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Schattdorf

Politische Gemeinde des Kantons Uri, in der Reussebene zwischen Schächenbach und Reuss gelegen. Vom Dorf im Tal erstreckt sie sich über viele Einzelhöfe bis zum Weiler Haldi auf 1079 m. 1248 Sachdorf. 1743 602 Einwohner; 1799 650; 1811 628; 1850 822; 1900 1128; 1950 2217; 2000 4897.

Keramik- und Münzfunde aus dem 1.-2. Jahrhundert n.Chr. verweisen auf eine mögliche Besiedlung in römischer Zeit. Noch im Frühmittelalter setzte die Alemannisierung ein, gegen 1300 war der Landesausbau weitgehend abgeschlossen. Die Grafen von Rapperswil besassen in Schattdorf einen Turm und ausgedehnten Grundbesitz, den Heinrich II. seiner Klostergründung Wettingen schenkte. 1359 gingen diese Güter an das Land Uri über, die Hörigen wurden frei. Neben bäuerlichem Eigen sind auch zahlreiche Zinsgüter des Fraumünsters Zürich belegt, das diese vom Meieramt Bürglen verwalten liess. Die ersten Fraumünster-Meier des 13. Jahrhunderts stammten, wie auch beide Parteien der Izzeli-Gruoba-Fehde von 1257 bis 1258, aus Schattdorf. Vom 15. Jahrhundert bis zu ihrer Abschaffung 1928 fand in Bötzlingen unterhalb des Pulverturms die Urner Landsgemeinde statt.

Nach einer späten Tradition soll der heilige Sigisbert Anfang des 7. Jahrhunderts in Schattdorf eine Kirche gegründet haben. Die drei übereinanderliegenden Gräberschichten des Friedhofs könnten auf eine frühe Kirche hinweisen. Allerdings wird ein erstes Gotteshaus – eine Mariä Himmelfahrt geweihte Kapelle mit eigenen Gütern – erst 1270 erwähnt. Sie war eine Filiale der Landespfarrei Bürglen, die samt Zehnt- und Patronatsrecht dem Fraumünster gehörte. Die Abkurung erfolgte um 1537. Die der heiligen Dreifaltigkeit und St. Nikolaus geweihte Pfarrkirche wurde 1729-1733 erstellt. 1398 liessen sich die Kirchgenossen vom Pfarrer ihre alten Rechte und Gewohnheiten, unter anderem die Gerichtshoheit über den Seelsorger, bestätigen. 1426 beteiligte sich Schattdorf am Loskauf des Lämmerzehnten und legte ein Steuerbuch an. In einer Einsiedelei oberhalb des Dorfs lebten vom 16. bis ins 19. Jahrhundert Waldbrüder.

Die Grenzziehung zu Bürglen erfolgte 1576. Das vor 1575 erbaute Tanzhaus diente der Unterhaltung und als Lokal für Dorfversammlungen. Eine Schule mit Laienlehrer wird in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts erwähnt. Zusammen mit Bürglen unter dem Gräblein und Erstfeld diesseits der Reuss gehörte Schattdorf zur vierten Genossame und konnte bis 1798 drei Mitglieder in den Landrat entsenden. Der 1525 erwähnte Dorfbach lieferte die Energie für Mühlen und Sägereien. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte Schattdorf durch die Ansiedlung von Gewerbe entlang des Dorfbachs und die Industrialisierung der Reussebene einen anhaltenden Aufschwung. 1945-1950 produzierte Landis & Gyr, 1945-95 Bally, ab 1972 die Gummifabrik der Dätwyler AG in Schattdorf. Weitere Arbeitsplätze schufen ab 1976 die Stiftung Behindertenbetriebe Uri, ab 1980 die Gotthard-Raststätte an der A2 oder ab 1982 ein Altkleidersortierwerk von Texaid. Durch seine fluss- und bachnahe Lage bestand in Schattdorf stets eine Gefährdung durch Hochwasser, der durch die Verbauung des Gang- (1890-1897) und des Schächenbaches (1910-1914) sowie der Reuss (1972-1976) entgegengetreten wurde. Die Melioration der rechtsufrigen Reussebene nach dem Ersten Weltkrieg verbesserte das Agrarland im Ried und Rinächt. 1951 wurde eine öffentliche Verkehrsverbindung nach Altdorf und zur SBB-Station Flüelen geschaffen. Auf dem Haldi, das 1922 erstmals durch eine Luftseilbahn und in den 1970er Jahren durch eine Fahrstrasse erschlossen wurde, entfaltete sich im 20. Jahrhundert ein reger Sommer- und Wintertourismus. Durch die starke Zuwanderung (Zonenplan 1977) wurde Schattdorf 1980 bevölkerungsmässig zur zweitgrössten Gemeinde im Kanton. Vor allem in der Gandrütti, Eirütti, im Grund und im Acherli entstanden neue Wohnquartiere. 2005 stellte der 2. Sektor 54,4% der Arbeitsplätze in der Gemeinde.

Quellen und Literatur

  • K. Gisler, Schattdorf einst ― heute, 1971
  • 250 Jahre Pfarrkirche Schattdorf 1733-1983, 1983
  • E. Herger, H. Walker, Uri im Gespräch, 1985, 136-143
  • Urner Wbl., 1998, Nr. 36-50
  • B. Furrer, P. Moser, «Das Bleichermätteli in Schattdorf - Schicksal einer Gewerbeliegenschaft», in HNU NF 62, 2007, 81-104
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Hans Stadler: "Schattdorf", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.07.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000702/2011-07-11/, konsultiert am 29.03.2024.