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Grundpfandrecht

Das Grundpfandrecht ist ein beschränktes dingliches Recht, das für eine Forderung – in der Regel ein Darlehen – Sicherheit bietet. Zur Sicherung dieser Forderung wird ein Pfandrecht an einem Grundstück errichtet. Erfüllt der Schuldner bei Fälligkeit die Forderung nicht, so hat der Gläubiger das Recht, sich aus dem Erlös des Grundstücks bezahlt zu machen.

Die Zeit vor 1900

Vom Mittelalter bis um 1800

Der Bodenkredit, von dem seit dem Hochmittelalter verschiedene Rechtsformen unter mannigfaltigen Bezeichnungen bezeugt sind, war das übliche Mittel zur Geldbeschaffung (Kredit). Weit verbreitet war in der Schweiz wie überall im Reich die Gült. Sie erlaubte die Geldanlage gegen Zins ohne Verstoss gegen das Zinsverbot (Wucher), da wie bei Grundzinsen und Renten ein belastetes Grundstück für die Erfüllung der periodischen Zinsleistung haftete; es gab keine persönliche und keine Vermögenshaftung, ursprünglich auch keine Kündigungs- und Ablösungsmöglichkeit. Kapitalanlage und Zinsertrag standen im Vordergrund. Verbrieft war die Gült handelbar wie ein Wertpapier.

Eine alte Grundpfandform war auch das Eigentumspfand, bei dem die Verpfändung in einen Kaufvertrag gekleidet war: Der Pfandgläubiger erhielt in einer Kaufurkunde das Pfand wie ein Käufer zu Eigentum; in einer Gegenurkunde, dem Revers- oder Widerbrief, sicherte er dem «Verkäufer» bzw. Schuldner jedoch zu, diesem bei Rückzahlung des Kaufpreises das Pfand zurückzugeben. Der Wiederkauf war dadurch erschwert, dass er innert gesetzter Frist und aus eigenen Mitteln zu geschehen hatte. Im 14. und 15. Jahrhundert kamen häufig ganze Herrschaften, die als Eigentumspfand eingesetzt worden waren, vom verschuldeten Adel an die finanzkräftigen Städte, weil der Adel das Geld für den Rückkauf nicht aufbrachte.

Eine weitere Variante war die sogenannte Pfandsatzung (lateinisch obligatio), wobei zwischen zwei Typen, der «älteren» und der «jüngeren Satzung», zu unterscheiden ist. Bei der «älteren Satzung», die oft Reichsgut betraf, wurde das Pfandgut dem Gläubiger zur Nutzung und Verwaltung übergeben. Je nach Ertrag des Pfandes bzw. der Höhe der Schuld vereinbarte der Schuldner entweder eine sogenannte Totsatzung, ein Nutzungspfand oder ein Verfallpfand: Bei der Totsatzung war der Ertrag des Pfandes relativ hoch, und der Gläubiger nutzte es daher nur kurz (z.B. fünf Jahre), bevor es wieder an den Schuldner fiel. Das Nutzungspfand dagegen verschaffte dem Gläubiger auf unbestimmte Zeit, d.h. bis ihm seine Forderung bezahlt wurde, den vollen Ertrag des Pfandgutes. Das Verfallpfand wurde gemäss Vertrag Eigentum des Gläubigers, falls der Schuldner es nicht binnen der festgesetzten Frist auslöste. Die ältere Pfandsatzung erlaubte dem Pfandgläubiger auch, zur Gewinnmaximierung sein Pfandrecht einem Dritten zu verkaufen. Das Pfand wurde so rechtlich dem Eigentum angenähert, wirtschaftlich aber war es leicht verwertbar, ähnlich wie bei der Gült und beim heutigen Schuldbrief. Unter Ehegatten war das Nutzungspfand gebräuchlich: Der Ehemann setzte in einem sogenannten Frauengutsbrief die Morgengabe der Ehefrau als Pfand auf seine Liegenschaft.

Bei der «jüngeren Satzung» hingegen blieb das verpfändete Gut in der Verwaltung und Nutzung des Schuldners, insbesondere wenn die Schuld im Vergleich zum Pfand geringen Wert hatte. Das Prozedere war ursprünglich kompliziert: Der Gläubiger musste nämlich das Nutzungseigentum (Gewere) symbolhaft für sechs Wochen und drei Tage – diese Zeit entsprach der gerichtlichen Auskündungsfrist – antreten, bis er nach dieser Frist das Pfand dem Eigentümer, meist in Form einer Leihe, wieder übertrug. Noch im 14. Jahrhundert entfiel die symbolische Handlung. Der Gläubiger erhielt im Übrigen das Recht, auf das Pfand zu greifen, wenn ein Schuldner sein Pfandgut heimlich weiter verpfändete. Obrigkeiten verfolgten seit dem 16. Jahrhundert betrügerische Doppelverpfändungen in Wuchermandaten.

