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Kirchdorf (BE)

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Verwaltungskreis Bern-Mittelland, auf der Terrasse zwischen Aare- und Gürbetal gelegen, mit Anteilen an beiden Tälern sowie am Gerzensee. Die Gemeinde umfasst das Dorf Kirchdorf, Weiler und Höfe sowie seit 2018 Gelterfingen, Mühledorf (BE) und Noflen. 1228 Chilthorf. 1764 326 Einwohner; 1850 679; 1880 710; 1900 605; 1930 589; 1950 640; 1960 535; 2000 819; 2010 814; 2018 1843.

Kirchdorf (BE): Situationskarte 2018 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2019 HLS.
Kirchdorf (BE): Situationskarte 2018 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2019 HLS.

In Kirchdorf wurden Gräber aus der Latènezeit im Raum Kirche-Friedhof und nicht datierbare Gräber an der Noflenstrasse sowie ein Erdwerk im Gestelenwald gefunden. Im Mittelalter war das Gebiet im Besitz verschiedener in Bern verburgerter Herren (u.a. von Kramburg, Sigriswil und Bennenwil). Durch Kauf oder Donation von Höfen mit Gerichtsrechten gelangte es an geistliche Institutionen (Kloster Interlaken 1250 und 1305, Inselspital 1354, Niederspital Bern 1414), bis Jakob von Wattenwyl die einzelnen Rechte 1507-1508 zu einer Herrschaft vereinte. Nach Besitzerwechseln im 17. Jahrhundert erwarben die Dorfgenossen 1645 das Gericht Kirchdorf und übergaben es der Stadt Bern für 1000 Pfund. Es wurde eines der vier Vennergerichte des Landgerichts Seftigen (Twingrecht 1645). Kirchdorf gehörte ab 1803 zum Oberamt Seftigen und 1831-2009 zum Amtsbezirk Seftigen. Die mittelalterliche Ursuskirche – 1228 erstmals bezeugt und 1872-1874 nach einem Brand wieder aufgebaut – war für verschiedene Dörfer zuständig; ab dem 16. Jahrhundert auch für Uttigen; 1664 löste sich Seftigen ab. Der Kirchensatz ging an Bernburgerfamilien (von Bennenwil, Krauchthal und Erlach) und kam 1579 an Bern. Die Kirchgemeinde umfasste zu Beginn des 21. Jahrhunderts Gelterfingen, Jaberg, Kienersrüti, Kirchdorf, Mühledorf, Noflen und Uttigen. Seit jeher betrieb man im alten Pfarrdorf Kirchdorf, Durchgangsort zwischen Emmental und Schwarzenburg, Landwirtschaft und Gewerbe. Ab den 1970er Jahren wuchs die Bevölkerung, und die Bautätigkeit nahm zu. Ende des 20. Jahrhunderts boten Landwirtschaft (Acker-, Obst- und Gemüsebau sowie Milchwirtschaft), Kleingewerbe, Kiesabbau und eine regionale Kehrichtdeponie Verdienstmöglichkeiten, doch fast zwei Drittel der Erwerbstätigen in Kirchdorf arbeiteten 2000 auswärts. An historischen Gebäuden bestehen der Käfigturm mit dem Gemeindearchiv (17. Jh.), das ehemalige obrigkeitliche Kornhaus (um 1700 erbaut, heute ein Unterweisungslokal) sowie die privaten Landsitze Schlössli (1646 erstellt) und Winkel (1668). Die Stiftung Tannacker führt in Kirchdorf eine Wohn- und Arbeitsgemeinschaft für Behinderte.

Quellen und Literatur

  • H. Egger, Die Gürbe und ihr Tal, 1958
  • T. Hurschler, Bauinventar der Gemeinde Kirchdorf, 2009
Weblinks
Normdateien
GND
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1228: Chilthorf

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Kirchdorf (BE)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.10.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000495/2020-10-05/, konsultiert am 19.03.2024.