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Sempach

Ansicht des Seestädtchens vom Schlachtfeld aus. Illustration aus dem für das Haus Österreich von Johann Jakob Fugger gefertigten Ehrenspiegel, 1555 (Bayerische Staatsbibliothek, München, Cgm 895, Fol. 144r).
Ansicht des Seestädtchens vom Schlachtfeld aus. Illustration aus dem für das Haus Österreich von Johann Jakob Fugger gefertigten Ehrenspiegel, 1555 (Bayerische Staatsbibliothek, München, Cgm 895, Fol. 144r). […]

Politische Gemeinde des Kantons Luzern, Amt Sursee. Städtchen am südöstlichen Ufer des Sempachersees. Um 1160 Sempach, 1173 Sempahc. Um 1695 ca. 550 Einwohner; 1798 1113; 1816 891; 1850 1086; 1900 1028; 1950 1308; 2000 3483.

Im Uferbereich des Sempachersees wurden jungsteinzeitliche Spuren und bronzezeitliche Siedlungen gefunden. Im Weiler Kirchbühl kamen Reste eines römischen Gutshofs zum Vorschein. Im Hochmittelalter entstand in Sempach zunächst ein Meierhof. Er kam vor 1173 von den Lenzburgern zu den Habsburgern und 1232/1234 an die Habsburg-Laufenburger. Kurz vor 1234 wurde am Ort des Meierhofs die Stadt von den Habsburgern oder Habsburg-Laufenburgern gegründet, wobei feste Türme (Geschlechtertürme?) schon vorher bestanden. 1235 wird erstmals der Schultheiss genannt, 1285 die universitas civium, 1296 der Rat. Von 1297 datiert das früheste überlieferte Stadtsiegel. 1273 wurde Sempach von der älteren Habsburger Linie übernommen und mit Geuensee, Krummbach, Eich, Ludiswil und Adelwil im officium Sempach zu einem Verwaltungsbezirk vereint, dessen Mittelpunkt sich vermutlich bald nach Rothenburg verlagerte. Zur Stadt gehörten innerhalb des äusseren Friedkreises 14 Höfe auf dem Land, zum Teil aus der Berghof-Gruppe. Der Meierhof befand sich im 14. Jahrhundert im Besitz von St. Blasien und kam über diverse Inhaber 1787 zu Luzern, das ihn der Seevogtei unterstellte.

Bedeutung erlangte Sempach unter habsburgisch-laufenburgischer Herrschaft und um 1300, als sich die Gotthardroute über Sursee etablierte und sich Ministerialen in Sempach niederliessen. 1315 verpfändeten die Habsburger die Stadtsteuer dem Strassburger Heinrich von Mülnheim. Die Bürger von Sempach wehrten sich Ende des 14. Jahrhunderts gegen diese Belastung, die Pfandablösung erfolgte jedoch erst 1462. Um 1380 erhielt Sempach von Österreich einen Stadtzoll. Ab 1367 wurde es von den Grünenbergern, den Pfandherren des Amts Rothenburg, bedrängt, welche die Schultheissenwahl und die 14 Höfe beanspruchten. Nach dem Luzerner Überfall auf Rothenburg schloss Sempach am 6. Januar 1386 ein Burgrecht mit Luzern, was mit ein Grund für den Ausbruch des Sempacherkriegs am 9. Juli 1386 war. 1388 wurde das Städtchen vom österreichischen Landvogt im Aargau überfallen. 1415 ging Sempach durch Burgrecht offiziell an Luzern über und erhielt für den Stadtbereich den Blutbann (bis 1798) sowie im Umfang der heutigen Gemeinde einen Fried- bzw. Niedergerichtskreis. Das Burgrecht mit Luzern wandelte sich bis Ende des 16. Jahrhunderts zum Untertanenverhältnis. Während die frühen Stadtrechte verloren gingen, sind Fassungen von 1474, 1477 und 1520 überliefert. Das Regiment bestand aus neun Stadträten inklusive Schultheiss; bei der Schultheissenwahl hatte Sempach gegenüber dem Luzerner Rat das Vorschlagsrecht.