Schon im 14. Jahrhundert war es erlaubt, ein Gut an mehrere Gläubiger mit deren Wissen gleichzeitig oder nacheinander zu verpfänden. Das Pfand wurde zu Gesamteigentum bestellt, an dem jeder Gläubiger Anspruch auf Deckung im Umfang seiner Forderung hatte; die verschiedenen Pfandrechte standen somit nach heutigem Begriff unter sich im gleichen Rang. Ein solches Teilpfand (lateinisch hypotecatio) verschaffte dem Gläubiger kein Nutzungseigentum am Pfand, sondern nur den Rechtsanspruch in Höhe seiner Einlage (Hypothek).

Ende des 14. Jahrhunderts kam mit der allgemeinen Vermögenshaftung im Schuldvollzug das Generalpfandrecht – die Hab- und Gutverschreibung oder Obligation – auf, bei dem der Schuldner über das verpfändete Grundstück hinaus auch mit seinem Vermögen haftete, so wie beim heutigen Schuldbrief.

Anders als die genannten Grundpfandarten diente der Schadlosbrief in erster Linie der Sicherung der Zahlpflicht wie derjenigen der Bürgen: Der Schuldner versprach dem Gläubiger, diesem einen Schaden, der ihm vom Schuldner oder von einem Dritten zuwachsen könnte, aus dem Verkaufserlös des im Schadlosbrief genannten Grundstücks um die verbriefte Pfandsumme zu ersetzen.

Erste Seite eines Pfandbriefs vom 1. Dezember 1524 (Archives d'Etat de Genève, Notaire Claude de Campois, Bd. 1, Fol. 223).
Erste Seite eines Pfandbriefs vom 1. Dezember 1524 (Archives d'Etat de Genève, Notaire Claude de Campois, Bd. 1, Fol. 223). […]

Die vielen in der Deutschschweiz verbreiteten Grundpfandarten – nach 1803 zählte man an die 60 Arten – unterschieden sich oft nur in lokalen, zeit- und fallgeprägten Details. Sie wurden durchwegs als Urkunden (Briefe) ausgefertigt, denen der Charakter von öffentlichen Rechts- und Beweismitteln zukam. Zur Betrugsbekämpfung verlangten Landesobrigkeiten ab dem 16. Jahrhundert mit unterschiedlichem Erfolg die amtliche Ausstellung der Pfandbriefe durch öffentliche Notare oder vor Gericht und/oder die Eintragung in öffentliche Pfandregister. Von den in der Deutschschweiz geltenden Grundpfandarten unterschied sich die römisch-gemeinrechtliche Grundpfandverschreibung der West- und Südschweiz, die, gestützt auf die Registerpflicht des öffentlichen Notariats, allein durch Eintragung in das öffentliche Register Rechtskraft erhielt. Da keine Urkunde ausgestellt wurde, fehlte die lange Lebenszeit als Wertpapier wie bei der Gült. Vielmehr erlosch das Grundpfand nach Abzahlung und dem Löschungsvermerk im Register. Die Grundpfandverschreibung verbreitete sich seit dem 16. Jahrhundert auch in Graubünden, Neuenburg und Basel.

Das 19. Jahrhundert

Die Helvetik schuf kein neues Grundpfandrecht, vielmehr überlebte das alte, das ab 1803 wieder in die Kompetenz der Kantone überging. Eine Ausnahme bildete der Nordteil des ehemaligen Fürstbistums Basel, der unter Frankreich dem französischen Grundpfandrecht unterstand und dieses beibehielt. Nach 1803 unterschied man drei hauptsächliche Pfandrechtsregionen: In der Innerschweiz, in Glarus und Appenzell dominierte die auf dem Grundstück haftende Gült bzw. verwandte Formen. In den Kantonen Zürich, Thurgau, St. Gallen, Schaffhausen und Aargau herrschten dagegen der Schuldbrief und diesem ähnliche Arten vor, deren Merkmal die zusätzliche persönliche Haftbarkeit des Schuldners war. Schuldbrief und Gült waren Wertpapiere. In der Süd- und Westschweiz sowie in Graubünden galt die Grundpfandverschreibung, die neben der Gült auch in der Waadt, in Freiburg, Bern und Solothurn bestellt wurde.

