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Politische Farben

Die von den verschiedenen politischen Parteien benutzten politischen Farben sind als soziale Symbole zu verstehen. Als politische Codes erleichtern sie die Identifikation einer bestimmten Gruppe und unterstützen die Gemeinschaftsbildung. Wegen der multiplen Bedeutung von Farben im Alltagsleben bleiben jedoch die Vorstellungsinhalte, welche die politischen Farben kommunizieren sollen, unbestimmt und mehrdeutig.

Schon Ende des 18. und im 19. Jahrhundert standen bestimmte Farben für Weltanschauungen und Parteien oder wurden diesen zugeschrieben. Die phrygischen Mützen der Jakobiner waren rot. Man sprach von der grauen, roten oder schwarzen Internationale und meinte damit die Liberalen, Sozialisten oder Konservativen. Besondere Bedeutung erlangte die Farbensymbolik in Faschismus und Kommunismus. In der Schweiz war die Zuweisung der politischen Farben im 19. Jahrhundert in den einzelnen Kantonen teilweise verschieden, was auf spezifische historische Begebenheiten zurückzuführen ist. Zwei Fallbeispiele verdeutlichen dies: 1855 gab im Kanton Solothurn die radikal-liberale Partei ein rotes Büchlein mit Reformvorschlägen heraus. 1856 reagierten die Altliberalen mit der Herausgabe eines grauen Büchleins. Fortan wurden die Radikal-Liberalen als Rote, die Altliberalen als Graue bezeichnet; den Konservativen wurde die Farbe Schwarz zugesprochen. Umgekehrt verhielt es sich im Kanton Luzern. Bei der Volksabstimmung über die Staatsverfassung von 1841 gab es einen Stimmzettel mit rotem Aufdruck «Revision» und einen mit schwarzem Stempel «Nichtrevision». In der Folge wurden die Konservativen als Rote und die Liberalen als Schwarze bezeichnet. Die gleiche Farbgebung kannte in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Kanton St. Gallen.

Während in einigen Kantonen politische Farben kaum benutzt wurden, haben sie in anderen bis in die Gegenwart ihre Gültigkeit behalten. Nebst den schon im 19. Jahrhundert mehrheitlich geläufigen Farben Schwarz für die Katholisch-Konservativen und Rot für die Sozialdemokraten waren oder sind unter anderem folgende politische Farben in Gebrauch: Violett (Kanton Neuenburg für Radikale, 20. Jh.), Blau (Kanton Neuenburg für Sozialisten, 20. Jh.; Kanton Tessin für Konservative, 19. Jh.; Oberwallis für Freisinnige, 20. Jh.), Grün (Kanton Genf für Liberale, 20. Jh.; Kanton Neuenburg für Liberale, 19./20. Jh.; Unterwallis für Radikale, 20. Jh.) und Gelb (Berner Jura für unabhängig Christlichsoziale, 20. Jh.; Kanton Solothurn für Freisinnige, 19./20. Jh.; Oberwallis für Christlichsoziale, 20. Jh.).

Auf nationaler Ebene konnten sich die politischen Farben unterschiedlich stark durchsetzen, insgesamt weniger als zum Beispiel in Deutschland oder Österreich. Dies ist auf ihren divergierenden Gebrauch in den einzelnen Kantonen und die starke Position der Kantonalparteien zurückzuführen. Zudem sind die Farben der Parteilogos und die traditionellen politischen Farben nicht immer identisch. Am deutlichsten mit einer Farbe identifizierbar sind die Grünen. Auch die Sozialdemokraten und die Katholisch-Konservativen waren im 20. Jahrhundert unter den Farben Rot und Schwarz national bekannt.

Quellen und Literatur

  • E. Kopp, Die konservative Partei des Kt. Luzern von 1831-1948, 1950
  • P. Friedemann, L. Hölscher, «Internationale», in Geschichtl. Grundbegriffe 3, hg. von O. Brunner et al., 1982
  • Die Parlamente der schweiz. Kantone, hg. von P. Stadlin, 1990
  • SolGesch. 4/I
  • Oltner Tbl., 6.11.2001
Weblinks

Zitiervorschlag

Christina Späti: "Politische Farben", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.12.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/041631/2010-12-22/, konsultiert am 28.03.2024.