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Sondrio

Sondrio (rätoromanisch Sunder, deutsch früher Sonders) ist mit 21'417 Einwohnern im Jahr 2001 die Hauptstadt der italienischen Provinz Sondrio. Der Name Sundrium ist langobardischen Ursprungs und weist auf ein altes Kulturland hin, das der Herrschaft zum eigenen Nutzen vorbehalten blieb.

Im Hochmittelalter unterstand Sondrio den Capitanei di Vizzola auf der Burg Masegra, dann Como. 1318 wurde ein Palisadenzaun, 1325 eine Stadtmauer errichtet. Ab 1335 gehörte Sondrio zu Mailand. Am 16. März 1487 siegten die Bündner vor Sondrio gegen die Truppen des Herzogs von Mailand (Veltliner Feldzug) und 1512 nahmen sie endgültig Einsitz im Veltlin. Sondrio wurde zum Verwaltungszentrum der Untertanenlandschaften: Hier residierten der Landeshauptmann als höchster Vertreter des Bündner Souveräns, der zugleich als Podestat (Richter und Exekutivbeamter) des mittleren Terziers amtierte, sowie der Vicari (oberster Untersuchungsrichter). 1553 wurde der Amtssitz im Palazzo Pellegrini (heute Palazzo comunale) in einen repräsentativen Renaissancebau umgestaltet. Zur Kirchgemeinde Sondrio gehörte das nach Norden verlaufende Val Malenco mit seinen reichen Lavezsteingruben und Werkstätten (Aufgang zum Murettopass auf 2562 m Höhe und ins Engadin bzw. Bergell). Um 1540 kamen reformierte Gemeinschaften auf (Prediger italienischer Herkunft: Scipio Lentulus und Scipio Calandrinus) und um 1553 entstand in Sondrio eine eigene reformierte Kirchgemeinde (Kirche Nabor und Felix) sowie am Sonderserberg und im Val Malenco. 1574 wurde eine reformierte Kirche in Mossini gebaut, die nach der Rekatholisierung dem heiligen Borromeo geweiht wurde. Der Versuch, 1582 eine paritätische Landesschule (Lateinschule) in Sondrio einzuführen, scheiterte drei Jahre später an der gegenreformatorischen Agitation. 1618 wurde am Thusner Strafgericht der Erzpriester von Sondrio und Verfechter der Gegenreformation, Nicolò Rusca, hingerichtet, was 1620 unter anderem zum Veltliner Mord führte. Die zweite Phase der Bündner Herrschaft dauerte von 1639 bis am 14. Juni 1797, als in Sondrio ein Freiheitsbaum aufgestellt wurde und der letzte Bündner Landeshauptmann Clemente Maria a Marca abzog. Im 19. Jahrhundert etablierten sich in der Umgebung von Sondrio und Tirano mehrere Bündner Weinhandelsfirmen.

Quellen und Literatur

  • Pieth, Bündnergesch.
  • E. Camenisch, Gesch. der Reformation und Gegenreformation in den ital. Südtälern Graubündens und den ehem. Untertanenlanden Chiavenna, Veltlin und Bormio, 1950
  • M. Gianasso, Guida turistica della provincia di Sondrio, 1979 (22000)
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Zitiervorschlag

Martin Bundi: "Sondrio", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.01.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007064/2012-01-04/, konsultiert am 28.03.2024.