Im frühen 19. Jahrhundert beruhte das schweizerische Hypothekarwesen wie im Ancien Régime in erster Linie auf Krediten von Privatpersonen. Der wachsende Güterverkehr, die Zunahme der Güterteilungen und Güterarrondierungen sowie die mangelhafte Publizität der Pfandgeschäfte – vielerorts wurde die Eintragung in öffentliche Gültregister nicht verlangt – gefährdeten das Pfandsystem, sodass der Ruf nach einer Neuordnung des Grundpfandrechts laut wurde. Zwar lockerte sich ab 1831 das starre Gültrecht allmählich; die Gült wurde vermehrt ablösbar, der Zinsfuss variabel und der Schuldner über das belastete Grundstück hinaus subsidiär haftbar. Einer wirklichen Reform war indes das private, zu wenig kontrollierbare Kreditwesen vorderhand noch hinderlich. Als Erste nahm die Bank Leu in Zürich das bankmässige Hypothekargeschäft an die Hand. Da die sozialpolitische Bedeutung eines geordneten Hypothekarwesens nicht mehr zu bestreiten war, gründeten ab 1846 die Kantone Bern, Baselland, Thurgau, Genf, Neuenburg, Freiburg und Waadt staatliche Hypothekarkassen. Über die geregelte Kreditabwicklung der Kassen kam nun die Neuordnung des Hypothekarwesens in Gang: Üblich wurde eine Belehnungsgrenze von meist zwei Dritteln des Verkehrswerts. Grundstücke mussten – anfänglich durch den Gemeinderat – obligatorisch geschätzt werden. Jedes Grundpfand war in das Grundbuch bzw. den Kataster einzutragen, dem jetzt anstelle der gerichtlichen Fertigung die Offenlegung der Rechtsverhältnisse (Publizität) zukam. Obligatorisch wurde die Abklärung des Eigentums und älterer Haftungen durch den Grundbuchführer. Weitere Verbesserungen brachten die Vermessung der Grundstücke und die Normierung der Grundbuchregister, wobei der Gläubiger zur Eintragung der lastenden Schuld und der Schuldner nach deren Tilgung zur Löschung dieses Eintrags verpflichtet wurden.

Das Grundpfandrecht des schweizerischen Zivilgesetzbuches

Die Umgestaltung und Vereinheitlichung des Grundpfandrechts waren Ende des 19. Jahrhunderts wichtige Postulate der führenden liberalen und grossbürgerlichen Kreise, die sich primär aus wirtschaftlichen Gründen für eine Vereinheitlichung des Privatrechts einsetzten. Sie forderten, dass die Verpfändung von Grundstücken zwecks optimaler Mobilisierung der Bodenwerte erleichtert und die Kreditfähigkeit der Pfandtitel erhöht werde, um so den Geld- und Kreditmarkt über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus auszudehnen.

1912 wurde das Grundpfandrecht im schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) kodifiziert und damit zu Bundesrecht. Anstelle der früheren Vielfalt sah das ZGB nur noch drei Grundpfandrechtsarten vor, nämlich Grundpfandverschreibung, Schuldbrief und Gült. Bei der Gült wird eine Forderung als Grundlast auf ein Grundstück gelegt. Haftungsobjekt bildet ausschliesslich das Grundstück, eine persönliche Haftbarkeit des Schuldners besteht nicht. Mit der als Wertpapier ausgestalteten und vom Gesetzgeber mit einer Belastungsgrenze sowie qualifizierten Ablösbarkeitsbestimmungen versehenen Gült sollte der bäuerlichen Bevölkerung ein auf ihre spezifischen Bedürfnisse ausgerichtetes Kreditmittel zur Verfügung gestellt werden. Die Normierung des Instituts der Gült im ZGB trug damit wesentlich dazu bei, die Bauern für die Annahme des ZGB und die Vereinheitlichung des Privatrechts zu gewinnen. Die Gült nach ZGB konnte sich allerdings als Kreditinstrument in der Praxis nicht etablieren. Seit 1912 wurden in der Schweiz wohl weniger als zwei Dutzend neuer Gülten begründet, da die Kredit gebenden Banken sich in aller Regel mit einer reinen Sachhaftung nicht zufrieden geben.

