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AlbertGobat

Im Kreis seiner Familie, 1908 (Mémoires d'Ici, Saint-Imier, Fonds Albert et Marguerite Gobat).
Im Kreis seiner Familie, 1908 (Mémoires d'Ici, Saint-Imier, Fonds Albert et Marguerite Gobat). […]

21.5.1843 Tramelan, 16.3.1914 Bern, reformiert, später (während des Kulturkampfs) konfessionslos, von Crémines. Sohn des Charles-Philibert, Pfarrers in Tramelan und Murten, und der Caroline geborene De la Reussille. Urenkel des Jacob (->). Schwager des Friedrich Abraham Stock. 1869 Sophie Louise Klaye, Tochter des Auguste Adolphe Klaye. Albert Gobat besuchte die Primarschule in Tramelan, die Herrnhuter Internatsschule Kornthal bei Stuttgart und das Progymnasium in La Neuveville. 1860 kaufte Gobats Vater das Schloss Ebenrain bei Sissach, wohin die Familie nun zog. Gobat absolvierte das Pädagogium Basel (1862 Maturität) und studierte 1862-1864 Rechtswissenschaften, Geschichte und Literatur an der Universität Basel, promovierte 1864 in Heidelberg (Dr. iur.) und setzte seine Rechtsstudien in Paris fort. 1866 habilitierte er sich in Basel. 1867 trat er in das Advokaturbüro von Niklaus Niggeler und Emil Vogt in Bern ein, erwarb das Fürsprecherpatent an der Universität Bern und war dann Advokat in Bern. 1867-1868 las er an der Universität Bern als Privatdozent französisches Zivilrecht. 1868 übernahm er die Anwaltspraxis des freisinnigen Nationalrats Edouard Carlin in Delsberg.

Gobat startete seine politische Karriere 1882 als freisinniger Berner Grossrat. Im damals noch zu Bern gehörenden Jura entfremdete er sich durch seine Haltung im Kulturkampf sowie in den Fragen der Trennung zwischen Kirche und Staat und der Aufhebung der Klöster zunehmend von seinen katholischen Mitbürgern. 1882-1912 amtierte er auch als Regierungsrat, wobei er bis 1906 die Erziehungsdirektion, dann die Direktion des Inneren führte. Als Erziehungsdirektor schuf sich Gobat durch seinen autoritären Führungsstil neue Feinde. Dies zeigte sich vor allem auf dem Gebiet der Hochschulpolitik (Ernennung von Professoren, Aufnahme russischer Studenten, Förderung der Naturwissenschaften, v.a. der Medizin) und der Gymnasialreform (in Frage stellen der alten Sprachen). Unbestritten waren hingegen seine Verdienste um die Schulreform (Primarschulgesetz von 1894), die Reorganisation der Lehrerbildungsanstalten, die materielle Besserstellung der Lehrer und den Bau des neuen Hochschulgebäudes. 1883 wurde Gobat in den Verfassungsrat gewählt. 1889-1914 leitete er die Aufsichtskommission des Bernischen Historischen Museums. Auf eidgenössischer Ebene politisierte Gobat 1884-1890 im Ständerat und 1890-1914 im Nationalrat. Um das Amt des Vizepräsidenten des Nationalrats und um einen Sitz im Bundesgericht (1905) bewarb er sich vergeblich. Im National- und Ständerat trat er als Sprecher der Kommission für das einheitliche Zivilgesetzbuch hervor, vor allem aber als Gegner des Rückkaufs der Eisenbahnen und des neuen Gotthardvertrags. Er gehörte dem Verwaltungsrat der Jura-Bern-Luzern-Bahn, der Jura-Simplon-Bahn, der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn und der SBB an.

Als Mitglied der Liga für Frieden und Freiheit setzte Gobat mit Hilfe seiner Tochter Marguerite einen grossen Teil seiner Energie für den Pazifismus ein. 1892-1909 amtierte er als erster Generalsekretär der Interparlamentarischen Union für den Frieden. Zusammen mit Elie Ducommun erhielt er 1902 den Friedensnobelpreis. Nach dem Tod von Generalsekretär Ducommun hatte Gobat 1906 bis zu seinem Tod die Leitung des Internationalen Friedensbüros in Bern inne, das 1910 den Friedensnobelpreis erhielt. Auf internationalen Kongressen kämpfte er vor dem Ersten Weltkrieg für die Schiedsgerichtsidee und die Abrüstung. 1904, anlässlich eines Empfangs im Weissen Haus, machte er bei Präsident Theodore Roosevelt einen entsprechenden Vorstoss. Besonders am Herzen lag ihm die Versöhnung zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich, wie seine erfolglosen Bemühungen um die Lösung der Elsass-Lothringen-Frage zeigten. Die Tragik im persönlichen Wirken Gobats liegt darin, dass er als ein der Friedensidee verpflichteter national gesinnter Schweizer und Kosmopolit da und dort mehr polarisierte als schlichtete. In bürgerlichen Kreisen galt der Pazifist bis zuletzt als eine Art freigeistiger Mitläufer des Sozialismus. Albert Gobat hinterliess auch ein reiches publizistisches Werk. Bekannt wurde vor allem seine "Histoire de la Suisse racontée au peuple" (1900). 1903 Dr. h.c. der Universität Bern.

Quellen und Literatur

  • Mémoires d'Ici, Saint-Imier, Nachlass und Dokumentation
  • Gruner, Bundesversammmlung 1, 165 f.
  • U. Gnägi, Albert Gobat, Liz. Bern, 1984
  • V. Grossi, «Albert Gobat», in Bull. de l'Union parlementaire 4, 1993, 417-434
  • R. Stähli, «La vie exemplaire d'Albert Gobat», in Intervalles, 2002, Nr. 64, 45-73, (mit Werkverz.)
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF

Zitiervorschlag

Peter Stettler: "Gobat, Albert", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.05.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004505/2012-05-31/, konsultiert am 19.03.2024.