Für einen Storch gefertigter Aluminiumring der Schweizerischen Vogelwarte (Fotografie Martin Bachmann).
Für einen Storch gefertigter Aluminiumring der Schweizerischen Vogelwarte (Fotografie Martin Bachmann). […]

Die Kirche St. Martin wurde zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert auf dem Kirchbühl erbaut. Sie gehörte zum Meierhof und diente der Pfarrei Kirchbühl-Sempach später als Pfarrkirche. Der Kirchbühler Pfarrer ist 1234 als plebanus in Sempach überliefert; zu dieser Zeit residierte er wohl schon bei der Filialkirche St. Stephan, die 1275 erstmals erwähnt wird. 1275 war der Kirchensatz der Pfarrei der einträglichste im Dekanat. Ein erster Schulmeister wird 1271 genannt. 1828-1833 wurde die mittelalterliche, barockisierte Kirche St. Stephan von Baumeister Josef Händle aus Tirol durch einen Neubau ersetzt und mit der Verlegung des Friedhofs definitiv zur Pfarreikirche erhoben. Die nordöstlich der Stadt gelegene Schlachtkapelle St. Jakob von 1387 wurde 1473-1474, 1551-1552 und 1638-1641 umgebaut.

1412 erhielt Sempach vier Jahrmärkte. Unter Luzern kamen der Tor- und Seezoll mit Zollzwang dazu (zusätzlicher Seezoll beim Deckenhüsli 1640-1765, Strassenzoll beim Seehüsli 1765-1834) sowie das Seefrachtmonopol. 1425 wurden Sempach bei der Erneuerung des Burgrechtsbriefs Böspfennig und Hofstättenzinsen überlassen, 1546 auch das Ungeld. Der wirtschaftliche Aufschwung blieb aber zunächst aus und eine Abwanderung nach Luzern setzte ein. 1477 verwüstete ein Brand die Stadt. Ein Stadtspital besteht seit dem 16. Jahrhundert. Im Bauernkrieg 1653 wurde Sempach bedrängt, weil es zur Luzerner Regierung hielt. Mit der Zunahme des Landverkehrs im 17. und 18. Jahrhundert erlebte Sempach eine wirtschaftliche Entfaltung, blieb jedoch noch lange vorwiegend agrarisch geprägt; im Stadtbild herrschte noch der Holzbau vor. Im 18. Jahrhundert wurden eine Färberei, eine Öltrotte und eine Tabakstampfe eingerichtet.

1798-1803 war Sempach Distriktshauptort, 1814-1913 Hauptort eines Gerichtsbezirks mit Eich, Hildisrieden, Neuenkirch und Nottwil. Ebenfalls in der Helvetik kam es zur ersten grossen Allmendaufteilung. Der Weidgang wurde nach 1810 aufgehoben. Im 19. Jahrhundert betrieben die Einwohner Sempachs vermehrt Vieh- und ab 1950 Schweinezucht (Sitz des Schweizerischen Schweinezucht- und Schweineproduzentenverbands, Schlacht- und Mastleistungsprüfungsanstalt) sowie Obstbau (Kirsch). 1818 konstituierte sich in Sempach die kantonale Landwirtschaftlich-ökonomische Gesellschaft, der spätere liberale, gewerbepolitische Kulturverein, der 1859 in Sempach als liberaler Bauernverein neu belebt wurde. 1864 erfolgte die Einrichtung einer Jugendbibliothek. 1814-1880 wurde versucht, die Stroh- und Rosshaarflechterei sowie die Strumpfweberei einzuführen. 1871 nahm eine Fabrik für Kunstblumen ihren Betrieb auf. 1909 gründete die Gemeinde die gewerbliche Fortbildungsschule. Ab 1909 erschien der "Anzeiger von Sempach" (ab 1925 "Sempacher Zeitung", seit 1995 "Sempacher Woche"). Die Linienführung der 1859 eröffneten Schweizerischen Centralbahn war für Sempach ungünstig, erst die 1981 fertig gestellte A2 belebte die Stadtentwicklung. Sempach verfügt über ein Ortsbild von nationaler Bedeutung und beherbergt seit 1924 die Schweizerische Vogelwarte.

Quellen und Literatur

  • P.A. von Segesser, Rechtsgesch. der Stadt und Republik Luzern 1, 1851
  • F. Schaffer, Die Gesch. der luzern. Territorialpolitik bis 1500, 1941
  • G. Boesch, Sempach im MA, 1948
  • Kdm LU 4, 1956, 367-412
  • A. Helfenstein, Werken und Wirken zu Sempach, der kleinen Stadt, 1974
  • F. Glauser, J.J. Siegrist, Die Luzerner Pfarreien und Landvogteien, 1977, v.a. 79-81
  • JHGL 2, 1984, 92; 3, 1985, 76-78; 4, 1986, 105 f.; 5, 1987, 48-50; 8, 1990, 133-135
  • A. Helfenstein, Die Korporation Sempach im 19. Jh., 1986
  • C. Merkli, Lebensraum im Wandel, 1993

Zitiervorschlag

Waltraud Hörsch: "Sempach", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.12.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000654/2012-12-18/, konsultiert am 29.03.2024.