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GeorgesPython

Bildnis Georges Python. Öl auf Leinwand von Ernest Hiram Brülhart, um 1920 © Museum für Kunst und Geschichte Freiburg.
Bildnis Georges Python. Öl auf Leinwand von Ernest Hiram Brülhart, um 1920 © Museum für Kunst und Geschichte Freiburg.

10.9.1856 Portalban (heute Gemeinde Delley-Portalban), 10.1.1927 Fillistorf (Gemeinde Schmitten FR), katholisch, von Portalban. Sohn des Auguste Python, Landwirts, Geschäftsagenten, Syndics unter der radikalen Regierung und Gemeindeschreibers, und der Elisabeth geborene de Castella de Delley. 1889 Marie-Elisabeth de Wuilleret, Tochter des Louis de Wuilleret. Schwager von Paul Aeby und Charles de Wuilleret. Mittelschule in Schwyz und Freiburg, Rechtsschule in Freiburg. Praktikum in der Anwaltskanzlei seines zukünftigen Schwiegervaters, 1879 Anwaltspatent. 1883-1886 Lehrer an der Rechtsschule in Freiburg. 1881-1921 katholisch-konservativer Freiburger Grossrat, 1883-1886 Präsident des Bezirksgerichts Saane, 1884-1893 Nationalrat, 1886-1927 Freiburger Staatsrat (Schulwesen), 1896-1920 Ständerat (1915 Präsident). 1879-1880 Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins.

Bevor Georges Python 1889 die Universität Freiburg gründete, warb er über Mittelsmänner beim Heiligen Stuhl in Rom für sein Vorhaben, eine staatliche katholische Hochschule als Bollwerk gegen die moderne Wissenschaftsgläubigkeit zu schaffen, und durchkreuzte damit die Pläne von Bischof Gaspard Mermillod, dem eine dezentrale Organisation verschiedener Institute unter der Führung des schweizerischen Episkopats vorschwebte. Da sich Pythons Projekt wegen des Fehlens einer zahlungskräftigen Industrie aus Steuermitteln nicht finanzieren liess, griff er auf Finanzierungstricks zurück, von denen sich einzig eine Konvertierungsanleihe als lukrativ erwies. Deshalb wurde Python von der Opposition der Geschäftemacherei und der Verwaltungsdiktatur angeklagt. Jean-Marie Musy nutzte den 1912 aufgedeckten Skandal, um selbst die Macht zu ergreifen. Laut Musy wurde ab 1910 mehr als die Hälfte des Staatshaushalts zur Begleichung der Schulden verwendet, die zur Finanzierung der Infrastruktur des sich industriell kaum entwickelten Kantons gemacht worden waren. Python wollte Freiburg zu einem katholischen Zentrum mit europaweiter Ausstrahlung und den Kanton zu einer "christlichen Republik" machen. Der Universität war dabei die Aufgabe zugedacht, die Eliten auszubilden, die das Volk vor den Gefahren der Moderne schützen sollten. Er beabsichtigte, den Kanton aus der Mittelmässigkeit herauszuführen, die durch die eidgenössischen Rekrutenprüfungen alljährlich bestätigt wurde. Tatsächlich verbesserte sich Freiburg innerhalb von 20 Jahren von den hinteren Rängen in die vordere Hälfte der eidgenössischen Rangliste. Python gründete ausserdem die Kantonalbank, die Freiburger Eisenbahngesellschaft sowie die Freiburger Elektrizitätswerke und überzeugte französische Aristokraten, im Greyerzerland Tausende von Hektaren Weideland zu kaufen, um die seit der Krise der 1870er Jahre stagnierende Graswirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Karikatur, erschienen im Almanach de Chalamala pour 1911, S. 78 (Bibliothèque cantonale et universitaire Lausanne).
Karikatur, erschienen im Almanach de Chalamala pour 1911, S. 78 (Bibliothèque cantonale et universitaire Lausanne).

