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Wil (ZH)

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Bülach. Dorf im Rafzerfeld mit den Weilern Buchenloo und Hüslihof. Zollstelle Wil an der Strasse Hüntwangen-Bühl (Baden, D). 1216 Wilaer. 1640 392 Einwohner; 1722 557; 1850 932; 1900 750; 1950 715; 2000 1317.

Im Früh- und Hochmittelalter gehörte Wil zur Landgrafschaft Klettgau. Die 1259-1407 erwähnten Ritteradligen von Wil, Dienstleute der Freiherren von Tengen, werden mit der Burgstelle Schnitzberg oberhalb des Dorfs in Verbindung gebracht. Die Freiherren von Tengen besassen als wichtigste Grundherren in Wil das Niedergericht, das sie mit der Herrschaft Eglisau vereinten. Mit dieser gelangte Wil 1463 an den Freiherr Bernhard Gradner und 1496 an die Stadt Zürich. Als Teil der Landvogtei Eglisau wurde das Niedergericht Wil bis 1798 gesondert verwaltet. Die hohe Gerichtsbarkeit besassen ab 1408 die Grafen von Sulz, die sie 1651 der Stadt Zürich verkauften.

Schon vor 1216 war Wil eine selbstständige Pfarrei. Die Kollatur, die ursprünglich die Freiherren von Tengen innehatten, ging vor 1477 an die Grafen von Sulz und wurde ebenfalls 1651 von Zürich erworben. Die Kirchgemeinde umfasste ausser Wil auch Hüntwangen sowie bis 1546 die Weiler Steig, Burg, Oberriet und Wiler bei Eglisau. Nach der Reformation wurde die Kapelle in Wasterkingen der Pfarrei Wil als Filiale zugeteilt. Die neue Kirche wurde 1859 eingeweiht, noch bevor die alte, aus dem Mittelalter stammende 1860 abgetragen war. 1973 liess Wil den überdimensionierten Kirchenbau abbrechen und durch eine moderne Kirchenanlage von Oskar Bitterli ersetzen.

In der frühen Neuzeit herrschte in Wil Ackerbau, ergänzt durch Weinbau, vor. Im 18. Jahrhundert ist ländliches Handwerk nachgewiesen; in Buchenloo befanden sich zwei Mühlen, um 1835 zusätzlich ein Bad. Die von den kollektiven Nutzungsrechten des Dorfs ausgeschlossenen Bewohner der Weiler Buchenloo und Hüslihof wurden 1798 der Gemeinde Wil zugeteilt. Bis 1803 gehörte sie zum Distrikt Bülach, 1803-1814 zum gleichnamigen Bezirk und 1814-1830 zum Oberamt Embrach. 1830 kam Wil wieder zum Bezirk Bülach.

Wil war ein Zentrum der vom 17. bis 19. Jahrhundert betriebenen, exportorientierten Strohhutflechterei, die um 1830 auf ihrem Höhepunkt stand. Insbesondere die wegen der starken Güterzersplitterung verarmten Bauern und Tauner fanden in der Heimarbeit einen zusätzlichen Erwerb. 1897 erhielt das Dorf mit der Station Hüntwangen-Wil einen Anschluss an die Bahnlinie Schaffhausen-Zürich, doch blieb es landwirtschaftlich ausgerichtet. Noch 1920 arbeiteten 65% der Erwerbstätigen im 1. Sektor. Die um 1950 begonnene Wohnbautätigkeit beschleunigte sich in den 1980er Jahren. Nach 1960 setzte im flachen Gebiet zwischen Dorf und Bahnlinie im grossen Stil der Kiesabbau ein. Die teilweise Wiederauffüllung der Gruben führte zu einer Umgestaltung der Landschaft unter anderem mit Weihern und Naturschutzflächen.

Quellen und Literatur

  • T. Meier, Handwerk, Hauswerk, Heimarbeit, 1986, 320-341
  • P. Schweizer, Wil (ZH), 1993
  • T. Neukom, «"Hoche grichte und übrige herrligkeit"», in ZTb 2002, 2001, 1-51
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Ueli Müller: "Wil (ZH)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.01.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000059/2013-01-23/, konsultiert am 29.03.2024.