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Erlenbach im Simmental

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Niedersimmental. Grosse Berggemeinde mit den Bäuertgemeinden Erlenbach, Latterbach und Ringoldingen im Tal, den oberen Bäuerten Balzenberg, Eschlen, Thal und Allmenden auf der Terrasse. Über den Streusiedlungen liegen Wälder und Alpen. 1180/1181 Arlunbach. 1764 682 Einwohner; 1850 1370; 1900 1518; 1910 1298; 1950 1475; 2000 1802.

Pfarrhaus und Kirche. Aquarell von Samuel Weibel, 1822 (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).
Pfarrhaus und Kirche. Aquarell von Samuel Weibel, 1822 (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).

In der Chilchlihöhle fanden Menschen bereits in der Altsteinzeit Schutz (Abschlaggeräte). Menschliche Anwesenheit belegen auch der neolithische Abri Branteschopf-Schwynbalm, bronzezeitliche und römische Einzelfunde in Balzenberg bzw. Unterklusi sowie Funde römischer Münzen am Stockhorn. Aus unbestimmter Zeit stammt das Erdwerk in Chastel. Spuren hochmittelalterlicher Wehrbauten befinden sich auf Burg (Turmfragment), Pfrundhubel (Turmgrundmauern) und in der Latterbachfluh (Reste einer Höhenburg). Ab 1133 sind die Freiherren von Erlenbach bezeugt, deren Herrschaft möglicherweise durch Erbgang an die Freiherren von Weissenburg, 1368 an die Freiherren von Brandis kam. Vom 14. Jahrhundert an versammelte sich in Erlenbach die Landsgemeinde von Erlenbach, Diemtigen, Weissenburg und Wimmis. 1393 und 1429/1445 kauften sich die Landleute von Steuern und Frondienst frei. Nachdem die Stadt Bern Herrschaft und Gerichte 1439 erworben hatte, bestätigte sie den Landleuten ihr Landrecht (Kodifizierung 1649). Erlenbach unterstand in der Folge der Kastlanei Niedersimmental und gehörte 1798-1803 zum helvetischen Kanton Oberland. Die 1228 erwähnte, vollständig ausgemalte ehemalige Michaelskirche ist ein Bau des 11. Jahrhunderts (frühmittelalterlicher Vorgängerbau, Umbauten im 13. und 14. Jh., Wandmalerei des 15. Jh.). Ihr Kirchensatz gehörte zur Herrschaft, wurde 1330 dem Kloster Interlaken vergabt und gelangte 1528 an Bern. Bis 1527, als sich die Landsgemeinde in Erlenbach unter Peter Kunz, dem späteren Berner Münsterpfarrer, zur Reformation bekannte, versorgte die Kirche Erlenbach auch das Diemtigtal.

Die Bäuerten gingen dank gesicherter Kornmärkte im 16. Jahrhundert auf Viehwirtschaft im Tal-, Maiensäss- und Alpbetrieb über. Es entstand der grosse Michaelsmarkt für Viehkäufer, unter anderem aus Italien. Vieh-, Pferde- und Käseexporte brachten Wohlstand und erklären die prächtigen Hausbauten (z.T. nach dem Dorfbrand von 1765 erbaut). Mit der Simmentalstrasse (19. Jh.) und der Spiez-Zweisimmen-Bahn (1902 Station Erlenbach, Haltestelle Ringoldingen) entwickelten sich in den Strassendörfern Latterbach, Ringoldingen und in Erlenbach ein vielfältiges Kleingewerbe und im Talgrund grössere Betriebe (Bau, Holz, Maschinen-/Apparatebau, Simmentaler Kraftwerke). Später folgte Ganzjahres- und Ausflugstourismus (Stockhornbahn, Skilift 1969). Ab den 1970er Jahren entstanden Wohnbauten oberhalb des Dorfes Erlenbach und vor allem im nahe dem Autobahnanschluss Wimmis gelegenen Latterbach, das heute etwa ein Drittel der Einwohner von Erlenbach zählt. Bäuert- und Schulgemeinde sind seit Anfang 2004 Teil der Einwohnergemeinde Erlenbach; daneben bestehen private Nutzungskorporationen. Die oberen Bäuerten leben von Viehzucht (Simmentaler Fleckvieh), Alp- und Forstwirtschaft; zum Teil wurden infolge Abwanderung Bauernhäuser zu Ferienhäusern. Regionale Aufgaben erfüllen das Bezirksspital (1881), die Sekundarschule (1894, Schulverband Erlenbach-Diemtigen-Därstetten) und das Altersheim (1987). Seit 1987 ist das 1766 erbaute Agensteinhaus in Erlenbach im Simmental Museum der Alten Landschaft Niedersimmental.

Quellen und Literatur

  • U. Stucky, Ortsplanung Erlenbach im Simmental, 1975
  • V. Stähli, Die Kirche von Erlenbach im Simmental, 1979
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Erlenbach im Simmental", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.10.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000461/2005-10-24/, konsultiert am 28.03.2024.