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Silenen

Politische Gemeinde des Kantons Uri, bestehend aus den Dörfern Silenen, Amsteg, Bristen, den Weilern Hinter- sowie Vorderried und ausgedehnten Streusiedlungen vor allem im Maderanertal. Die flächenmässig grösste Gemeinde Uris liegt am Gotthardpass und ist Ausgangspunkt der Route über den Chrüzlipass. 857 Silana, 1318 Silenen, romanisch Silauna. Zusammen mit Gurtnellen 1743 1304 Einwohner; 1799 1740; nur Silenen 1837 1500; 1850 1542; 1880 2085; 1900 1892; 1920 2493; 1950 2193; 2000 2068.

Der Hügel bei der Ruine Zwing-Uri war schon in der mittleren Bronzezeit (ca. 1450-1200 v.Chr.) und der Eisenzeit (Grubenhaus von ca. 700-450 v.Chr.) besiedelt. Zahlreiche rätoromanisch geprägte Flurnamen im Maderanertal machen einen wohl früh- oder hochmittelalterlichen Siedlungsvorstoss aus dem Vorderrheintal über den Chrüzlipass wahrscheinlich. Die Alemannisierung Silenens dürfte im Frühmittelalter eingesetzt haben. Im frühen Spätmittelalter war der Landesausbau im Wesentlichen abgeschlossen. Das Fraumünster Zürich besass in Silenen zahlreiche Zinsgüter und einen Schweighof. Sein Grundbesitz wurde von der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis Anfang des 15. Jahrhunderts von der Familie von Silenen verwaltet, welche den sogenannten Meierturm in Obersilenen bewohnte. Neben den Klostergütern gab es auch bäuerliches Eigen.

Sust, Wohnhaus zur Sust und Meierturm. Bleistiftzeichnung von Johann Rudolf Rahn, 1889 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Sust, Wohnhaus zur Sust und Meierturm. Bleistiftzeichnung von Johann Rudolf Rahn, 1889 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Die Kirche St. Albin, deren älteste Spuren wohl ins 7. Jahrhundert zurückgehen, wurde 853 von König Ludwig dem Deutschen dem Fraumünster geschenkt, kam 857 an den Zürcher Priester Berold und 952 durch König Otto I. erneut ans Fraumünster. Der heutige Bau entstand 1754-1756. Das Fraumünster besass in Silenen das Zehnt- und Patronatsrecht. Die Pfarrei war eine der drei Urner Landespfarreien und umfasste das mittlere und obere Reusstal bis in die Schöllenen. Vom Hochmittelalter an verfügte sie über zahlreiche Filialkapellen. Die ab 1308 fassbare Genosssame Silenen stellte sechs Mitglieder im Rat der Sechziger. Sie kaufte 1426 vom Fraumünster das Zehntrecht. 1439 verkaufte sie die Zehnten in Wassen und Göschenen den dortigen Kirchgenossen, die sich im selben Jahr von der Pfarrei Silenen abkurten. 1903 lösten sich auch Gurtnellen, Amsteg und Bristen von der Mutterpfarrei.

Die Säumergenossenschaft mit dem Transportrecht bis Wassen erliess 1383 Statuten. Die 1354 bezeugte Sust von Silenen büsste Anfang des 18. Jahrhunderts, als sich die Strackfuhr zunehmend durchsetzte, an Bedeutung ein. Nach dem Strassenbau um die Ortfluh vor 1800 verlor Silenen seine Stellung als Etappenort im Gotthardverkehr an Amsteg. Vom 15. bis 18. Jahrhundert blühte im Maderanertal und am Bristen der Bergbau. Möglichkeiten zu Nebenverdiensten boten ab dem Spätmittelalter auch Harzbrennerei und Strahlerei. Aus der dörflichen Oberschicht ragte bis ins 15. Jahrhundert die Familie der Meier von Silenen heraus. Die stattlichen Bauernhäuser, die vom 16. bis ins 18. Jahrhundert vor allem entlang des Gotthardsaumpfads entstanden, zeugen von einem begüterten Bauernstand.

Die ab 1830 fahrbare Gotthardstrasse förderte die Fuhrhalterei, bis 1882 die Gotthardbahn mit der Station Silenen-Amsteg den Betrieb aufnahm. Wegen des Bahnbaus stieg die Bevölkerung zwischenzeitlich stark an. Die lokalen Verbindungen wurden durch die Bristenstrasse (1912) mit Postautokurs (ab 1935) und die Busverbindung nach Flüelen (1989) verbessert. Im 19. Jahrhundert kamen der Tourismus und der Alpinismus auf. Neue Arbeitsplätze brachten auch das Kraftwerk Arni (1910), das SBB-Kraftwerk (1918-1922), dessen Errichtung einen zweiten Bevölkerungsanstieg nach sich zog, sowie das Eidgenössische Zeughaus in Amsteg (1943). Amsteg und Bristen blieben auch nach ihrer Abkurung von der Pfarrei 1903 Teil der politischen Gemeinde Silenen. Die Primarschule wird dezentral in Silenen, Amsteg und Bristen, die Oberstufenschule seit 1971 zentral in Silenen geführt. Die Behördensitze verteilen sich nach alter Gewohnheit auf die drei Dörfer. Die Ausscheidung der Güter der Korporationsbürgergemeinde erfolgte 1943. Die Autobahn A2 (1980) isolierte Silenen wegen der Abnahme des Durchgangsverkehrs zusätzlich. 1982 erbaute Silenen im Gebiet von Schüpfen ein imposantes Gemeindehaus. Neue Wohnquartiere entstanden Ende des 20. Jahrhunderts im Evibach, im Grund nördlich von Amsteg und in Bristen. 2000 waren gut zwei Drittel der in Silenen wohnhaften Erwerbstätigen Wegpendler.

Quellen und Literatur

  • P. Hubler, Adel und führende Fam. Uris im 13./14. Jh., 1973
  • W. Meyer et al., Die bösen Türnli, 1984
  • L. Lussmann, Silenen-Amsteg-Bristen, 1991
  • H. Stadler-Planzer, Die Pfarrkirche St. Albin und die Kapellen in Silenen, 2007
  • Kdm UR 4, 2008, 41-132
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Hans Stadler: "Silenen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.12.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000705/2012-12-19/, konsultiert am 19.03.2024.