Reformbewegung. 1829 wurde er Mitglied des Grossen Stadtrats und 1830 Grossrat (1832 und 1835 Präsident). Nach dem Ustertag, an dem er keinen Anteil hatte, war er der einflussreichste Führer der Radikal-Liberalen des Kantons (Freisinnig-Demokratische Partei, FDP). Ab 1831 präsidierte er das Obergericht. Mehrfach wirkte er als Tagsatzungsgesandter. An der 1833 unter seiner Mitwirkung gegründeten Universität Zürich wurde Keller ausserordentlicher Professor für zürcherisches Partikularrecht und römisches Recht (ab 1838 ordentlicher Professor). 1833-1834 fungierte er als Obmann des Schiedsgerichts in der Basler Teilungsfrage. 1833-1838 gab er die «Monatschronik der zürcherischen Rechtspflege» heraus. 1837 trat Keller aus Protest gegen die Wahl unqualifizierter Richter aus dem Obergericht zurück. Im sogenannten Züriputsch floh er 1839 vorübergehend nach Baden.

Seine manchmal ungenügende Respektierung der Gewaltentrennung, die gelegentlich übermässige Neigung zur politischen Konfrontation, Härte gegenüber privaten Schuldnern und sein wenig prüdes Privatleben verschafften ihm viele Gegner. 1842 lehnte er die Wiederwahl in den Grossen Rat ab, um sich im Ausland ausschliesslich der Wissenschaft zu widmen. Ab 1844 war er Professor für römisches Recht in Halle, 1846 in Berlin. Hier wechselte er die politische Richtung vollständig: Er übernahm die Führung der preussischen Junkerpartei, trat ins Abgeordnetenhaus ein und wurde geheimer Justizrat. 1853 erfolgte aufgrund eines Adelsbriefs von 1487 (Keller vom Steinbock) die Aufnahme in den preussischen Adel (Mitglied des preussischen Herrenhauses). Als Gutsbesitzer in Kniegnitz in Niederschlesien verschuldete Keller sich schwer. Von seinen einstigen Zürcher Parteifreunden hatte er sich entfremdet. Der letzte Besuch in der Vaterstadt verlief unerfreulich. Bei der Rückkehr nach Preussen wurde Keller in Berlin sterbend im Zugabteil gefunden. Die genaue Todesursache blieb ungeklärt. Keller gilt als Schöpfer der Zürcher Justizreform (mit beispielhafter Wirkung für die ganze Eidgenossenschaft), als Begründer der wissenschaftlichen Jurisprudenz der Schweiz und als einer der grössten Juristen des 19. Jahrhunderts. Im Militär bekleidete er zuletzt den Rang eines Obersten.

Quellen und Literatur

  • Keller, Friedrich Ludwig: Ueber Litis Contestation und Urtheil nach classischem Römischem Recht, 1827.
  • Keller, Friedrich Ludwig: Die neuen Theorien in der Zürcherischen Rechtspflege, 1828 (19402).
  • Keller, Friedrich Ludwig: Der römische Civilprocess und die Actionen in summarischer Darstellung zum Gebrauche bei Vorlesungen, 1852 (18836).
  • Schulthess, Hans (Hg.): Schweizer Juristen der letzten 100 Jahre, 1945, S. 107-133.
  • Elsener, Ferdinand: Die Schweizer Rechtsschulen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, unter besonderer Berücksichtigung des Privatrechts. Die kantonalen Kodifikationen bis zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, 1975, S. 357-381.
  • Schmid, Bruno: «Brillant, umstritten, vereinsamt. Der Jurist Friedrich Ludwig Keller», in: Uni Zürich, 5/7, 1987.
  • Weibel, Thomas: Friedrich Ludwig Keller und das Obergericht des Kantons Zürich, 2006.
Von der Redaktion ergänzt
  • Ernst, Wolfgang: «Friedrich Ludwig Keller als Gegenstand der rechtshistorischen Forschung», in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung, 125, 2008, S. 688-695.
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Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 17.10.1799 ✝︎ 10.9.1860

Zitiervorschlag

Bruno Schmid: "Keller, Friedrich Ludwig", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.08.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007312/2007-08-09/, konsultiert am 28.03.2024.