Da Python bei jeder Wahl befürchtete, die Mehrheit im Gross- und damit im Staatsrat zu verlieren, baute er ein noch engmaschigeres Kontrollsystem auf als die Radikalen. Der "Staatschef" erhielt Unterstützung von den Geistlichen, die wie gewohnt die "guten Listen" von der Kanzel herab empfahlen. Daneben setzte er aber auch die Beamten der Regiebetriebe für seine Zwecke ein. In den kantonalen Schulen stellte er französische Ordensbrüder aus 45 Kongregationen an, die vor der antiklerikalen Regierung des Premierministers Emile Combes geflüchtet waren. Seine persönlichen Siege im Nationalrat und das Bild des mutigen und talentierten jungen Politikers, das die katholische Presse von ihm verbreitete, verliehen ihm Charisma. 1901 fiel mit dem Greyerzerland, dem ausgedehnten Bezirk im Süden des Kantons, die letzte Bastion der Liberalen. Mit seinem Schwager Paul Aeby gelang es Python, die Westschweizer Kantone 1886 für die Simplon-Frage zu mobilisieren. 1891 setzte er seine ganze Kraft für das Referendum gegen den Kauf der Schweizerischen Centralbahn ein. Die Annahme des Referendums kostete Bundesrat Emil Welti den Sitz in der Landesregierung. Python trug auch dazu bei, dass mit Josef Zemp der erste Konservative in die Bundesregierung einzog.

Als Vertreter des sozialen Katholizismus beteiligte sich Georges Python mit der Union de Fribourg an der Vorbereitung der Sozialenzyklika "Rerum novarum". Um dem extremen Sozialismus etwas entgegenzuhalten, versuchte er, die Radikalen am linken Parteiflügel an sich zu binden, indem er 1889 den Schweizerischen Arbeiterbund unterstützte und damit eine Allianz zwischen Katholiken und gemässigten Grütlianern schuf. Er hoffte, der aufkommenden äussersten Linken die Arbeiterschaft streitig zu machen. Als er an der Seite des reformierten Sozialisten Heinrich Scherrer aus St. Gallen Wahlkampf betrieb, verlor er 1893 seinen Sitz im Nationalrat. Die Niederlage dieser Verbindung beschleunigte die Spaltung zwischen Konservativen und Sozialisten. Nachdem Python bereits 1878 die Arbeiter der Freiburger Unterstadt vereint hatte, gründete er 1905 den Freiburger Arbeiterbund, den er unter die Aufsicht der konservativen Partei stellte. Im Ständerat arbeitete er an der 1900 in der Volksabstimmung gescheiterten Lex Forrer mit, welche die Einführung einer Kranken- und Unfallversicherung vorsah, unterstützte die Initiative für die Proporzwahl des Nationalrats und 1900 jene für die Volkswahl des Bundesrats. Wie andere Führer der Föderalisten versuchte er seine Bewegung in den eidgenössischen Gremien durch die Ausweitung der Volksrechte besser zu verankern, lehnte aber die Demokratisierung im eigenen Kanton ab.

Um Georges Python entstand ein eigentlicher Personen- und Erinnerungskult. In der Kapelle von Posieux wurde er 1924 mit einem Fresko verewigt, im Chor der Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg 1936 in einem Fenster. In der Stadt Freiburg ist der Hauptplatz nach ihm benannt. Bei den Feierlichkeiten zu seinem hundertsten Geburtstag 1956 wurde ihm der Titel eines "zweiten Gründers von Freiburg" verliehen. 1977 gedachte man dagegen seines fünfzigsten Todestags nicht mehr.

Quellen und Literatur

  • PrivA, Fillistorf
  • StAFR, Nachlass
  • Gruner, Bundesversammlung 1, 401
  • P.-P. Bugnard, «Un aristocrate au temps de la démocratie représentative», in SZG 42, 1992, 193-219
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF

Zitiervorschlag

Pierre-Philippe Bugnard: "Python, Georges", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.04.2012, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003943/2012-04-12/, konsultiert am 28.03.2024.