Die Grundpfandverschreibung dient der pfandrechtlichen Sicherung einer beliebigen gegenwärtigen oder zukünftigen oder bloss möglichen Forderung. Sie steht zur Forderung im Verhältnis der Akzessorietät. Ihr kommt nur Sicherungsfunktion zu. Die gesicherte Forderung ist nicht in einem Wertpapier enthalten, ein Pfandtitel wird nicht ausgestellt.

Dem Schuldbrief als Mischform zwischen der Gült und der Grundpfandverschreibung liegt wie dieser eine persönliche Forderung zugrunde, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht nur mit dem pfandbelasteten Grundstück, sondern mit seinem ganzen Vermögen haftet. Wie bei der Gült wird auch beim Schuldbrief für die Zirkulationsfähigkeit im Verkehr ein Pfandtitel ausgestellt, der ein Wertpapier darstellt, welches ebenso die Forderung wie das Pfandrecht verkörpert. Als Wertpapier ist der Schuldbrief zum typischen Mittel der Mobilisierung der Bodenwerte geworden.

Die Beibehaltung der drei verschiedenen Pfandrechtsarten im ZGB erfolgte in der Absicht, den unterschiedlichen Entwicklungen in den oben genannten Pfandrechtsregionen Rechnung zu tragen. Noch heute spielt die Tradition bei der Wahl der Pfandart eine gewisse Rolle, werden doch zum Beispiel in der West- und Südschweiz nach wie vor viele Grundpfandverschreibungen errichtet. Daneben sind weitere Faktoren für die Wahl der Grundpfandart ausschlaggebend, zum Beispiel die Existenz kantonaler Pfandbelastungsgrenzen für Schuldbriefe, die dazu führt, dass die Praxis oft auf die Begründung von Grundpfandverschreibungen ausweicht.

Seit der Inkraftsetzung des ZGB 1912 hat das Institut des Grundpfandrechts eine steigende Bedeutung als Sicherungsmittel für persönliche Ansprüche und als Bodenwertmobilisierungsmittel erhalten, ohne dass seitdem neues Recht in diesem Bereich gesetzt worden wäre. In der Praxis erwies sich der Schuldbrief als die erfolgreichste Pfandrechtsart. Im Bankenverkehr haben sich neue, bei Schaffung des ZGB ungeahnte Einsatzmöglichkeiten für Schuldbriefe etabliert, so die Faustpfandverpfändung oder die Sicherungsübereignung von Schuldbriefen. Der Schuldbrief dient heute sogar als Vorbild für die in der Europäischen Union diskutierte «Eurohypothek».

Obwohl als Verkehrspfand und zu diesem Zweck als Wertpapier ausgestaltet, hat der Schuldbrief in der Praxis nie im eigentlichen Sinn im Rechtsverkehr zirkuliert. Da überdies für die sichere Aufbewahrung der papiermässig ausgestalteten Schuldbriefe umfangreiche Sicherheitsanlagen notwendig sind und Schuldbriefe bei Verlust in einem kostspieligen Amortisationsverfahren kraftlos erklärt werden müssen, sieht man sich heute veranlasst, über die Schaffung eines (wert-)papierlosen Schuldbriefes in Form eines Registerpfandes mit konstitutivem Gläubigereintrag nachzudenken.

Quellen und Literatur

Die Zeit vor 1900
  • HWSVw, 2, 629-638
  • E. Huber, «Die Entwicklung der schweiz. Gült zur modernen Hypothek», in Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie 12, 1919, H. 3, 1-14
  • H. Rennefahrt, Grundzüge der bern. Rechtsgesch. 2, 1931, 346-367
  • HSVw 2, 654-656
  • HRG 2, 277-281
  • M. Körner, Banken und Versicherungen im Kt. Luzern vom ausgehenden Ancien Régime bis zum Ersten Weltkrieg, 1987
  • LexMA 5, 251 f.
Das Grundpfandrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
  • E. Huber, System und Gesch. des Schweiz. Privatrechtes 3, 1889; 4, 1893
  • H. Schulin, Zur Entwicklung des Grundpfandrechts in der Schweiz, 1979
  • Theorie und Praxis der Grundpfandrechte, hg. von W. Wiegand, 1996
  • P. Tuor et al., Das schweiz. Zivilgesetzbuch, 122002
Weblinks

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler; Christina Schmid-Tschirren: "Grundpfandrecht", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.03.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/047937/2007-03-20/, konsultiert am 29.03.2024.