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FridolinAnderwert

Porträt von Fridolin Anderwert. Fotografie von Emil Nicola-Karlen (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Porträt von Fridolin Anderwert. Fotografie von Emil Nicola-Karlen (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

19.9.1828 Frauenfeld, 25.12.1880 Bern, katholisch, ab 1871 christkatholisch, von Emmishofen und (1829) Tägerschen (heute Tobel-Tägerschen). Sohn des Johann Ludwig (->). Ledig. Studium der Geschichte und Philosophie, dann der Rechte in Lausanne, Heidelberg und Berlin. Ab 1851 Anwalt in Frauenfeld. Fridolin Anderwert wurde 1853 Bezirksrichter (bis 1856) und 1861 thurgauischer Kantonsrat. Anfangs von Eduard Häberlin gefördert, gehörte er ab 1864 zu dessen erbittertsten Gegnern. Im Februar 1868 initiierte er die Revision der thurgauischen Kantonsverfassung (Frauenfelder Programm). Als Präsident des Verfassungsrats 1868-1869 verhalf er den demokratischen Postulaten im Thurgau zum Durchbruch. Während Häberlin stürzte, wurde Anderwert 1869 Grossratspräsident und Regierungsrat. Als Erziehungsdirektor (1869-1874) erhöhte er die Lehrerlöhne und schuf die Fortbildungsschule. Ab 1863 sass Anderwert im Nationalrat; er gehörte zur demokratischen Linken und vertrat radikale und zentralistische Anliegen. Als Präsident (1870-1871) hielt er General Herzog vom vorzeitigen Rücktritt ab und leitete die Gotthardverhandlungen. 1872 wie 1874 war er Mitglied der Revisionskommission. Mit zahlreichen Anträgen prägte er die neue Bundesverfassung.

Anderwert war kein Scharfmacher, aber konsequenter Kulturkämpfer. So trat er ein für eine klarere Formulierung der Glaubens- und Gewissensfreiheit und des Jesuitenverbots. Die staatliche Suprematie über die Kirche sollte gewährleistet sein. Anderwert gehörte dem Zentralkomitee des Schweizerischen Vereins freisinniger Katholiken an, der sich 1871 auf dem Schweizerischen Katholikenkongress in Solothurn konstituierte. 1874 wurde er Bundesrichter (Präsident der Kriminalkammer) und 1875 Bundesrat, nachdem er 1872 zweimal durchgefallen war. Dass er sich bei seinen Entscheiden strikte an Sache und geltendes Recht hielt und Parteiinteressen zurückstellte, zog ihm die Gegnerschaft bisheriger Freunde zu. Als Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements erwarb er sich vor allem um das Obligationen- und Handelsrecht grosse Verdienste. Ins Persönliche gehende Presseangriffe im Moment totaler physischer Erschöpfung und Depression führten zum Freitod, nur wenige Tage nach der Wahl zum Bundespräsident für 1881.

Quellen und Literatur

  • Gruner, Bundesversammlung 1, 692 f.
  • W. Michel, «Bundesrat Josef Fridolin Anderwert im Spiegel der Presse», in ThBeitr. 115, 1978, 85-126
  • Die Weltwoche, 8.1.1987
  • Altermatt, Bundesräte, 207-211
Weblinks
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Zitiervorschlag

André Salathé: "Anderwert, Fridolin", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.07.2001. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004052/2001-07-16/, konsultiert am 19.03.2024.