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Stilfserjoch

Ansicht der Südrampe im Valle del Braulio. Fotografie von Rudolf Zinggeler, um 1905 (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Zinggeler).
Ansicht der Südrampe im Valle del Braulio. Fotografie von Rudolf Zinggeler, um 1905 (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Zinggeler).

Das Stilfserjoch (2757 m) verbindet den italienischen Obervinschgau (Stilfs und Prad) mit dem Veltlin (Bormio). Italienisch Passo dello Stelvio oder Giogo dello Stelvio.

Der sehr hohe Übergang scheint schon im Hochmittelalter als Ausweichroute zum Umbrailpass sporadisch dem regionalen Verkehr und Handelsaustausch gedient zu haben. Seit dem Bestehen von Märkten in Müstair 1239 und Glurns 1290 wuchs der Handelsverkehr an. Um 1319 und 1328 verlieh Heinrich, tirolischer Graf und Herzog von Kärnten, den meisten lombardischen Handelsstädten das Privileg, die Waren über den Berg bei Bormio nach Norden zu führen; als Saumweg über den Berg kam dabei eher der Umbrailpass als das Stilfserjoch in Frage. Vom Handelsgut gingen Salz aus Hall und graues Tuch nach Süden und Wein nach Norden. Nachdem die Lombardei 1815 österreichisch geworden war, strebte Österreich aus militärischen Gründen den Bau einer direkten Strasse zwischen dem Tirol und der Lombardei an. Diese wurde 1819-1825 unter der Leitung des brescianischen Ingenieurs Carlo Donegani (auch Erbauer der Splügenstrasse) errichtet; der 7-8 m breite Fahrweg war ein kühnes Werk mit vielen Kunstbauten. Ab dem 1. August 1825 führte eine österreichische Pferdepost im Sommer von Bormio nach Stilfs im Trafoiertal. Als historische Besonderheit ist zu erwähnen, dass die Schweizer Post 1869-1876 auf eigene Rechnung – aber von der italienischen Post subventioniert – Pferdepostkurse von Colico am Comersee bis Bormio führte, die dort den Anschluss an die Strasse über das Stilfserjoch fanden. Das Stilfserjoch erlebte 1848 und 1859 Truppenaufmärsche, und 1915-1918 fand hier ein erbitterter Gebirgskrieg zwischen Italien und Österreich in Eis und Schnee statt, wobei Schweizer Truppenverbände die Landesgrenze schützten. Nach dem Bau der Umbrailstrasse betrieb die Schweiz 1913-1914 und 1922-1927 einen Pferdepostbetrieb von Santa Maria Val Müstair bis zum Stilfserjoch. Ab 1927 verkehrten auf dieser Strecke Postautokurse, mit einer Unterbrechung in den Jahren 1940-1946. Das Stilfserjoch dient zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur mehr dem touristischen Verkehr und erfreut sich im Sommer eines regen Skibetriebs.

Quellen und Literatur

  • O. Stolz, «Das Wormser- und Stilfserjoch in der Verkehrsgesch.», in Der Schlern, 1954, 493 f.
  • J. Gartmann, «Kehrenreicher Umbrail und Stelvio», in Terra Grischuna, 1987, Nr. 3, 20-23
  • G.K. Pinggera, Gesch. der Stilfserjochstrasse, 2001
Weblinks
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Verkehr / Pass

Zitiervorschlag

Martin Bundi: "Stilfserjoch", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.06.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007150/2015-06-11/, konsultiert am 28.03.2024.